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SF124 – Kill Bill: Vol. 1 (feat. Arne)

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Paula
... kann nicht hinsehen
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Daniel
... ist ein Weichei
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Arne
... kommt auf dem gelben Motorrad


That woman deserves her revenge

Wir beginnen mit der schwierigen Frage: Ja, was macht Shia LaBeouf? Wahrscheinlich das, was passiert, wenn man eine grüne Krawatte im Fernsehen trägt – the whole bloody affair. Beim eigentlichen Film, an den wir keinen Realismus anlegen, hat Paula dann sehr gelitten. Das hinderte sie aber nicht daran in einer Animesequenz Arne mit 88 Bodyguards auf einem gelben Motorrad in eine Klamotten-Boutique zum CD-Shoppen zu schicken. In Maos Propagandastudio können wir nicht hingucken, wie die Nasennebenhöhlen starker Frauen von Morgensternen getroffen werden. Das Weichei Daniel musste diesen Podcast zum Glück nicht in zwei Teile teilen, denn er ist runter vom Index. Do it! Just do it! Don’t let your dreams be dreams. Yesterday you said tomorrow. So just do it! Make your dreams come true. Just do it.

Vorgeplänkel

Unser Gast ist Arne. Seine Homebase ist der Enough Talk! Über Superhelden podcastet er in der Superhero Unit! ♦ Wir haben Proust wiedergesehen ♦ Daniel war in der Second Unit und hat über Harry Potter und der Orden des Phoenix gesprochen ♦ Shia LaBeouf macht #introductions

Die Eckdaten zu Kill Bill: Volume 1

Erscheinungsjahr: 2003
Regie: Quentin Tarantino
– Filmographie (als Produzent/Auswahl):
1993  Killing Zoe (Executive Producer)
1995 Four Rooms (Executive Producer)
1996 From Dusk Til Dawn (Executive Producer)
1996 Curdled (Executive Producer)
2005 Hostel (Executive Producer)
2007 Planet Terror/Death Proof/Grindhouse (Produzent)
2015 #15SecondScare  (Serie/Executive Producer)

KameraRobert Richardson
– Filmographie (Auswahl):
Seit 1987
 (Platoon) so ziemlich alle Oliver-Stone-Filme, auch Natural Born Killers (1994/Story von Tarantino) bis U-Turn 1997
Seit 1995 (Casino)  auch Scorseses Kameramann bis Hugo Cabret (2011)
1997 Wag the Dog
1998 Der Pferdeflüsterer
1999 Schnee, der auf Zedern fällt
Seit 2003 (Kill Bill) Tarantinos Kameramann (außer bei Death Proof)
2006 The Good Shepherd (von Robert De Niro)
2010 Eat Pray Love

Budget: 52 Mio $ (für beide Teile zusammen)
BesetzungUma Thurman (Die Braut), David Carradine (Bill), Lucy Liu (O-Ren Ishii), Daryl Hannah (Elle Driver), Vivica A. Fox (Vernita Green), Michael Madsen (Budd), Sonny Chiba (Hattori Hanzo), Chiaki Kuriyama (Gogo Yubari), Julie Dreyfus (Sofie Fatale) Gordon Liu (Johnny Mo)

Genre: Action, Rachefilm, Martial-Arts-Film, Eastern

Die Produktion von Kill Bill: Volume 1

Das Drehbuch zu Kill Bill I

Schon während Pulp Fiction planten Tarantino und Uma Thurman die Eckdaten der Geschichte. Doch nach Ende der Dreharbeiten verlor Tarantino das Projekt aus den Augen. Wie wir wissen, machte er zunächst  Jackie Brown. Danach begann Tarantino schon, an Inglourious Basterds zu schreiben. Eher zufällig traf er Uma Thurman wieder, sie sprachen über ihre alten Pläne und beschlossen das Projekt wieder aufzunehmen. Doch als das Drehbuch fertig war, wurde Thurman schwanger. So kam es, dass Kill Bill erst sechs Jahre nach Jackie Brown herauskam. Tarantino schenkte Uma Thurman das Script dann zu ihrem 30. Geburtstag. Für beide Teile zusammen war es 220 Seiten lang.

Die Crew von Kill Bill

Für Tarantino lag der Reiz in Kill Bill darin, dass er seine Grenzen austesten wollte: Er sagte im Interview, dass Action zu filmen zu den schwierigsten Regiearbeiten gehört. Er wollte testen, ob er das Talent dazu hat. Er nutzte Kill Bill, um sich dieses Handwerk selbst beizubringen. Als Vorbereitung auf die Rolle musste Uma Thurman John Woos The Killer (1989), Coffy (1973) (mit Pam Grier), und Sergio Leones A Fistful of Dollars (1964) gucken. Kameramann Robert Richardson wiederum bekam eine Liste von Cheh-Chang- und Shaw-Brothers-Filmen, um sich vorzubereiten. Tarantino wollte, dass er ihren speziellen Stil kennenlernt. Sonny Chiba spielte nicht nur Hattori Hanzo, er war auch Uma Thurmans Schwertkampftrainer. RZA vom Wu-Tang Clan wiederum machte für einige Szenen die Musik und das Sounddesign. Kill Bill 1 ist der erste Tarantino-Film, der dadurch in einigen Szenen einen Original-Score hat.

Yuen Wo-Ping war der Wire-Master bei der Action-Sequenz im House of the Blue Leaves. Er ist ein legendärer Martial-Arts-Regisseur und Choreograf, der unter anderen mehrere Jackie-Chan-Filme gedreht hat und die Wires bei unter anderem Crouching Tiger, Hidden Dragon und The Matrix. Bei der Anime-Sequenz führte Kazuto Nakazawa Regie. Produziert wurde sie vom Studio Production I.G., von dem unter anderem auch Ghost in the Shell stammt.

Zoë Bell war Uma Thurmans Stuntfrau. Seit Kill Bill hat sie in jedem Tarantino-Film mitgewirkt: bei Death Proof, Django Unchained und The Hateful 8 als Schauspielerin und bei Inglourious Basterds als Stuntwoman. Die Szene, in der die Braut den Baseball in der Luft zerschneidet, war kein Trick,  Zoë Bell gelang das Kunststück am SetAußerdem verletzte sich Bell während der Dreharbeiten am Rücken. Sie erzählte aber niemandem davon, da sie Angst hatte, den Job zu verlieren und beendete den Dreh unter Schmerzen. Die Bilder im Haus von Vernita (Vivica A. Fox) stammen von Pam Griers Bruder.

Tarantino flog zum Location Scouting nach Japan. Am letzten Tag seines Trips vertrieb er sich die letzten Stunden vor seinem Heimflug mit Shopping. In einer Klamotten-Boutique hörte er eine CD der Band „The 5,6,7,8’s“. Tarantino bat die Verkäuferin in dem Laden, ihm die CD zu verkaufen. Sie antwortete, dass das nicht ginge, das sie ein Klamottenladen und kein CD-Laden seien. Tarantino bestand darauf, dass die Verkäuferin die Geschäftsführerin anrief, obwohl er wusste, dass dies sehr unhöflich in Japan war. Die Geschäftsführung willigte ein, Tarantino nahm die CD mit und engagierte die „The 5,6,7,8’s“ für die „House of the Blue Leaves“-Sequenz.

Der Dreh von Kill Bill

Kill Bill wurde teilweise on Location in Japan und China gedreht. Sie drehten die Indoor-Aufnahmen in den Bejing Studios in China, die für Maos Propaganda-Filme gebaut worden war. Tarantino wollte den Einfluss einer asiatischen Crew auf seinen Film. Absurderweise wurde Kill Bill in chronologischer Reihenfolge gedreht, anschließend dann aber unchronologisch zusammengeschnitten.

Die House-of-Blue-Leaves-Sequenz brauchte 8 Wochen, um abgedreht zu werden. Geplant waren eigentlich zwei. Aber Tarantino wollte sie perfekt hinbekommen, er sagte er wollte „one of the greatest, most exciting sequences in the history of cinema“ machen. Chiaki Kuriyama (Gogo) traf bei den Dreharbeiten versehentlich Tarantino, der neben der Kamera stand, mit ihrem Morgenstern am Kopf. Es scheint aber nichts weiter passiert zu sein. Der Longtake, bei dem the Bride im House of Blue Leaves in die Toilette geht und dort Sofie Fatale trifft, brauchte 6 Stunden um geprobt zu werden und 17 Takes, bis die Plansequenz saß.

Die Special Effects von Kill Bill

Die Crew verzichtete weitgehend auf Computer-Effekte. Um die Hommage zu vergrößern, wurden praktische Effekte verwendet. Um spritzendes Blut darzustellen wurden zum Beispiel Feuerlöscher verwendet sowie Kondome gefüllt mit Kunstblut, die die Stuntmen unter der Kleidung trugen. Über 1700 Liter Kunstblut kamen zum Einsatz. Für den Film wurden Schwerter und Schwerter-Zubehör im Wert von 60.000 $ angefertigt. Außerdem kamen Miniatursets  von Tokio aus dem jüngsten Godzilla-Film zum Einsatz: Godzilla, Mothra and King Ghidorah: Giant Monsters All-Out Attack (2001).

Filmisches Erzählen in Kill Bill: Vol. 1

Grindhouse

Kill Bill ist eine Homage und ein Mashup von Tarantino an das Grindhouse-Kino. Grindhouse ist ein Sammelbegriff für Low-Budget-Kinoproduktionen aus den 1970ern. Grindhouse-Filme umfassten Genres wie Martial Arts, Samurai, Blaxpoitation und Italo-Western. Der Begriff geht auf die Bezeichnung der Kinos zurück, in denen diese Art von Filme liefen – ähnlich wie die Nickelodeons der Stummfilm-Ära.

Tarantino sagte, dass Kill Bill sein Indiana Jones ist. So wie Spielberg und Lucas in Indiana Jones die Abenteuerfilme der 1940er wieder aufleben ließen, so remixte Tarantino Martial-Arts, Italo-Western, Samurai-Filme, Yakuza-Triller, Giallo und Brian de Palma.

Märchen und Realismus

Kill Bill ist ein ständiger Wechsel von realistischen Themen und märchenhaften. In einem Moment ist etwas ganz banales wie ein Suburb-Haus zu sehen – Im nächsten Moment bricht schon das Fantastische herein – ein Messerkampf auf Leben und Tod. Mit zunehmender Laufzeit driftet der dann immer mehr in sein eigenes Universum ab. Es ist ein Universum, in dem die Braut einfach mal mit einem Schwert ins Flugzeug steigen kann oder das Flugzeug offensichtlich an einem Faden hängt.

Rachefilm, Frauenrolle & Charakter der Braut

Kill Bill ist ein Rachefilm. Als solcher muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, dass Rache immer eine ein bisschen billige Motivation für einen Protagonisten ist, damit wir mit ihm oder ihr mitfiebern und ihre Untaten verzeihen.

In Kill Bill 1 kommt hinzu, dass die typischen Tarantino-Dialoge weitgehend wegfallen. Während die ersten drei Filme des Regisseurs sehr Charakter-getrieben waren, ist dieser sehr Plott-getrieben. Allerdings wird die Braut sehr effizient charakterisiert. Zudem bekommt O-Ren Ishii eine großartige Backstory und wird dadurch zu einem wirklich würdigen Villain – sodass der Endkampf viel mehr Bedeutung erhält.

Das besondere an der Braut ist, dass sie von Tarantino fast nicht sexualisiert wird. Kill Bill bildet hier einen großen Gegensatz zu anderen Filmen der Epoche wie Tomb Raider, Resident Evil oder Underworld, in denen die Actionheldinnen in hautengen Latexanzügen kämpfen.

Beatrix Kiddoh muss sich aber einerseits den Vorwurf gefallen lassen, dass sie zu männlich ist. Sie hat keine Weiblichkeit mehr, sondern gebärdet sich männlich in ihrer Gewalt – dies ist nicht erstrebenswert. Andererseits wird dem Film oft vorgeworfen, dass er die Gewalt der Braut wieder aus ihrer Weiblichkeit heraus motiviert. Weil ihr das Kind genommen wurde, darf sie als Mutter Rache nehmen.

Hinzu kommt die problematische Vergewaltigungsszene: Zwar motiviert die Vergewaltigung Beatrix‘ Handeln nicht, aber dadurch, dass der Film damit beginnt, wird der dramaturgische Aufbau der Rape-Revenge-Filme der 1970er referenziert. Auf der anderen Seite darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass Tarantino die Vergewaltigungsszene eher zurückhaltend inszeniert und gerade nicht ins Zentrum der Handlung setzt.

Es kommt hinzu, dass die Vergewaltigung eine Folge von Bills Tötungsbefehl ist. Der ganze Film ist eine Emanzipationsgeschichte: Beatrix ist aus dem Deadly Viper Assassination Squad ausgestiegen, aber ihr wurde das Schlussmachen nicht gestattet. Daher versucht sie nun mit Gewalt den Ausstieg. Wir haben hier einmal mehr das Erlösungsmotiv in einem Tarantino-Film.

Aber auch die Emanzipationsgeschichte ist nicht unproblematisch. Es ist ein sehr alter und sehr konventioneller Trope, der immer wieder in Filmen durchgekaut wird. Dies ist kritikwürdig, weil diese Art der Geschichte dem Trauma nicht gerecht wird, das mit – speziell – einer Vergewaltigung einhergeht.

Abgesehen davon ist die Art und Weise wie Tarantino diese Emanzipationsgeschichte erzählt sehr elegant. In dem Moment, in dem Beatrix im Koma liegt ist ihr Geist ausgeschaltet, sie ist nur noch das, was Frauen oft im Film sind: Körper, Lustobjekt im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem sie erwacht ist und sich ihre beiden Vergewaltiger erledigt hat, kommt die Szene, in der sie ihre Beine dazu bringt sich wieder zu bewegen:

Youtube

In dieser Szene triumphiert ihr Geist buchstäblich über ihren Körper. Und anschließend wird sie von Tarantino nicht mehr sexualisiert sondern ist nur noch das Ärsche-kickende Bad-Ass.

Es soll natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass Tarantino die beiden Vergewaltiger als absolut widerliche und ekelhafte Typen darstellt. Im Gegensatz zum Sexploitation-Film auf den Tarantino hier Bezug nimmt wird von Uma Thurman gar keine nackte Haut gezeigt. Es gibt keine (entschuldigt den unpassenden Ausdruck) „Schauwerte“.

Beatrix rächt sich übrigens immer mit gleicher Münze: Beim Massaker in der Kapelle überlebt ihr Kind. Sie lässt (ohne das Wissen um ihr Kind) die Tochter von Vernita Green am Leben. O-Ren Ishii trägt weiß wie ein Hochzeitskleid und kommt mit ihrer Entourage ins House of Blue Leaves. Beatrix bringt alle um, wie es ihr widerfuhr in der Kapelle. Bis auf Sofie Fatale, die nicht am Massaker beteiligt war, aber telefonierend daneben stand. Sie bekommt von der Braut den Telefonarm abgeschlagen.

Tarantinos Entwicklung

In dieser Reihe gucken wir uns einmal durch Tarantinos Karriere. Wir sahen bereits Reservoir Dogs, Pulp Fiction und Jackie Brown. Dabei vergleichen wir folgende Punkte:

Tarantinos Schauspiel: Tarantino hat hier nur eine Statisten-Rolle als einer der Crazy 88.

Schauspielerführung: Insgesamt zeigen die verschiedenen Schauspieler/innen ein großes Spektrum an nuanciertem Schauspiel. Wir sind uns uneinig über die Qualität der Szene, in der O-Ren den Yakuza-Boss köpft. Aber vor allem Uma Thurman zeigt die beste Leistung ihrer Karriere.

Starke Frauen: Während es bei Jackie Brown fast „nur“ eine starke Protagonistin gab, die sich in einer Männerwelt behaupten musste, ist hier nicht mehr nur die Braut eine starke Frau. Sie steht die ganze Zeit auch starken Antagonistinnen gegenüber. Zudem halten die Frauen in den Kämpfen immer länger durch als die Männer.

Dialoge: Insgesamt zeigt Kill Bill 1 weniger starke Dialoge als seine Vorgänger. Hervorzuheben sind aber die Eröffnungsszene und die Einführung von Hatori Hanzo.

Musik: Die Musik ist wieder traditionell stark. Wir loben besonders, dass sie noch besser auf die Bilder abgestimmt ist und dass sie ein schöner Hybrid aus westlicher und fernöstlicher Musik ist. Dabei arbeitet Tarantino schön mit Bild-Ton-Scheren. Wenn zum Beispiel bei der Schwertübergabe durch Hatori Hanzo oder im abschließenden Garden-Fight Bilder gezeigt werden, die von japanischer Folklore nur so triefen und dabei dann mexikanische oder Western-Musik läuft.

Gewalt: Kill Bill 1 ist der bisherige Höhepunkt oder Tiefpunkt (Je nachdem) in Tarantinos Gewaltorgien. Dabei ist auffällig, dass die Gewalt zu Beginn sehr geerdet und damit schwer zu ertragen ist. Mit fortlaufender Spielzeit wird sie dann immer comichafter und abgehobener. Zugleich nimmt die Quantität an Gewaltakten zu. Aber alles ist am Ende einfach nur noch überdreht.

Tarantino streitet sich mit einer Kritikerin im Fernsehen über die Gewalt in Kill Bill:

Youtube

Erlösungsgeschichte: Die Braut versucht wie fast alle Protagonisten bei Tarantino aus ihren Verhältnissen auszubrechen und strebt nach Erlösung. Sie will nicht länger Profikillerin sein. Da ihr dieses Ziel friedlich verwehrt wird, strebt sie es mit Gewalt an. Aber auch viele der Nebencharaktere streben den Ausstieg oder die Erlösung an. Vernita Green hat offensichtlich auch ihr Leben hinter sich gelassen, wird dann aber von der Vergangenheit eingeholt. Hatori Hanzo hat dem Schwertermachen abgeschworen und auch O-Ren Ishii hat eine andere Art von Erlösungsgeschichte: Durch ihren Aufstieg zur Yakuza-Bossin versucht sie die Dämonen ihrer Kindheit loszuwerden. Zu guter Letzt deutet auch der Teaser von Bud an, dass dieser nach Erlösung strebt.

Außenseiterin: Nach Jackie Brown ist Kill Bill der zweite Film, in dem eine Außenseiterin triumphiert.

Unchronologisch erzählt: Nach dem weitgehend chronologischen Jackie Brown ist Tarantino zurück zum unchronologischen Erzählen. Nicht die Zeitachse ist ihm wichtig sondern die dramaturgische Achse.

Vergleich mit Jackie Brown: Kill Bill ist gewissermaßen die Antithese zu Jackie Brown. Jackie ist langsam erzählt mit vielen langen Dialogen und kaum Gewalt. Kill Bill 1 hingegen rasant mit wenig Dialogen und viel Gewalt. Während Jackie sehr zurückhaltend und überlegt agiert, sieht die Braut buchstäblich rot. Jackie Brown ist sehr weiblich in ihrem Auftreten, Beatrix hingegen eher androgyn.

Die Kamera: Der dritte Kameramann in Tarantinos Karriere. Die Beleuchtung hat sich noch weiter verbessert. Robert Richardson orientiert seine Kameraführung sehr stark an den zitierten Filmen. Seien es die Crash-Zooms auf die Gesichter, die aus Martial-Arts-Filmen stammen oder seien es die Super-Close-Ups auf die Augen aus dem Italo-Western. Die weiterwandernde Kamera, die ihren Protagonisten verlässt um den Zuschauer auf einen anderen Aspekt aufmerksam zu machen, ist ein Markenzeichen Tarantinos. Sie kommt zum Beispiel in der Twisted-Nerve-Szen vor. De Palmas Splitscreen borgt sich Tarantino wieder aus. Außerdem dürfen der Trunk-Shot und der Dead-Body-Shot nicht fehlen. Ach ja, natürlich gibt es auch nackte Füße.

Kritikpunkte an Kill Bill: Vol. 1

Kill Bill 1 wurden viele Vorwürfe gemacht. Wir haben mal einige zusammengetragen:

  • Der Film ist hirnlos. Tarantino habe sechs Jahre gebraucht für seine bislang schwächste, unkreativste Geschichte. Warum?
  • Style over Substance: Eine Leistungsshow schöner Bilder mit nichts dahinter.
  • Rachegeschichten sind unterkomplex.
  • Es gibt zu viele und zu aufdringliche Filmzitate. Kill Bill 1 ist das filmische Äquivalent von Karaoke.
  • Der Film ist zu lang: Zwei Stunden und nur die Hälfte des Gesamtwerkes.

Easter Eggs & Tarantino-Universum

  • Der Name von Beatrix Kiddoh wird im ersten Teil dreimal gespoilert: Erst von Bill, am Anfang, wenn er sie „Kiddoh“ nennt, dann auf ihrem Flugticket und schließlich duch O-Rens Spruch „Tricks for Kids“ – Das war zugleich eine Referenz auf eine bekannte Frühstücksflocken-Werbung in den USA.
  • Der Texas Ranger Earl McGraw (Michael Parks), der mit seinem Sohn Edgar McGraw (James Parks) das Massaker untersucht, trat schon in From Dusk Till Dawn auf und kommt sowohl in Death Proof als auch in Planet Terror von Robert Rodriguez wieder vor.
  • Die Insel Okinawa , auf der Hatori Hanzo sein Restaurant hat, steht im Ruf, das schlechteste Sushi von ganz Japan anzubieten.
  • Als Die Braut in Kapitel 5 in Tokio den Flughafen verlässt, ist im Hintergrund ein Werbeplakat für  Red Apple zu sehen.
  • Der Wilhelm-Schrei wird gleich zweimal während der House of the Blue Leaves Sequenz benutzt.
  • Quentin Tarantino ist einer der Crazy 88.
  • O-Ren sagt zur Braut, dass ihr Kampf „not last five minutes“. 4 Minuten 59 später ist sie tot.

Fantheorie

Kill Bill: Vol. 1 (2003) und Kill Bill: Vol. 2 (2004) sind der gescheiterte Pilot für Fox Force Five aus Pulp Fiction (1994).

Zitate und Referenzen

    • Der Film beginnt mit dem Logo der Shaw Brothers – einem legendären Martial-Arts-Studio
    • Der Streit von Hatori Hanzo und seinem Assistenten stammt aus Fighting Back (1948)
    • Die „Kill List“ stammt aus Il mercenario (1968)
    • Die Rachegeschichte ist massiv beeinflusst von Lady Snowblood (1973)
    • Der Shot auf die Sonnenbrillen des Sheriffs ist aus Gone in 60 Seconds (1974)
    • Der gelbe Overall referenziert Game of Death (1978) mit Bruce Lee
    • Die Figur Hatori Hanzo stammt aus der Serie Shadow Warriors (Hattori Hanzô: Kage no Gundan/1980), er wurde auch damals schon von Sonny Chiba gespielt.
    • Revenge is a Dish best served cold kommt aus Star Trek II: Der Zorn des Khan (1982)
    • Die Rede, die die Braut an die Tochter von Vernita Green richtet stammt aus The Punisher (1989)
    • Die Sonnenbrille , die Beatrix Buck wegnimmt, ist die gleiche, die Christian Slater in True Romance (1993) trägt.
    • In der Unterhaltung mit Vernita malt Uma Thurman wieder ein Quadrat in die Luft wie in Pulp Fiction (1994)
    • Chiaki Kuriyama, die Gogo in Schuluninform spielt, hatte Tarantino in Battle Royale (2000) entdeckt.
    • Die Idee, in Anime zu wechseln übernahm Tarantino von dem indischen Film Aalavandhan (2001)

Die Twisted-Nerve-Szene

  • Die gepfiffene Melodie aus der Twisted-Nerve-Szene stammt aus dem gleichnahmigen Film von 1968.
  • Daryll Hannahs Charakter referenziert den Film They Call Her One Eye (1973)
  • Der Splitscreen referenziert Brian de Palma, der diesen in verschiedenen Filmen einsetzt – zum Beispiel in Carrie (1976)
  • Der Mordversuch mit Giftspritze aus der Twisted Nerve-Szene stammt aus Black Sunday (1977)

Die Rezeption von Kill Bill: Vol. 1

Kill Bill 1 spielte 181 Mio $ weltweit ein – also mehr als das Dreifache des Gesamtbudgets für beide Filme. Es wurde Tarantinos erfolgreichster Film bis dahin. Kill Bill war geplant und gedreht in einem Film. Miramax-Boss Harvey Weinstein kam dann auf die Idee, den Film in zwei Teile zu teilen. Tarantino willigte ein, da er nur so viele Szenen drinlassen konnte, die ansonsten dem Schnitt zum Opfer gefallen wären.

Die Amerikanische Jugendschutzbehörde MPAA wollte eigentlich, dass die House of Blue Leaves Szene rausgeschnitten wird. Als Kompromiss einigten sie sich auf Schwarz-Weiß. Im asiatischen Release des Films ist sie weiterhin in Farbe. Der MPAA war auch bereits der Trailer ein Dorn im Auge. Obwohl er keine Gewalt zeigte, sah man die blutverschmierten Klamotten der Braut. Extra dafür führte die MPAA eine „no blood policy“ ein: Kill Bill und alle Filme danach mussten das Color-Grading ihrer Trailer so anpassen, dass Blut entweder braun oder schwarz ist. In der Fernsehversion wurde aus dem „Pussy Waggon“ „Party Waggon“.

2004 erschien die DVD zunächst in einer Taranino-untypisch spartanischen Ausgabe. Tarantino begründete das damit:  „I’ve been holding off because I’ve been working on it for so long that I just wanted a year off from Kill Bill“. 2011 erschien der Cut Kill Bill: The whole bloody affair. Beide Filme in einem und eine längere Anime-Sequenz

Quentin Tarantino besitzt den „Pussy Wagon“. Er fuhr ihn 2004 jeden Tag, um Kill Bill: Vol. 2 zu promoten. Das Auto wurde außerdem sowohl an Missy Elliott für ihr Video „I’m Really Hot“ vermietet, als auch für „Telephone“ von Lady Gaga und Beyoncé Knowles.

Preise und Bestenlisten

Lesenswert

Produktion

Reviews & Analysen

Everything is a Remix über Star Wars und Kill Bill (nach dem Abspann):

https://vimeo.com/19447662

Die Frauenrolle in Kill Bill

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The End.

SF49 – Gremlins (Das große Weihnachtsspecial feat. Arne, Christian, Mathias, Max, Michi & Tabu)

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Paula
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Daniel
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Arne
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Christian
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Michi
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Max
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Tabu
Ein großes Geheimnis


Don’t ever feed him after midnight!

Wir feiern Weihnachten mit Arne vom Enough Talk, Christian von der Second Unit, unserem Außenkorrespondenten Mathias, Max von der Wiederaufführung, Michi von der Cinecouch und der nicht weniger mysteriösen wie wundervollen Tabu! Aber leider ohne Audiointerface, das uns kurz vor der Aufnahme verreckte. Wir hoffen, es lässt sich dennoch ertragen.

Natürlich gab es auch wieder einen Film: Wir diskutierten ausgiebig die drei Regeln der Mogwais und klärten dabei endgültig und ein für alle Mal, wann man die Viecher füttern darf! Natürlich gab es auch anderes: Viiiiiiel Bond, Lassies Nachkommen, neues vom Mähnenwolf, Dr. Paula gab Beziehungstipps, wir erfuhren, wie man Fernsehen macht, was Spielberg mit diesem Film zu tun hat, wie toll es ist, Filmvorführer zu sein, was die Royal Air Force damit zu tun hat und wie da „It’s a wonderful life“ mit drinhängt. Wir fanden das Set von „Back to the future“ und Christian vergaß seinen Regenschirm.

Obendrein gab es diesmal sogar noch Musik:

Rey Izain – Dancing Like A Maniac (feat. Sybil Smith & The Ragga Twins). Lizenz: CC BY-NC 4.0.
Broke For Free – Nightowl. Lizenz: CC BY 3.0.
Mockstars – AVENGERS EPIC RAP (feat. Bart Baker). CC BY 3.0.
Josh Woodward – Let It InCC BY 4.0.

Vorgeplänkel & Abschweifungen

Im Vorgeplänkel war Arne vom Enough Talk zu Gast. Er hat auch ein Filmblog ♦ Alle Sounds, die wir verwenden stammen von freesound und sind gemeinfrei ♦ Lassie Come Home stammt übrigens aus dem Jahr 1943 und war Elizabeth Taylors zweite Rolle ♦  Paula erklärt die Gretchenfrage ♦ Die Quasi-Vergewaltigung ist übrigens in Goldfinger, nicht in Goldeneye ♦ Daniel schämt sich übrigens noch heute, dass er „Legacy“ falsch ausgesprochen hat … ♦ Christian von der Second Unit erzählt die Handlung in fünf Sätzen ♦ Dr. Paula beantwortet diese Frage ♦ Michi von der Cinecouch trägt die Eckdaten vor ♦ Max von der Wiederaufführung lieferte uns einen Funfakt zur Produktion ♦ Außerdem sind noch Mathias und Tabu dabei.

Die Eckdaten von Gremlins

Erscheinungsjahr: 1984
Regie: Joe Dante
– Filmographie (Auswahl):
1976 Hollywood Boulevard
1984 Gremlins
1987 Die Reise ins Ich (Inner Space)
1990 Gremlins 2
1998 Small Soldiers
2014 Burying the Ex
Sowie seit 2011 mehrere Episoden von Hawaii Five-0.

Drehbuch: Chris Columbus
– Filmographie (Auswahl):
1990 Home Alone
1992 Home Alone 2
1993 Mrs. Doubtfire
1999 Bicentennial Man
2001 Harry Potter and the Sorcerer’s Stone
2002 Harry Potter and the Chamber of Secrets
2005 Rent
2010 Percy Jackson & the Olympians: The Lightning Thief

Produktion u. a.: Steven Spielberg
Budget: 11 Mio $
Besetzung: Zach Galligan (Billy Peltzer), Phoebe Cates (Kate Beringer), Hoyt Axton (Randall Peltzer), Frances Lee McCain (Lynn Peltzer), Corey Feldman (Pete Fountaine), Jonathan Banks (Deputy)
Genre: Horrorkomödie, Weihnachtsfilm

Nachtrag: Jonathan Banks heißt bei Breaking Bad und Better Caul Saul nicht Hank sondern Mike. ¯\_(ツ)_/¯

Die Produktion von Gremlins

Die Idee zu dem Drehbuch kam Chris Columbus, weil ihn das Trappeln von Mäusefüßen in seiner Wohnung so gruselte. Er hatte auch gar nicht vor, das Drehbuch zu verkaufen, sondern nutzte es für seine Bewerbungsunterlagen. So kam es Spielberg in die Hände, der begeistert war und darauf bestand, den Film produzieren zu dürfen. Allerdings mischten sich Spielberg und Regisseur Joe Dante dann gewaltig in das Drehbuch ein, um es familienfreundlicher zu machen. Der ursprüngliche Entwurf war wesentlich blutiger als das Endergebnis: So sollte der Hund getötet werden, die Mutter sollte geköpft werden und ihr Kopf sollte die Treppe runterhüpfen und der Wissenschaftslehrer sollte mit ganz vielen Spritzen im Gesicht gefunden werden.

Ursprünglich sollte Gizmo auch zu einem Gremlin werden und dann quasi die Rolle von Stripe übernehmen. Es war dann Spielbergs Idee, das zu ändern, um den Zuschauern einen Charakter zu geben, mit dem sie emotional verbunden sind. Offenbar traute er das Billy und Kate nicht zu. Jedenfalls artete die Drehbuchänderung in gewaltigen Stress für Chris Walas, den Kreaturendesigner (creature design/hat übrigens auch bei Return of the Jedi mitgemacht. Was wohl?). Denn er hatte Gizmo nur für die Szenen am Anfang des Films gebaut, wo er ja nur rumzsitzen und blinzeln musste. Jetzt sollte Gizmo plötzlich viel mehr können. Also musste er ihn überarbeiten.

Sämtliche Gremlins waren animatronische Puppen und jedes einzelne Modell kostete 30.000 – 40.000 $. Daher wurden am Ende eines Drehtags immer sämtliche Kofferräume der Mitarbeiter von einer Security-Firma kontrolliert, damit niemand sich ein Gremlin klauen konnte. Die Technik war auch nicht sooo ausgereift, was dazu führte, dass technische Probleme zu Drehverzögerungen führten und einmal soll der komplette Cast bei einem Nachtdreh am Set eingeschlafen sein, weil sie solange darauf warten mussten, dass die Puppe wieder funktioniert.

Gremlins war eine Warner Bros. Produktion, dennoch durften sie Snow White and the Seven Dwarfs benutzen. Eine Kooperation, die heute wahrscheinlich nicht mehr möglich wäre.

Filmisches Erzählen in Gremlins

„it’s sort of like The Muppet Movie meets Dawn of the Dead meets Invasion of the Body Snatchers meets E.T. meets Alienmeets The Karate Kid meets The Texas Chainsaw Massacre meets The Wizard of Oz meets It’s a Wonderful Life“

Filmfanatic

Easter Egg & Etymologie

Als Randall Peltzer am Anfang des Films durch Chinatown läuft, sieht man kurz bevor er den Laden betritt ein Auto mit einem qualmenden Motor. Das Auto ist eines der Marke AMC Gremlin. Außerdem entstand der Begriff „Gremlin“ ursprünglich, weil die Piloten der Royal Air Force seit den 1920ern damit unerklärliche Motorprobleme beschrieben: Sie hatten Gremlins im Motor. Wir sehen in der Szene also einen AMC Gremlin mit einem Gremlin im Motor.

Auch Mogwai hat eine interessante Etymologie. Es kommt aus dem Kantonesischem und bedeutet in etwa „Dämon“. In diesem Zusammenhang ist spannend, wie die Protagonisten auf Gizmo reagieren. Es wird immer gefragt, was es ist, aber die Antwort „ein Mogwai“ reicht ihnen dann sofort als Erklärung. Dies ist sicher darauf zurückzuführen, dass der Film gar nicht versucht, realistisch zu sein, sondern ein Märchen sein möchte. Allerdings ergeben sich aus diesem Anspruch auch diverse Plottlöcher.

Plottlöcher und Nitpicking in Gremlins

„And then there are the plot holes. I don’t mean the „don’t feed them after midnight“ dichotomy. (Isn’t any time of day „after midnight“?) I mean things like Billy taking his dog to work with him when there’s no reason for it — no reason except that the screenplay wants to have the dog attack Mrs. Deagle, and it’s the only way to get them together. I mean things like the kids still being in school on Christmas Eve, when in real life public schools recess for the holidays long before then. Speaking of which, why is there an inventors convention on Christmas Eve?“

Eric D. Snider

  • Paula erwähnte schon zu Beginn der Folge, dass die Gremlins ständig Klamotten tragen, die ihnen auch noch passen, ohne dass klar wird, wo sie die eigentlich herhaben
  • Die Regel „nicht nach Mitternacht füttern“ ist total schwammig. Mitternacht in welcher Zeitzone? Wann endet das Fütterverbot wieder?
  • Ferner vermehren sich Gremlins bei Wasserkontakt. Die Erde ist zu 71% mit Wasser bedeckt. Wie kommt es, dass die Gremlins nicht schon längst die Welt überrannt haben? Besonders wenn man bedenkt, wie intelligent sie sind.
  • Warum nimmt Billy seinen Hund (auch nur ein einziges Mal) mit zur Arbeit? Außer dass es eine „Zauberer von Oz„-Referenz ist.
  • Warum findet an Weihnachten eine Erfindermesse statt und warum ist noch Schule?

Bizarre Szenen

Im Film gibt es einige sehr losgelöste Szenen. So erzählt Kate, dass ihr Vater an Weihnachten im Schornstein steckenblieb und starb. Diese Szene kommt quasi aus dem Nichts und endet auch sofort wieder ohne jegliche Konsequenz für den Film. Es gibt die Theorie, dass diese Szene zeigen soll, wie abgefuckt das Kleinstadtleben in Wirklichkeit ist. Wir glauben das aber nicht, da der Film die Kleinstadt eher feiert. Christian sagt am Ende des Podcasts, dass diese Geschichte Gremlins spiegeln soll: Dir bleibt das Lachen im Halse stecken. Eine weitere Merkwürdigkeit ist Billys „böser Kollege“. Dieser springt einmal Billys Chef bei, als der mit Billy schimpft und taucht dann noch einmal in der Bar auf, wo er über Billy lästert. Danach verschwindet er einfach aus dem Film. Auch die Szene, in der sich die Gremlins zum Schneewittchen-Schauen im Kino versammeln ist zwar lustig, hat aber nur den Grund, dass sie Billy die Möglichkeit bietet alle Gremlins auf einen Schlag zu töten.

Billys Entwicklung

Billy macht genauso wie die Gremlins eine Metamorphose durch. Er ist zu Beginn ein Looser, der ein kleiner Bankangestellter ist, obwohl er davon träumt Comic-Zeichner zu werden. Im Laufe des Films entwickelt er sich dann aber zum Gremlins-Killer und darf seine Damsel in distress retten. Das ist im Grunde eine sehr typische Actionfilm-Charakterentwicklung. Genau den gleichen Charakterbogen durchläuft zum Beispiel John McClain in Die Hard.

Hommage an It’s a Wonderful Life

In Gremlins steckt eine große Hommage an Frank Capras It’s a Wonderful Life. Wir sehen den Film einmal im Fernsehen laufen und zwar genau die Szene, in der alles wieder gut ist. Beide Filme spielen an Weihnachten. Die Stadt in Gremlins heißt Kingston Falls, die aus It’s a Wonderful Life heißt Bedford Falls. Billy arbeitet genau wie George Bailly in einer Bank, träumt aber von einem anderen Leben. Mrs. Deagle steht für Mr Potter aus IAWL. Sie hat sogar ein Gemälde von Mr. Potter in ihrem Haus hängen. Der Abendspaziergang aus IAWL wird gespiegelt, genauso die Pool-Szene. Wenn die Gremlins Kingston Falls übernommen haben, steht das für Pottersville. Aber am Ende ist alles wieder gut – Die Dorfgemeinschaft hat gewonnen.

Die Charaktere

Die meisten (menschlichen) Charaktere des Films bleiben ziemlich blass. Außerdem sind sie alle riesengroße Klischees. Kein Wunder, dass Spielberg Gizmo als Identifikationsfigur haben wollte, denn Billy ist es nicht. Er ist Mitte 20, wohnt noch bei seinen Eltern und verhält sich zu Hause wie ein Kind. Wir sehen sogar, dass er einen Spielzeugroboter geschenkt bekommen hat. So ungeschickt, wie Billy sich bei seiner Brautwerbung um Kate anstellt, ist sie wohl auch seine erste Freundin. Die Beziehung zwischen den beiden bleibt auch die ganze Zeit komplett asexuell. Formal ist Kate der Love Interest, aber sie wirkt mehr wie ein Kumpel – Wahrscheinlich dem Kinderfilm geschuldet. Auch Kate bleibt blass. Neben der merkwürdigen Geschichte um ihren Vater hat sie noch einen zweiten, komplett sinnfreien Auftritt, als sie die Gremlins in der Bar bewirtet.

Der Vater ist zwar auch das Klischee des erfolglosen Erfinders – nicht eine einzige seiner Erfindungen funktioniert –, aber zumindest ist er sehr liebenswürdig und funktioniert als Charakter. Bei der Mutter verhält es sich genauso: Sie funktioniert als Charakter, ist aber im Grunde ein misogynes Klischee: Sie ist in der Küche badass, tötet drei Gremlins mit Küchengeräten, aber sobald sie die Küche verlässt, muss sie von Billy gerettet werden.

Der nächste Klischeecharakter ist der Rassist im Dorf. Allerdings ist er auch eine schön ironische epische Vorausdeutung, da er die ganze Zeit über die Ausländer lästert, die Gremlins in Maschinen packen, dann am Ende durch Gremlins in einer amerikanischen Maschine sterben muss. Der ängstliche Sheriff und sein Deputy sind ein weiteres Klischee. Sie lassen sich nicht überzeugen, dass Gefahr besteht und sobald sie dann doch mal einen Gremlin sehen, nehmen sie sofort Reißaus. Für den Film hat das natürlich die Funktion des Calls to Adventure: Billy wird keine Hilfe bekommen, er muss die Sache selbst in die Hand nehmen.

Das nächste Klischee ist der mysteriöse Chinese: Er will den Mogwai nicht verkaufen, weil die Amerikaner zu verantwortungslos sind und hält am Ende eine Moralpredigt darüber, dass die Amerikaner noch nicht bereit sind. Schließlich muss auch noch der Schwarze als erstes sterben – eines der größten Horrorfilmklischees, die es gibt.

Gremlins ist ein sehr konservativer Film

„Underneath Gremlins‘ monster movie surface bubbles a tale of the suburban paranoia over „the new neighbors,“ those folks who moved next door who don’t look like the rest of town.“

Eddie on Film

Der schwarze Wissenschaftslehrer ist der typische Token-Schwarze, der sich in die Gesellschaft integriert hat. Er ist der einzige nicht weiße Einwohner von Kingston Falls. Er muss sterben, weil er „Experimente“ mit dem Gremlin macht (er nimmt ihm Blut ab), was aus einer naturverbunden-konservativen Haltung etwas schlechtes ist. Es gibt Interpretationen, wonach die Gremlins Schwarze repräsentieren, andere sagen, dass sie eher Asiaten repräsentieren. Fest steht allerdings, dass sie für den Wandel der amerikanischen Kleinstadt stehen. Diese „Hometowns“ haben eine homogene weiße Bevölkerung, die mit neu zugezogenen konfrontiert werden, die Veränderungen mitbringen. Wir vertreten die These, dass die Gremlins für Jugendkultur stehen und den damit verbundenen Wandel der Gesellschaft – Unser Hauptindiz ist die Irokesen-Frisur von Stripe, die DAS Symbol für den Punkrock der 80er war. Aber egal, wofür die Gremlins stehen, die Message des Films ist: Veränderung ist etwas schlechtes (potentiell tödlich) und muss bekämpft werden.

Manche Interpreten meinen, dass der Film die amerikanische Kleinstadt gerade ironisch kritisieren will. Natürlich ist der Film hochgradig ironisch und nimmt sich nicht ernst. Wir haben aber vier Argumente gegen diese Interpretation:

  1. Wer sind unsere Identifikationsfiguren? Billy und Gizmo. Billy hat einen Stock im Arsch und ist der typische nette, weiße Schwiegermuttertraum. Gizmo wiederum ist der optimal assimilierte Fremde/Jugendliche, der sogar seine eigene Art verrät um den Menschen dieser Kleinstadt zu helfen.
  2. Die Analogie zu It’s a wonderful life: Es geht darum, den Status Quo wiederherzustellen. Klar, die Gremlins sind lustig, aber es wird nie Frage gestellt, dass sie bekämpft werden müssen. Am Ende darf keine Veränderung stattfinden, sondern alles soll so bleiben, wie es ist. Sogar das Radio spielt wieder.
  3. Der Film ist fortschrittskritisch, wie die Verantwortungsrede des Chinesen zeigt. Der Wissenschaftler muss, wie gesagt sterben. Auch Randall steht mit seinen erfolglosen Erfindungen auf liebevolle Art für die Fortschrittskritik.
  4. Wer muss sterben? Der Wissenschaftler, der Rassist und die assoziale Raubtierkapitalistin. Das zeigt, dass der Film einen gemäßigt-kleinbürgerlichen Konservatismus des „Heart of the Nation“ vertritt.

Epische Vorausdeutungen

„His obsession with and cannibalization of pop culture images anticipates our current obsession with post-modern meta-comedy. As in the best of Community and The Simpsons, pop culture references aren’t the jokes in Dante’s films. Any references (and there are plenty) are esoteric and naturally occurring, deeply woven into the tapestry of the films.“

SplitSider

Der Film ist aber nicht schlecht. Er ist vor allem exzellent inszeniert. Es finden sich unzählige epische Vorausdeutungen in ihm, zum Beispiel:

  • Der erwähnte AMC Gremlin
  • Wie gesagt, heißt Mogwai „Dämon“
  • Der Rassist Murray Futterman sagt, die Ausländer packen Gremlins in Maschinen und wird von Gremlins in einer Maschine umgebracht
  • Wir sehen die Kokons von Invasion of the Body Snatchers im Fernsehen, die später von den Kokons der Gremlins gespiegelt werden
  • Wir sehen die Autoszene aus To Please a Lady. Sie gibt Gizmo seine Idee für den Showdown
  • Als Gizmo nass wird, der erste Fellball aus ihm schlüpft und Pete fragt: „What is it?“, sehen wir diesen Shot:

    The Mystery of Gremlins!

    The Mystery of Gremlins!

Zitate & Referenzen

1937 Snow White and the Seven Dwarfs läuft im Kino.
1939 The Wizard of Oz – Mrs. Deagles Feldzug gegen Billys Hund
1946 It’s a wonderful life – Gremlins ist eine Hommage an diesen Film
1950 To Please a Lady – Läuft im Fernsehen, wird durch Gizmo gespiegelt
1957 Forbidden Planet – Robby the Robot telefoniert auf der Erfindermesse
1960 The Time Machine – Auf der Erfindermesse
1962 Spider-Man Comic – „With Mogwai come great responsibility.“
1964 James Bond 007 – Goldfinger – Geschüttelt nicht gerührt
1974 The Texas Chain Saw Massacre – Spiegelung einer Szene: Stripe attackiert Billy mit einer Kettensäge
1977 Close Encounters of the Third Kind – Im Kino läuft Watch The Skies. Das war der Working Title des Films.
1977 Star Wars – In der Bar spielen die Gremlins das Videospiel
1979 Invasion of the Body Snatchers – läuft im Fernsehen
1981 Raiders of the Lost Ark – Das Plakat der Radiostation von Rockin‘ Ricky Rialto
1982 E.T. – Im Kino läuft A Boy’s Life (der Working Title), außerdem sagt ein Gremlin einmal „Phone Home“ und einmal sieht man eine E. T. Puppe
1983 Twilight Zone: The Movie – Man sieht das Plakat in Billys Zimmer

Die Rezeption von Gremlins

Gremlins kam am gleichen Wochenende wie Ghostbusters in die Amerikanischen Kinos. Das schadete dem Film aber offensichtlich nicht, denn er war ein riesiger Erfolg und spielte allein in den USA 148 Mio $ ein. 1990 gab es die Fortsetzung Gremlins II und ein dritter Teil ist in Planung.

Das Set von Gremlins wurde für Back to the Future wiederverwendet. Das kann man einmal am Establishing Shot von Kingston Falls (natürlich ganz am Anfang) erkennen. Außerdem ist das Kino, das gleiche, welches der Delorean zerstört.

Obwohl Gremlins bereits 1985 erschien, gab es auch schon ein C64-Computerspiel zum Film: Gremlins: The Adventure. Außerdem hat Chris Columbus die Referenz an It’s a wonderful life zu einem Running Gag gemacht. Sie finden sich mindestens auch in Home Alone und Home Alone 2.

Der Film war mit einem PG-Rating freigegeben (das ist ungefähr das deutsche „Ab 6“). Dies führte zu großen Protesten von besorgten Eltern, sodass Gremlins und Indiana Jones – Temple of Doom heute als die Filme gelten, die dafür sorgten, dass die MPAA das PG13-Rating (also ungefähr „Ab 12“) eingeführt wurden. Heutzutage wird der Film oft von RTL 2 in einer stark geschnittenen Version schon im Nachmittagsprogramm gezeigt.

Preise & Bestenliste

Der Film hat auch mehrere kleine Preise gewonnen, unter anderem:

  • Saturn Awards: die Auszeichnung in den Kategorien Bester Horrorfilm, Beste Regie, Beste Musik, Beste Spezialeffekte sowie Polly Holliday als Beste Nebendarstellerin.
  • Young Artist Award für den Besten Familienfilm
  • In Deutschland wurde der Film mit der Goldenen Leinwand ausgezeichnet.

Zitate & Referenzen

Sehr viele Filme haben Gremlins referenziert. Er wird zum Beispiel oft in Dialogen erwähnt, um mit „Gremlin“ etwas chaotisch-böses zu schreiben oder in Form einer Kassandra-Warnung: „Don’t feed the gremlins after midnight!“. Oft wird auch jemand mit Gizmo verglichen. Hier einige Beispiele:

1985 The Goonies – Chunk ruft die Polizei, doch die glaubt ihm nicht, da er schon so oft angerufen hat. Einmal hat er sogar erzählt von: „little creatures that mutate when you pour water on them.“
1992 The Simpsons: Treehouse of Horror III – Homer kauft ein Geschenk bei einem Asiaten.
1999 Toy Story 2 – Wenn Barbie Auto fährt, wird Gizmos Fahrt gespiegelt.
2006 The Simpsons: Bart Has Two Mommies – Homer erkundigt sich nach Gremlins und will sie nass machen.
2006 How I Met Your Mother: The Wedding – Marshall verwendet „Don’t feed the gremlins after midnight!“
2006 Snakes on a Plane – Die Mikrowellenszene wird gespiegelt.
2007 South Park: Imaginationland: Episode II – Gizmo taucht im Imaginationland auf.
2008 Lost: The Economist – Sawyer nennt Ben „Gizmo“
2009 Hangover – Phil vergleicht Allan mit einem Gremlin.
2009 How I Met Your Mother: Definitions – Barney sagt, die Regeln für ein Date sind die gleichen wie für die Gremlins
2009 Scrubs: Our Drunk Friend – Turk vergleicht Mahoney mit einem  Gremlin
2011 Community: Regional Holiday Music (2011) – Die Gremlins kommen in Abed und Troys „Baby Boomer Santa“-Song vor:
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2014 Dear White People: Die Theorie, dass die Gremlins für Schwarze stehen, wird erwähnt:

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The End.