SF37 – Brügge sehen… und sterben? (feat. Arne)

avatar
Paula
Überbezahlter Superstar
avatar
Daniel
Verkannter Regisseur
avatar
Arne
The Jackermonkey himself!


I’m trying, to get my head around it. But I can’t.

Verstärkt durch Arne – fucking – @jackermonkey (hier lesen, hier hören, hier iTunes- äh … -en und hier bitte hart durchflattern) und ausgerüstet mit Chekhovs Armoury begeben wir uns ins Fegefeuer nach Brügge. Natürlich nicht, ohne vorher einen Abstecher zu Marcel Proust zu machen. Wir treffen auf Quentin Tarantino, lebensmüde Zwerge und den halben Cast von Harry Potter. Während wir kollektiv mit den Augenbrauen wackeln, entdecken wir Filmmusik, ein dichtes Skript, streiten uns über die Kamera und gehen der Frage auf den Grund, ob Brügge ein Shithole ist.

Vorgeplänkel, Proustfragebogen und Abschweifungen

Diese Folge des Spätfilms wird von Godfather Cannoli präsentiert. Das dafür verwendete Zitat stammt natürlich aus Francis Ford Coppolas „Der Pate„. Das Copyright liegt bei Paramount Home Entertainment und hier könnt ihr den Film bei Amazon kaufen* ♦ Arne macht normalerweise den Enough Talk!Hier könnt ihr seine Antworten auf die Fragen unseres Proustfragebogens nachlesenHier geht’s zu unserer Folge zum Liebster AwardHier die Heat-Folge, die von der Serienabfertigung für uns aufgenommen wurde ♦ Arne empfiehlt den Nerdtalk ♦ Wir erwähnen Tamino, er ist ein Teil der Second Unit ♦ Der Originaltitel von Ein Schweinchen namens Babe lautet übrigens schlicht „Babe“ ♦ Als Lebensraum bevorzugt der Mähnenwolf hohe Grasgebiete, Buschländer (Cerrado) und parkähnliche Landschaften sowie feuchte, teilweise saisonal überschwemmte Grasgebiete. ♦ Als Teiler zwischen dem sehr langen Vorgeplänkel und der Folge benutzen wir diesmal Transitional 002.wav von rodincoil. Die Datei steht unter der Lizenz CC BY 3.0. ♦ Daniel empfiehlt die letzte Folge von Picknick am Wegesrand, in der über die Filmmusik in Stalker gesprochen wird.

Eckdaten von Brügge sehen… und sterben?

Erscheinungsjahr: 2008
Originialtitel: In Bruges
Regie: Martin McDonagh
– Filmographie:
Seven Psychopaths (2012)
In Bruges (2008)
Besetzung: Colin Farrell (Ray), Ralph Fiennes (Harry), Brendan Gleeson (Ken), Clémence Poésy (Chloe)
Budget: 15 Mio $$
Genre: Gangter-Film, British Gangster, Tragikomödie, Schwarze Komödie

Die Produktion von In Bruges

Die Idee zu dem Film kam McDonagh, als er selbst im Urlaub in Brügge war und die Stadt zugleich wunderschön und sterbenslangweilig fand. Davon ausgehend entwickelte erst zwei Charaktere, die entsprechend auf die Stadt reagieren und im Anschluss die Story, wie und warum sie nach Brügge kommen. Arne war selbst mal in Brügge und kann diesen Zwiespalt bestätigen. Allerdings ist Brügge anders als im Film dargestellt von Touristen überlaufen.

Der Regisseur wollte Brügge, das in der Zeit stehengeblieben ist, mit dem British Gangsterfilm als etwas sehr modernem kontrastieren. Allerdings wollte er einen reflektierteren Gangsterfilm machen, als im British Gangster üblich. McDonagh hatte die Hauptrollen als Londoner angelegt und erst in Iren geändert, nachdem Gleeson und Farrell im Casting überzeugten.

Für den Film wurde die Weihnachtsdeko in Brügge bis in den März hinein hängen gelassen. Die nächtliche Touristikbeleuchtung von Brügge kam dem Dreh auch entgegen. Und Farrell sagte, dass das mitteralterliche Brügge eine gewisse Schwere auf die Stimmung legte.

Filmisches Erzählen in Brügge sehen… und sterben?

Wir diskutierten, ob und in wieweit In Bruges von Pulp Fiction beeinflusst wurde. Peter Beech schrieb dazu im Guardian:

The result is like watching Pulp Fiction’s „Royale with cheese“ exchange stretched over 90 minutes, only it’s braver than Tarantino because these hitmen never disappear into cool.

Wir sind uns einig, dass ein großer Einfluss besteht, aber Arne betont, dass der „Royal with Cheese“-Dialog ein Selbstzweck ist, hingegen in Bruges jeder Gag, jeder Dialog und jedes Detail des Drehbuchs einen Zweck für die Handlung erfüllt.

Die erste Szene

Youtube

Wir sehen zunächst Bilder von Brügge bei Nacht. Wir ware uns in der Folge uneinig, ob dies bloß „Tourismus-Shots“ (Daniel) sind oder bereits düstere epische Vorausdeutungen sind, in Form der Wasserspeier, die das Höllen-Thema eröffen (Paula), und den emotionalen Ton des Films vorgeben (Arne). Es setzt ein Voice Over von Ray ein, der in einer sehr effektiven Kürze, die komplette Exposition des Films erzählt. So kann der Film sofort mit der Handlung beginnen, oder wie es Peter Beech im Guardian ausdrückt:

„Bam. Within 10 seconds, the story has begun.“

Es folgt eine Schwarzblende und aus dem Off der erste Streit zwischen Ray und Ken, ob Bruges ein „Shithole“ ist. Als nächstes sehen wir Ray und Ken auf dem Weg durch Brügge und können ihre Reaktionen auf die Stadt beobachten. Ray und Ken checken ein (Die schwangere (!) Marie (!!) kann ihnen das letzte Bett der Stadt (!!!) bieten. Und im darauf folgenden Dialog zwischen Ray und Ken bekommen wir eine erste Andeutung auf die Schuld, die Ray mit sich herumträgt.

Wir waren uns einig, dass dies erzählerisch ein starker Auftakt ist, der bereits den kompletten Plott und alle kommenden Konflikte anteasert. Daniel fand den Auftakt aber filmisch nicht sonderlich stark und kritisierte, dass die Bilder alle sehr konventionell seien. Arne lobte hingegen, dass durch die ersten Düsteren Shots, dann den lustigen Dialog und schließlich die angedeutete Depression von Ray bereits alle drei Eckpunkte des Films gesetzt wurden.

Die Charaktere

Der Film zeichnet sehr tiefschichtige, ambivalente Charaktere. Es gibt – unter Ausnahme von Marie – keine komplett sympathischen Charaktere aber auch keine komplett unsympatischen.

Ray

Ray ist ein bockiges Kind. Er verhält sich nicht nur kindisch, die anderen nennen ihn auch konsequent „the boy“. Der Priestermord war sein erster Job. Ray ist aber zugleich auch zerfressen von Schuld und daher besessen von Suizid – dies projeziert er auf Kleinwüchsige, die seiner Meinung nach besonders of Suizid begehen. Diese Faszination von Kleinwüchsigen wird aber zugleich auch wieder zu einem Aspekt seiner Kindlichkeit.

Außerdem hat Ray einen sehr schönen Charakterbogen: Am Anfang des Films ist Ray noch in einem Stadium der Verdrängung. Die langweilige Stadt Brügge zwingt ihn, sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen, da es keine Ablenkungen gibt, die ihm helfen, auf andere Gedanken zu kommen.

Am Ende des Films entscheidet er, dass er weiterleben will, wohl wegen seiner Erlebnisse mit Chloé und Ken. Er will sich dem Urteil der Mutter des ermordeten Kindes unterwerfen, statt sich umzubringen. Der Film endet mit dem Wunsch, dass er nicht sterben wird, aber sowohl die Verletzungen als auch die letzten Bilder suggerieren, dass er stirbt. Er hat seine Zeit im Fegefeuer Brügge verbracht und ist „gereinigt“.

Spannnend ist auch der Zettel, den der Junge, den Ray erschießt in der Kirche in der Hand hält. Auf diesem stehen die Sünden des Jungen:

Was wird der nächste Spätfilm?

Der Screenshot stammt aus In Bruges (Brügge sehen… und sterben?) von Martin McDonagh. Das Copyright liegt in Deutschland bei TOBIS Film. Und hier gibt’s den Film auf Amazon*.

Auf dem Zettel steht:

1. beeing moody
2. being bad at math
3. being sad

Zumindest 1. und 3. treffen auch auf Ray zu.

Ken

Ken ist ein netter Kerl und zugleich ein Profikiller. Er versucht in der Szene, die wir im Zitat verlinkt haben, sich selbst gegenüber zu rechtfertigen, dass er ja eigentlich ™ nur böse Menschen tötet. Außer einmal, aber:

 Ray: Hmm. In my book, though, someone comes at you with a bottle, I’m sorry, that is a deadly weapon, he’s gotta take the consequences.

Ken will verhindern, dass Ray stirbt und bringt sich für diesen Zweck selbst um. Er ist wie eine Vaterfigur für Ray oder ein Schutzengel. Ken und Ray haben allerdings nachts vertauschte Rollen: Ken ist mies drauf und Ray gutgelaunt. Ray trägt immer das gleiche, Ken immer verschiedene Klamotten.

Harry

Paula wendet ein, dass der Mord an dem Jungen ja nur ein Unfall war, warum ist Harry dann so darauf erpicht, dass Ray sterben muss? Harry ist ein Arschloch, aber bis zum letzten seinen Konsequenzen treu. Sein Ehrenkodex, dass zwar Männer getötet werden dürfen aber offensichtlich keine Kinder. Dies sind häufig verwendete Tropes: Even Evil Has Standards und Wouldn’t Hurt A Child. Paula weist, darauf hin, dass in der Szene, in der Harry und Ray diskutieren, wie sie ihren Shootout durchführen können, ohne Marie zu gefährden, Harrys Ehrenkodex noch einmal thematisiert wird.

Chekhovs Armoury

McDonagh nutzt als Trope nicht bloß eine Chekhovs Gun, sondern gleich eine Chekhovs Armoury. Er führt unzählige Details gewissermaßen nebensächlich ein, die dann später eine zentrale Rolle spielen. Diese sind uns aufgefallen:

  • In Form des Subtropes Chekhovs Gag wird der Witz von der Flasche als tödliche Waffe gemacht. Später wird Ray dann von der Kanadierin mit einer Flasche angegriffen.
  • Die Kanadier, die Ray zusammenschlägt, sind dann der Grund dafür, dass seine Flucht aus Brügge vereitelt wird.
  • Ken steht auf dem Aussichtsturm und formt mit der Hand eine Pistole mit der er auf Ray zielt. Später erhält Ken einerseits den Auftrag, Ray umzubringen, andererseits wird auf ebenjenen Turm der Showdown eingeleitet.
  • Als Ken das erste Mal den Turm besteigt, will er mit Münzen zahlen, ihm fehlen aber 10 Cent, weswegen er die Münzen zurück in seine Tasche steckt. Am Ende nutzt er diese Münzen, indem er sie vom Turm wirft und so sicherstellt, dass unten niemand ist, bevor er sich umbringt.
  • Ein anderer Chekhovs Joke: Ray und Ken warnen die dicken Amerikaner, dass sie nicht auf den Turm steigen können, weil das zu anstrengend wäre. Am Ende ist der Turm deshalb gesperrt, weil der Amerikaner einen Herzinfarkt auf dem Turm bekommen hatte. Das führt zu einer weiteren Diskussion mit dem Kassierer und dazu, dass Erik Ken und Harry noch sieht und ihnen sagen kann, wo Ray ist.
  • Der nächste Chekhovs Joke: Harry sagt leicht dahin, dass er sich auf der Stelle umbringen würde, wenn er versehentlich ein Kind erschießen würde. Als er am Ende denkt, dass ihm genau das passiert ist, zieht er es durch.
  • Außerdem sagt Ray zu Chloé, dass er sich natürlich den Kopf wegpusten würde, wenn er ein Zwerg wäre. Genau dieses Schicksal erleidet später der Kleinwüchsige Jimmy.

Das Skript zu In Bruges ist gewissermaßen eine Anti-Deus-Ex-Machina. Diese Dichte des Skripts dient nicht zuletzt dem Zweck, zu verdeutlichen, dass eines der zentralen Themen des Films „Konsequenzen“ sind.

Christliche Metaphorik und Fegefeuer

Der Film legt die Interpretation nahe, dass Brügge Rays Vorhölle oder Fegefeuer ist. Brügge wird am Anfang wunderschön dargestellt und im Laufe des Film immer düsterer. Durch die vielen gotischen Gebäude, wird eine sehr morbide Mise en Scène erzeugt. Zentral für diese Interpretation ist die Szene, in der Ray und Ken vor Hieronymus Boschs „Das jüngste Gericht“ stehen:

Bosch laatste oordeel drieluik
Hieronymus Bosch (etwa 1450–1516) oder Werkstatt [Public domain], via Wikimedia Commons

Die Figuren aus diesem Bild werden in der finalen Szene zitiert, in der Ray kurz vor seinem Tod in einen Filmdreh stolpert, in dem sie zu sehen sind. Im christlichen Mythos wird der Sünder im Fegefeuer gereinigt, bevor er in den Himmel kommt. Wir waren uns nicht einig, ob Ray am Ende des Films gereinigt ist: Dagegen spricht, dass er nachwievor kein guter Mensch, kein Gläubiger und Christ ist – er weigert sich, das Blut Christi zu berühren. Dafür spricht hingegen, dass er aufrecht seinen Mord bereut und am Ende seine Suizidgedanken verwirft. So oder so kann man sagen: Er hat kurz vor seinem Tod seinen Frieden mit sich selbst geschlosssen.

Die Kamera und die Musik in Brügge sehen… und sterben?

Wir waren uns uneins, was die Qualität der Kameraarbeit von In Bruges betrifft. Daniel kritisierte sie (Siehe Höre auch Eröffnungsszene) während Arne und Paula auch positives darüber zu sagen hatten.

Arne lobte zum Beispiel das Color Grading. Und die Longtakes mit Perspektivwechseln im dritten Akt, kurz vor der Turm-Szene (Leider konnten wir die Szene nicht auf YouTube finden). Daniel bringt als Gegenbeispiel den Longtake im Hotelzimmer, als Harry Ken anruft. Dieser wird eingeleitet mit einem Filmzitat: Im Fernsehen läuft der berühmte Longtake aus Orson WellesTouch of Evil:

YoutubeUm dann selbst in einen Longtake überzugehen. Während aber der Longtake aus Touch of Evil eine perfekte Choreografie ist, wird hier einfach drei Minuten die Kamera auf Ken gehalten, während er telefoniert, was vollkommen witzlos ist. Leider haben wir nicht die komplette Szene gefunden, aber hier ein Ausschnitt, der stellvertretend ist:

Youtube

Arne lobt zudem die Filmmusik:

Youtube Diese unterstützt sehr gut die Stimmung des Films.

Zitate & Referenzen

  • Der erste Akt des Films erinnert stark an Warten auf Godot von Samuel Beckett: Zwei Männer warten auf jemanden (Harry) und führen absurde Dialoge während sie warten.
  • Touch of Evil (1958): Wie bereits erwähnt wird der Longtake aus Touch of Evil zitiert.
  • Don’t look now (1973): Der Film der in In Bruges gedreht wird, ist laut Chloé eine Hommage an Wenn die Gondeln Trauer tragen. Ferner gibt es mehrere bildliche Zitate im Zusammenhang mit den Kanälen und mit Jimmy.
  • Taxi Driver (1976): Der Kanadier im Restaurant zitiert den berühmten Satz „You talkin‘ to me?“
  • The Dumb Waiter (1985): Der Plott von In Bruges ist an das Theaterstück The Dumb Waiter von Harold Pinter angelehnt. Und als Ray und Ken ins Hotel einchecken, tun Sie dies unter den Decknamen „Cranham“ und  „Blakely“. Kenneth Cranham und Colin Blakely spielten die zwei Hitmen in der Fernsehversion von The Dumb Waiter.
  • Pulp Fiction (1994): Dialoge und Genre sind klar an Pulp Fiction angelehnt.
  • Die Szene in der Ray die Platzpatrone zum Blenden benutzt, zitiert eine Szene aus dem Film Tigerland (2000), in dem Farrell das schon einmal macht.
  • Königreich der Himmel (2005): In beiden Filmen sagt Brendan Gleeson „its what I do“ und meint das Töten von Menschen

Die Gewaltdarstellung

Daniel kritisiert stark den Tod an dem Jungen, da der Shot mit dem Loch im Kopf des Kindes ein reiner Money Shot ist, zum Schocken des Publikums. Er ist dabei komplett überflüssig, da die beiden Einstellungen zuvor: Rays Gesicht und der blutige Zettel des Kindes (siehe oben) die Szene schon erzählt hatten. Paula erwidert, dass der Shot beziehungsweise die Gewaltdarstellung in In Bruges insgesamt später auf einem Gemälde im Museum wieder auftauchen. Sie hebt besonders: „The Flaying of Sisamnes“ von Gerard David (1498) hervor. Das Bild ist ein Doppelgemälde zeigt den Prozess und die anschließende Hinrichtung eines korrupten Richters. Hier die Hinrichtung:

Gerard David 012.jpg
Gerard David 012“ by Gerard David (circa 1450/1460–1523) – Unknown. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons.

Paula meint, dass dies wieder die Qualen im Fegefeuer verdeutlichen soll. Arne ergänzt, dass Ray am Ende durch ein Schuss ins Bein und eines in die Brust stirbt, so wie auf diesem Bild Bein und Brust aufgeschnitten werden.

Daniel erwidert, dass das Bild von dem Loch im Kopf des Kindes unnötig war und auch nichts zur Fegefeuer-Symbolik beiträgt, da dieser Mord ja überhaupt erst nach Brügge/ins Fegefeuer führt. Arne hält dagegen, dass der Shot am Ende wieder gespiegelt wird mit dem Tod von Jimmy.

Die Rezeption von In Bruges

„Like a good stage play, McDonagh’s film explores character through dialogue as well as action, and though this makes it somewhat static – even taking into consideration its frenzied, blood-spattered showdown – In Bruges is able to sneak in some heavyweight questions under the radar.“

Empire magazine

Der Film spielte 33 Mio Dollar ein und bekam überwiegend positive Kritiken. Es gab nur vereinzelte Kritiken an vermeintlichen rassistischen Stereotypen oder etwa daran, dass die politisch äußerst unkorrekte Sprache reiner Selbstzweck sei:

„I get the point, but I must admit to feeling more bullied than convinced. No one wants a movie that tiptoes in step with political correctness, yet the willful opposite can be equally noxious, and, as “In Bruges” barges and blusters its way through dwarf jokes, child-abuse jokes, jokes about fat black women, and moldy old jokes about Americans, it runs the risk of pleasing itself more than its paying viewers.“

The New Yorker

Preise & Bestenlisten

Der Film bekam nur eine Oskarnominierung, was wohl einige Experten überraschte. Den Grund dafür enhült Philzine:

„My inside source says that there wasn’t a single In Bruges screener DVD sent out to any of the nominating committee members. Why? Did Focus Features not realize that the film they had on their hands truly had winning potential? Or was it a matter of focusing their attention on a far more “appropriate” Osar contender, Milk. And why not? Milk is a biopic about a political figure starring Sean Penn! It reeks of Oscar! And directed by a former feature Oscar contender doesn’t hurt.“

Lesenswert & Sehenswert

*Affiliate-Link: Wenn ihr den Film kauft, bekommen wir eine winzige Provision und freuen uns.

Weitere Shownotes folgen …

18 Gedanken zu „SF37 – Brügge sehen… und sterben? (feat. Arne)

  1. Pingback: Podcast: Spätfilm #37 – Brügge sehen… Und sterben (Fest. Jacker) | jacker's 2 Cents…

  2. Pingback: SF37 – Brügge sehen… und sterben? (feat. Arne) | Privatsprache

  3. Herzloser Klumpen (Tamino)

    Top Sendung, ihr drei! Ich lass mal einiges an Geblubber da.

    Oh Daniel, mittlere Blasphemie bei HEAT! Ich hab ihn inzwischen vielleicht sogar schon im zweistelligen Bereich gesehen und erst kürzlich wieder. Arne beschreibt das ganz schön. Das Gesamtpaket ist einfach großartig bei HEAT. Viele tolle Charaktere mit teilweise herausragenden schauspielerischen Leistungen, beeindruckende Action, perfekte Mischung aus Drama und Thriller und natürlich eine enorm stimmungsvolle Audiovisualität. Die ganzen Figuren bilden ein wunderbares Gesamtbild über das Leben „in Bezug“ auf das Gesetz. Bei dem fällt es mir echt enorm schwierig vorzustellen, dass jemand den gar nicht mögen kann. Gibt’s natürlich immer, aber das Ding ist so ein enormes Magnum Opus in das Jahre der Vorbereitung geflossen sind und so viel in seinen Details und Charakterdynamiken hergibt, dass man da schon ein enormer Indie-Freak oder sowas in der Art sein müsste, um den komplett abzulehnen. Michael Mann hat den Film ja sogar quasi fürs Fernsehen „probegefilmt“ ein paar Jahre vorher mit LA TAKEDOWN. Für mich ganz klarer Top10 Film, dieser HEAT.

    Bei CUBE bin ich dafür eher auf Daniels Seite. Schlecht fand ich den zwar nicht, aber die Charaktere waren schon ziemlich dürftig. Ich fand’s da trotzdem irgendwie ganz löblich, was man aus einem Minimum an Budget mit etwas Herzblut rausholen kann. Bei BLAIR WITCH PROJECT habe ich das allerdings ganz anders empfunden und war da wohl eher so sauer wie Daniel hier. Ich bin mir aber auch nicht so sicher, ob CUBE heute noch bei meinen 6/10 bleiben würde.

    Ich persönlich werde FROZEN sicherlich nicht gucken, niemandem zu Liebe. Dass ich bei sowas heulen müsste kann ich mir auch echt sowas von gar nicht vorstellen, höchstens vielleicht kotzen 😉 Spätestens seit ich mehr von Miysaki gesehen habe, kann ich Disney echt gar nicht mehr leiden. Hab gerade eben wieder NAUSICAA geschaut, der in seiner epischen Anmut jeden westlichen Zeichentrick erblassen lässt.

    Ich bin nicht der Meinung, das Filme eine moralische Aufgabe haben. Kunst darf für meinen Geschmack alles. Und gerade bei WOLF OF WOLL STREET kam bei mir nicht eine Sekunde das Gefühl auf, dass Leos Charakter oder dessen Lebensweise in irgendeiner Weise auch nur ansatzweise positiv dargestellt würde. Müsste ich mal ausführlicher mit Arne besprechen, was genau ihn da so anfrisst.

    Zack Snyder. Ja ja, Arne, da haben wir History. Daniel, ich respektiere deine Abneigung gegenüber Snyder ganz klar und teile sie größtenteils. WATCHMEN ist allerdings wirklich ein starker Film und für mich sogar das wahrscheinlich beste Superhelden-Werk. Da war Snyder eben auch gar nicht für den Inhalt verantwortlich. Der fühlt sich für mich kaum wie ein Snyder an und würde ihn daher auch dir empfehlen. 300 finde ich übrigens gar nicht sooo geil. Ich würde dem 7/10 geben, vielleicht auch ne 8, aber niemals mehr. MAN OF STEEL ist allerdings eher so eine 2 oder 3 für mich und den recht mäßigen SUCKER PUNCH kann man sich auch schenken. 300 will ich halt auch nicht wirklich verteidigen, aber ich steh manchmal auf überstilisiertes Testosteron-Geprügel. Für mich hat der was, ich mag den Look einfach sehr gern. Aber selbst wenn den jemand als Hassfilm hätte, würde ich keine Träne für ihn vergießen. Ist natürlich storyloser Müll der Film, aber mir macht er manchmal Spaß.

    Ich gucke oft Filme nebenbei. Ich habe z. B. neulich MISSION IMPOSSIBLE 2 und 3 mal nachgeholt, einfach weil die mich interessiert haben, aber ich wusste schon vonvornherein, dass ich die eh nicht sonderlich mögen werde. Aber bei neuen Sachen, die Potenzial.

    Das mit der schlimmsten Todesszene ist bei dem türkischen Film allerdings mit Vorsicht zu loben, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass sein Schrei im Nachhinein drübergelegt ist und so nicht im Film drin ist. Mein Favorit ist vermutlich aus DIE SCHLANGE IM SCHATTEN DES ADLERS mit Jackie Chan:

    https://www.youtube.com/watch?v=xECx-42Wlho

    Da ich der herzloseste Klumpen ever bin (und bei WALLIE einfach nur aggressiv werde), bin ich ganz auf Arnes Seite: DSCHUNGELBUCH ist der einzig wirklich gute. ALADDIN und THE LITTLE MERMAID mag ich auch noch gerne, aber alles andere ist im Grnde ziemlich blass oder von nervigen Aspekten verpestet. LION KING ist leider nicht mehr so geil wie noch mit sechs.

    Hey Daniel, du auch? BRAVEHEART war auch voll meine Jugendsünde. Schlecht ist der sicherlich nicht, aber wenn ich bedenken, dass das mal mein Lieblingsfilm war, hmm…

    Ich mach mal nen Schnitt hier, der Übersichtlichkeit halber 🙂

    Antworten
    1. Daniel Beitragsautor

      Ich sage doch gar nicht, dass HEAT schlecht ist. Wie gesagt, der hat es sogar in meine DVD-Sammlung geschafft und vor allem: Er ist trotz diverser Umzüge noch nicht wieder rausgeflogen. Ich fühle nur nicht die ganz große Liebe für ihn. Aber irgendwann (in 5-10 Jahren) gebe ich ihm noch eine Chance 😉

      NAUSICAA steht auf der Watchlist, es kann sich nur noch um Jahre handeln 😉
      http://letterboxd.com/privatsprache/list/jedes-jahr-ein-film/

      Aber auf Disney lass ich nichts kommen, da gibt es Höhen und Tiefen, aber dennoch haben die ihre eigene Qualität. Besonders wenn du, wie ich heute morgen um 6 Uhr von zwei Kindern aus dem Bett geschmissen wirst. Dann bist du froh wenn du in knallharten Verhandlungen die Unendlichen Gesichte 3 („The Horror. The Horror.“) nicht und lieber Sleeping Beauty schauen kannst …

      The Wolf Of Wallstreet hat mir durchaus gefallen, obwohl ich Arnes Einschätzung teilen kann, dass Scorsese die Zocker abfeiert. Aber ich glaube Scorseses Agenda ist eine ganz andere:

      Scorsese zeigt uns drei Stunden lang ein schonungsloses Bild von den Soziopathen, denen WIR unser Geld anvertrauen. Das sind die Zocker, die dafür gesorgt haben das die Weltwirtschaft das letzte Mal kollabierte. Aber während wir uns gegen Griechenland aufhetzen lassen, feiern die Ihre endlose Party weiter, ohne dass WIR was daraus gelernt haben. Und wenn tatsächlich mal einer von ihnen erwischt wird, dann macht er einen Deal und nach drei oder vier Jahren ist er wieder draußen und kann sich einen schönen Lebensabend machen. Mit deinem Geld und mit meinem. Das zeigt uns Scorsese. Und deshalb ist The Wolf of Wall Street ein guter Film.

      Ich hatte tatsächlich ca. 10 Sekunden von Men Of Steel geguckt, weil es den jetzt auf NEtflix gibt, dann dachte ich mir: „Was zum Teufel machst du da?!?! Du bist zu alt, um deine Zeit mit schlechten Filmen zu vergeuden!“

      Ja, der berühmte Eier-Krauler von Jackie Chan darf nicht fehlen, ich möchte dann noch The Great Train Robbery ergänzen:

      https://youtu.be/8oTdPklBE0Y?t=2m46s

      WALL-E kannst du nicht verstehen, da du Chaplin nicht verstehst, da bist du einfach noch zu jung für 😉

      Braveheart war einer der ersten Filme, die ich auf Englisch auf VHS hatte. Ich habe den so oft gesehen, dass ich, wenn er mal im Fernsehen auf Deutsch lief, ich auf Englishc mitsprechen konnte. ^^

      Antworten
      1. Herzloser Klumpen (Tamino)

        Ich bin zu JUNG für WALLIE?^^ Disney hat sicher was zu bieten, aber ich persönlich kann da ganz klar erkennen, dass ich mit jedem weiteren Lebensjahr stärker das Interesse daran verliere und niemals einen neuen Film von denen sehen will. Das ist einfach alles viel zu konform und kindisch. Und das Gesinge mochte ich selbst als kleines Kind schon nicht. Miyazaki habe ich erst vor ein paar Jahren kennengelernt und wenn ich höre, dass er der „japanische Disney“ sei kommt mir das fast wie eine Beleidigung vor. Disneys Werke sind ganz klar naive Kinderfilme, die man vielleicht auch später noch gucken kann. Miyazakis Filme sind ganz klar mehr als das. Ich hatte ja als Kind nicht mal was von denen gehört, aber entdecke die in letzter Zeit alle. MONONOKE und NAUSICAA fühlen sich nicht wie Kinderfilme an. Da gibt es einen reifen Umgang mit Themen, nicht ein „die bösen sind hässlich, die guten hübsch“. Für Disney habe ich ausschließlich aus Nostalgie noch was übrig.

        Antworten
  4. Herzloser Klumpen (Tamino)

    Bevor ich zu IN BRUGES meinen Senf ablasse, der für mich gestern nämlich leider, leider wirklich GAR NICHT funktioniert hat (und den ich echt vor unendlicher Langeweile abgebrochen hätte, wenn ich nicht jetzt mit euch über ihn hätte reden wollen), gebe ich noch meine Bestätigung von Daniels Äußerungen in Bezug auf die HARRY POTTER-Filme. Wer die Bücher nicht kennt/ mag, braucht die Filme nicht schauen. Ehrlich gesagt sind sie wahrscheinlich auch nicht besser, wenn man – wie ich – großer Fan der Bücher ist. Ich mag die ersten drei noch ganz gerne, weil der völlig fehlbesetzte Daniel Radcliffe als Kind noch erträglich ist, der Tone noch am besten stimmt und Dumbledore (vor allem der von Richard Harris) noch kein unsympathischer Psychopat ist. Ich hasse dann den vierten, da das mein Lieblingsbuch war und sie die beste Story der Reihe aufs Erbärmlichste verstümmelt haben. Die folgenden Filme waren größtenteils erträglich – mal mehr, mal weniger – aber insgesamt einfach ziemlich belanglos. Die Atmosphäre und vor allem der Look stimmt bei fast allen Filmen der Reihe, inhaltlich ist das meiste aber voll verhunzt oder völlig falsch gekürzt, sodass sich der Charme der Bücher niemals über das Optische hinaus in den Filmen einstellen kann.

    Jetzt aber zum Film. Eins vorweg: Ich will hier wirklich nichts grundlos schlechtreden sondern gebe einfach nur meine frustrierte Seherfahrung von gestern wieder. Ich weiß auch, dass ich hier in der krassen Minderheit bin, aber ich muss leider ganz ehrlich sagen, dass ich IN BRUGES wirklich kaum ertragen habe. Er hat mich einfach nur angeödet und das Ende fand ich geradezu lächerlich schlecht.

    Es gibt sicherlich schon mal ein paar formale Stolpersteine, die mir den Film vonvornherein schwierig machen. Erstens: Ich mochte noch Collin Farrell noch nie und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Hier war er sicher besser als im TOTAL REMAKE oder in seinen sonstigen belanglose Werken, aber ich mag ihn an sich nicht und ich kann da halt einfach nichts machen. Wenn ich sein Gesicht sehe, bin ich schon im „meh“-Modus. Zweitens: Ich mag äußerst selten Filme, die Humor und Emotionalität miteinander verbinden. Sowas stößt bei mir nahezu immer auf völliges Unverständnis. Zu Beginn des Films beleidigt Ray z. B. einen übergewichtigen Mann, der ihm dann auf die Fresse hauen will (gleich mal äußerst anspruchsvoller Humor) und später schlägt er in einem Restaurant ein Pärchen KO. Fand ich beides schon mal ziemlich dämlich, aber wenn dann am Ende auf die Tränendrüse gedrückt wird, bin ich einfach nur sowas von überhaupt nicht dabei. Dramedy läuft bei mir nicht und so wie hier echt gar nicht. Ich brauche einen konsistenten Tone und ich kann nicht von plattem „Ich hau ihm auf die Fresse“-Humor zu „Oh nein, er hat einen Jungen erschossen“ hin und herspringen. Für viele scheint das überhaupt kein Problem zu sein, aber mich wirft das die ganze Zeit aus dem Film raus. Ich kann die Figuren nicht ernst nehmen und mir ist daher ihr Schicksal sowas von egal. Ein HOT FUZZ funktioniert für mich als Komödie. Der versucht nicht, dass Simon Peggs Charakter mir als Mensch ans Herz wächst, sondern es geht nur um Humor. Aber bei IN BRUGES scheint der Humor ja vermutlich sogar der untergeordnete Part zu sein (?)

    Wiedermal finde ich es erstaunlich, wie unterschiedlich es sein kann, wann einen ein Film in moralischer Hinsicht zum Nachdenken anregt oder eben überhaupt nicht. So wie ich mit Arne in der Diskussion zu SNOWPIERCER völlig verständnislos war, wie man in so einem oberflächlichen Trashfeuerwerk überhaupt auf die Idee kommen kann, da in Bezug auf Gesellschaftsanalyse mehr draus ziehen zu wollen, verstehe ich ebenfalls bei IN BRUGES nicht im mindesten, wieso ich mir nach mäßig amüsanten „der Dwarf dealt mit Drogen“-Witzen moralische Konzepte von Schuld hinterfragen sollte. Wie lädt mich ein IN BRUGES dazu ein? Ja, die Themen sind da, aber was soll ich denn mit dieser Verpackung anfangen?

    Ich raffe halt auch überhaupt nicht, was an den Charakteren so geil sein soll. Das loben ja echt alle bei dem Film. Ich allerdings fand hier niemanden sympatisch, einprägsam oder sonderlich interessant,, was mir zum „einen Shit geben“ nicht gerade geholfen hat. Tiefe soll hier bei quasi allen Figuren sein? Na ja. Es ist schon vonvornherein völlig unmöglich, in einem 100 Minuten-Film mehr als den 1-2 Hauptcharakteren Tiefe zu geben. Das geht einfach nicht und muss auch nicht unbedingt sein. HEAT ist das beste Beispiel. Der geht ne Stunde länger als IN BRUGES und hat zwei tiefe Hauptcharaktere, von denen man im Laufe der Handlung ein enorm gutes Gefühl bekommt. Alle anderen Figuren sind hauptsächlich in Bezug auf sie interessant und können einfach nicht alle eine ähnliche Tiefe erhalten. Was mich aber bei IN BRUGES in Bezug auf sein Drama total stört ist, dass sich keiner dieser Leuten auch nur ansatzweise wie ein echter Mensch anfühlt. Wie soll man denn ein Gefühl von Glaubwürdigkeit und „philosophisch würdevoller Umgebung“ bekommen (boa klingt das versnobbt), wenn permanent dumme Sachen passieren und jeder Dialog total künstlich auf dynamisch getrimmt wirkt. Ken springt mit einem Bauchklatscher von Dach auf den Marktplatz, Blut spritzt durch die Gegend und danach unterhält sich danach noch mit Ray? Warum? Was soll das? Daher kann ich den Film niemals auf einer emotionalen Ebene mit den Figuren bonden.

    Da das emotionale Drama bei mir also vollkommen ausgeklammert ist, kann der Film nur noch auf einer symbolischen Ebene funktionieren und das tut er zumindest ein wenig. Die Idee mit den zwei verschiedenen Typen von Auftragskillern, die sich in der „Vorhölle“ (oder war es Fegefeuer?) Brügge in gewisser Weise verändern, klingt schon ganz cool. Arne sagt allerdings an einer Stelle, am Ende könne man sich für Ray wünschen, was mit ihm passieren soll. Wie soll ich das denn machen? Er ist mir als Mensch einfach nur scheißegal, weil er sich nicht wie ein Mensch anfühlt.

    Was die Audiovisualität angeht war ich halt echt angeödet. Die Kamera fand ich jetzt nicht super schlecht oder so, aber allein dadurch, dass der ganze Film an so einem (für mich) einschläferndem Ort spielt, war ich einfach nicht dabei. Was aber die Musik angeht, muss ich echt sagen, dass ich sie unfassbar belanglos fand. Sie war enorm repetitiv und wirklich die Inkarnation von ödem vor-sich-hin-Plätschern. Sie ist mir daher auch unangenehm aufgefallen, weil sie so öde war, dass ich sie nicht ignorieren konnte (klingt paradox, ist es aber nicht, hehe). Ich bin musikalisch auch überhaupt nicht auf Melancholie aus. Ich steh halt auf Ennio Morricone, den FURY ROAD Soundtrack oder John Carpenter in Sachen Filmmusik, also auf einprägsame Melodien. Ruhiges Geplätscher bewirkt bei mir nichts.

    Ich habe in einer Kritik gelesen, dass IN BRUGES für diesen Reviewer der erste Film gewesen sei, bei dem er hätte weinen müssen. Da musste ich echt lachen, einfach weil bei mir der Film emotional so ÜBERHAUPT GAR NICHTS ausgelöst hat. Symbolisch kann ich da ein wenig drin sehen, aber durch die gesamte Unglaubwürdigkeit des Films und des bei mir vollkommenen Desinteresses an den Figuren habe ich keinerlei emotionale Verbindung und habe auch keinerlei Bedürfnis, die Symbolik weiter ergründen zu wollen. Gewirkt hat hier nämlich NICHTS. Für mich war IN BRUGES ein absoluter Totalausfall mit 2/10 Punkten. Hätte ich wie gesagt sogar vor endloser Indifferenz abgebrochen, wenn ich nicht das Interesse gehabt hätte, mit eurer Hilfe irgendwie noch zu verstehen, was hier so viele so berührt oder belustigt oder was auch immer.

    PS: DONT LOOK NOW wird dir, Daniel, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sehr gefallen. Für mich in jeder Hinsicht das brillant inszenierte Drama, das IN BRUGES zu keiner Zeit sein konnte.

    Antworten
    1. Arne (jacker)

      So, ich melde mich mal zu Wort, auch wenn ich gar nicht so richtig weiß, was ich darauf antworten kann. Zunächst mal schade, dass auch der Film dir mal wieder wenig geben konnte und die gegen Unendlich gehende Verständnisbarriere zwischen unseren gegenseitigen Filmgeschmäckern scheint mal wieder ein paar Kilometer gewachsen zu sein.

      Auf all die Punkte, die du aufführst kann ich nur erwidern, dass sie sich für mich scheinbar exakt andersherum auswirken. Von der ersten Sekunde an liebe ich die Kulissen in dieser alten Stadt, ich könnte die ganze Zeit nur dabei zu sehen, wie die Kamera bei Nacht durch diesen Ort fährt.

      Und von der ersten Sekunde an finde ich beide Hauptfiguren auf völlig unterschiedliche Art sympathisch und schließe sie direkt ins Herz (der quängelige Ray, der mir einfach nur Leid tut (vor allem, weil ich den Film eben schon fast auswendig kenne) und der interessierte, liebenswerte Ken, der einfach knuffig ist). Deswegen ist mir das auch keineswegs scheißegal was mit ihnen passiert, denn beide haben auf ihre Art sehr menschliche Eigenschaften und sind mir halt schlichtweg mega-sympathisch. Ich könnte auch heulen gegen Ende, weil ich Ray so sehr seine zweite Chance im leben wünsche!

      Und von der ersten Sekunde an LIEBE ich den Score des Films. Bei mir ist es mit Filmmusik auch exakt umgedreht – markante Filmmusik geht mir meisten ziemlich schnell auf den Senkel, wobei passiv-stimmungsvolle Untermalung bei mir emotional exakt die richtigen Hebel umlegt.

      Ich kann bei dir nicht so richtig einschätzen welche Art von Humor du eigentlich magst – aus euren Podcasts schließe ich: bis auf NAKED GUN und Trash gar keinen? – denn mir scheint es, als lösten die geringsten Anzeichen davon bei dir fast immer direktes Kotzen aus. Allein wie du den Humor hier beschreibst, gibt mir nur ein großes Fragezeichen. Klar hat der Film Humor, genauso wie Drama- und Gangsterfilm-elemente, aber es ist doch kein Pointen-Gekloppe, und dass ihn die Amerikaner foppen wollen nur ein netter Seitenhieb auf Ignoranz und Vorurteile. Außerdem zeigt die Szene gut das völlig andere Ticken von Ken und Ray und wie sehr nett gemeinte Worte trotzdem im falschen hals landen können. Ich finde IN BRUGES auch recht witzig, aber immer nur aus eine Situations-Skurrilität heraus.

      Zu den tonalen Wechseln kann man eigentlich auch nur sagen: Entweder man kommt damit klar, oder eben nicht. Bei dir scheint das ein extrem rotes Tuch zu sein, ich empfinde es meist als angenehm und facettenreich. Hier wird doch vor allem nicht ständig wild hin und her gesprungen, der Film ist in meinen Augen im Tone und Atmo sogar sehr konstant, aber eben etwas postmodern, weil man ihn nicht auf ein Genre verorten kann – alles ist aber von tiefer Melancholie durchzogen..

      Ich kann echt nur wiederholen, was wir im Podcast alles gesagt haben, daher hat das eigentlich wenig Sinn 😀 Warum wir das alles so toll finden, haben wir doch ganz gut auf den Punkt gebracht, denke ich.

      Antworten
  5. Herzloser Klumpen (Tamino)

    Mit Comedy ist das in der Tat schwierig bei mir. Ich mag NAKED GUN und den ersten AUSTIN POWERS was abgedrehten Humor angeht ziemlich exklusiv und ansonsten finde ich hin und wieder eine Comedy ganz cool wie VERY BAD THINGS oder ADAMS ÄPFEL und natürlich THE BIG LEBOWSKI. Da kommt aber eigentlich nie was über 7-8 Punkte hinaus und selbst das ist schon selten. Ich schaue inzwischen echt enorm selten Comedies, weil ich die einfach nie sonderlich lustig finde. Das ist ein wenig so wie mit Stand-Up Comedy: wenn ich so deutlich spüre, das ich zum Lachen gebracht werden soll, klappt das oft nicht mehr so recht. Humor muss sich für mich in einer Geschichte natürlich ergeben und darf niemals geschrieben wirken. Bei IN BRUGES kommt mir jeder Dialog enorm aufgesetzt vor und ödet mich daher an.

    Bei Trashfilmen habe ich da eine völlig neue Ebene von Belustigung entdeckt, die keine Comedy bei mir jemals erreichen konnte. Solche Formen von Obskurität und fatalem Scheitern geben mir so viel mehr als schlichte Gags. Wenn ich hier mit Hannes Filme wie GENESIS 3 angucke, liegen wir teilweise minutenlang keuchend auf dem Boden, weil du dir gewisse Szenen in Verbindung mit einer bescheuerten Synchro und im Kontext eines quasi budgetlosen Trash-Sci-Fi-Werkes einfach nicht ausdenken kannst. So etwas wie THE ROOM muss entstehen; es ist nicht planbar und daher so besonders. Dagegen kommt mir der Humor von IN BRUGES halt echt kläglich vor. Die Szene mit dem Telefon und „You’re an anonymous object!“ fand ich noch ganz nett – zumindest bevor der Witz wieder entwertet wurde, indem sich Harry danach bei seiner Frau dafür entschuldigt. Aber ich habe ansonsten niemals ansatzweise gelacht hier. Über Humor kann man halt nicht reden, klar, aber teilweise war das Niveau hier schon echt stumpf, was einfach nicht mit starken Emotionen zusammen geht, die der Film am Ende erzeugen will.

    Deswegen hasse ich übrigens auch jede Sekunde bei den Simpsons, in der mir irgendeine dieser Figuren ans Herz wachsen soll. Dann kommt immer aus dem Nichts diese traurige Musik und Homer entschuldigt sich bei Marge für irgendwas, bekräftigt seine Liebe zu ihm und sie nimmt ihn in den Arm und sagt „oh Homie…“. Und ich denk einfach nur: was für eine Scheiße. Die Simpsons guckt man doch, um sich zu belustigen. Wie könnte ich diese absolut eindimensionalen Figuren, die sich seit 25 Jahren nicht im mindesten entwickelt haben, in irgendeiner Weise emotional in mein Herz schließen? Das sind doch keine authentischen Figuren, das sind gelbe Comic-Strichmännchen, Karikaturen.

    Ihr habt ja schon ausführlich in der Sendung besprochen, was ihr an dem Film mochtet, aber was ich halt nicht verstehe ist, wie dieser Film, selbst wenn all diese Aspekte viel besser funktionieren als bei mir, über 6-7 Punkte hinauskommen kann. Ich verstehe, das man 2001, AVATAR oder ERASERHEAD als Lieblingsfilm haben kann, aber IN BRUGES? What? Das geht nicht in meinen Kopf. What the fuck ist denn so besonders an diesem Film? Das ist halt irgend so ein kleiner moderner Gangsterfilm so wie SNATCH oder SMOKIN ACES, der nur noch mehr auf die Tränendrüse drückt und daher für mich halt völlig kaputtgeht. Ich seh da überhaupt nichts besonderes drin. Zeig mir ein Bild in dem Film, was im Kopf bleibt. IN BRUGES ist so konventionell, dass er für mich niemals in irgendwelche höheren Regionen vorstoßen könnte. Der häufige Vergleich mit PULP FICTION ist doch der größte Witz ever. Der hat ein ganzes Genre neu erfunden mit seinen ikonischen Figuren und Dialogen. IN BRUGES ist dagegen einer von hunderten Filmen in diesem neuen Genre. Ist jetzt jeder skurrile Gangster-Film mit überdurchschnittlich vielen Dialogen der neue PULP FICTION oder was? Du hast das ja auch gar nicht behauptet, aber ich lese das überall und raffs nicht. Wer will mir denn erzählen, das IN BRUGES Ikonizität habe? Wie sollte ich denn diesen Film zitieren können oder mich an seine Figuren in einem anderen Kontext erinnern? Es muss natürlich auch nicht gleich jeder Film an PULP FICTION rankommen, aber das das so oft geschrieben wird, verstehe ich halt mal gar nicht.

    Eine Sache noch. Paula hatte das soweit ich mich erinnere auch an einer Stelle angedeutet. Was ich halt überhaupt nicht verstehe ist diese Geschichte mit dem Ehrenkodex oder Gewissen dieser Mörder. Wer wird denn Auftragskiller, wenn er einen Ehrenkodex hat? Ich bringe doch beruflich keine Menschen um, wenn ich der Typ bin, der sich einreden muss, etwas Gutes damit zu tun. Wer Auftragskiller ist, der interessiert sich einen Scheiß für das Leben anderer. Er bringt FÜR GELD Menschen um. Er ist kein RAF-Terrorist, der meint, damit die Welt verbessern zu können. Ich finde daher dieses ganze Thema in bezug auf Auftragskiller enorm deplaziert. DER SCHAKAL zeigt einen Auftragskiller so, wie er wohl sein wird: kaltblütig und jedweder Moral gegenüber indifferent. Wenn du anders wärst, würdest du diesen Job doch niemals machen.

    Daher fand ich das Ende des Films auch so enorm schlecht, dass ich statt 3 sogar 2 Punkte gegeben habe. Wie er da auf der Trage liegt und seine Freundin um ihn weint fand ich so unverdient und unangemessen, dass ich fast sauer wurde. Der Typ hat für Geld Leute erschossen. Warum in aller Welt sollte ich traurig um ihn sein? Weil er lustige Augenbrauen hat? Wenn Hitler auf dem Sterbebett sagt, dass ihm alles so Leit täte was er gemacht habe, bin ich dann zu Tränen gerührt? Ray hat sich dazu entschlossen, Menschen für Geld umzubringen. Und jetzt sind wir plötzlich voll auf seiner Seite, weil wir ihn zwei Tage in Brügge beim gelegentlichen Schluchzen gesehen haben? What? Wie schlecht ist das denn bitte? Was zum teufel sollte mich denn als Zuschaue auf seine Seite ziehen? Weil er ein lustiger Typ ist und wie ein bockiges Kind wirkt? Whaaaat?

    Diesen Punkt verstehe ich echt so überhaupt nicht. Warum sollte ich diesem menschlichen Abfall eine zweite Chance wünschen? Über Musik, Humor und Dialoge kann man sich ja streiten, aber wie mir diese blasse Idiot ans Herz wachsen soll, ist mir einfach nur ein vollkommenes Rätsel.

    Antworten
    1. Daniel Beitragsautor

      Du bist aber auch echt immer so extrem. ^^ Du hast so viele Regeln und Grenzen, die ein Film nicht überschreiten darf, sonst ist er gleich unten durch bei dir. Wie du, sah ich das ja ähnlich, dass die Stärken des Films nicht in seiner Audiovisualität liegen. Daher kann er natürlich nicht an der Messlatte bestehen, an die du ihn anlegst.

      Aber die Stärken lässt du eben unter den Tisch fallen, und das ist das extrem dichte Skript. Ich habe selbten einen Film gesehen, der so gut konstruiert war, wo jeder Gag, der noch so billig war, sich am Ende als epische Vorausdeutung herausstellte. Selbst Meisterwerke haben oft Deus-Ex-Machina-Momente, wie der cheesie Kuss bei Matrix oder die Adler bei Lord of the Rings. Brügge nicht, der ist komplett durchkomponiert und das macht ihn dann eben doch besonders.

      Deine anderen Punkte sind halt alles Suspension-of-disbelieve-Probleme. Ich sehe auch, dass die Dialoge in Brügge nicht „echt“ sind, aber soetwas stört mich nicht, das genieße ich, wie eine gute Komposition. Snatch finde ich entsprechend auch großartig. Ich habe den mal für 5 Euro in so eine Doppel-Edition zusammen mit Layer Cake gekauft und beide hintereinander gesehen. Und obwohl ich Laywer Cake durchaus mochte, hatte den SNATCH nach fünf Minuten komplett deklassiert, weil er einfach viel besser geschrieben ist.

      Genauso Suspension-Problem ist, dass du den Gangstern nicht abnimmst, einen Ehrenkodex zu haben. Klar macht dann der Film für dich keinen Sinn mehr, aber dann kannst du auch anfangen zu fragen, wie denn der blöde Ring von Frodo so gefährlich sein kann, oder warum Lukes Schuss in Episode IV so einen komischen Bogen fliegt, bevor er in den Schacht eindringt.

      Genauso geht es mit Ray weiter, was für dich ein Arsch mit wackelnden Augenbrauen ist, kann man halt auch als Charakter mit Tiefe sehen. Klar ist der ein Arsch, das bezweifelt ja keiner, aber er hat eben auch eine Depression und bereut seine Taten, was ihn für mich spannend macht. Genauso kannst du ja auch schimpfen, dass Han Solo ein Arschloch ist, der sogar zuerst schießt! Oder hier eine 1-Stern-Rezension von Letterboxd zu Hans Landa:

      „Woher weiß Hans Landa, dass da Shoshanna rennt (hat er die Dielen herausgenommen um dann die völlig zerschossenen Leichen zu identifizieren um dann ihren Namen hinter her zurufen?), wieso muss er ihr überhaupt ihren Namen hinter rufen und wieso verfolgt er sie nicht? Lässt er sie absichtlich laufen und wenn ja, wieso wird er nicht dafür bestraft? Oder soll das so ein völlig dämliches und unpassendes, „der Jäger spielt mit seiner Beute“-Klischee sein?“

      http://letterboxd.com/jbelka/film/inglourious-basterds/1/

      Kann man alles so sehen, aber dann ist es eben kein Wunder, dass einem ein Film nicht gefällt.

      Antworten
      1. Herzloser Klumpen (Tamino)

        Natürlich habe ich „Regeln und Grenzen, die ein Film nicht überschreiten darf“. Wie soll ich denn sonst einen Film bewerten? Es ist jetzt auch nicht so, dass ich jeden zweiten Film scheiße finde. Eher jeden dritten bis vierten 😉 Du hast genau so deine Bewertungskriterien und sei es unterbewusst. Ohne Präferenzen kann man keine Filme gucken. Ich entschuldige mich auch nicht dafür, dass ich für gemeinhin recht anspruchsvoll bin und viele gut zusammenspielende Aspekte in einem Film erwarte. „Nur“ ein gutes Skript reicht mir z B. nicht, denn das könnte ich ansonsten auch einfach lesen.

        Ich verstehe halt leider echt nicht, was bei IN BRUGES so geil durchkomponiert ist. Was ist denn so toll daran, das Ken die Münzen vom Turm wirft, mit denen er am Anfang dein Eintritt bezahlen will? Ja, die Münzen wurden am Anfang eingeführt, aber wo ist hier die Genialität? Hätte er sie auch in eine Parkuhr stecken wollen können, die dann aber kaputt war und er sie deswegen am Ende noch hatte? Oder dass der Amerikaner einen Herzinfakt hatte. Ich glaube ich verstehe diese Witze nicht mal richtig. Daher fällt es mir auch schwer von einem „genialen Skript“ zu sprechen. Für mich gehört da außerdem ein bisschen mehr zu als clevere Dialoge und ein paar gut vorbereitete Witze. Z. B. eine interessante Handlung, IN DER ich die Figuren kennen lerne. Der Film verzichtet auf eine solche ja fast, was mir ebenfalls selten viel gibt. Fast alles über die Figuren kommt über Dialoge zum Vorschein, weil sie nie etwas zu tun haben und nur Sight-Seeing in Brügge machen. Du vergleichst für meinen Geschmack außerdem einerseits wichtige Plot-Points (Kuss bei Matrix, Adler bei LotR) mit kleinen Details (Herzinfakt des Amerikaners, Münzen). Finde ich nicht so sinnvoll. Bei den vo dir genannten Beispielen ist das ja ein enormer Kritikpunkt an den jeweiligen Werken, da diese Momente eben so aus de Nichts kommen, aber nur weil ich einen kleinen Gag zu Beginn einer Geschichte schon vorbereite, ist das noch nicht das Kaliber, wie ein Fantasy-Epos so großartig wie es beginnt auch wieder zu Ende zu bringen (was Tolkien leider nicht so ganz gelungen ist). Da würde ich abschließend gerne noch in ein paar andere Beispiele aus dem Film von dir hören. Was genau ist so brillant am Skript? Ich sehe hier eigentlich nur nette kleine Details, die jetzt nichts mit dem Konflikt von Ray zu tun haben. MICH stören bei dem Skript vor allem die Verbindung von enorm ernstem Inhalt mit plattem Humor und das Fehlen einer interessanten Handlung, da die Charaktere den ganzen Film nichts zu tun haben außer zu reden. Ich mag es gerne in Filmen, wenn Figuren sich auch durch ihre Taten charakterisieren. Ich empfehle im Zuge dessen nochmals NAUSICAA, bei dem selbst ich übrigens stellenweise fast heulen könnte, weil die namensgebende Prinzessin so ein toller Charakter ist.

        SNATCH fand ich ganz nett. Hab den vor einigen Jahren gesehen (einmal) und hab mich gut unterhalten gefühlt. Ist aber nicht viel von hängengeblieben. Fand ich ungefähr so nett wie Guy Ritchies Erstling. Ich krieg bei dessen Filmen aber echt nie so ganz das Gefühl weg, dass das einfach nur britische PULP FICTION Klone sind. Klar, nur die wenigsten Filme können wirklich innovativ sein, aber ich würde halt meist denken: warum soll ich – auch wenn er gut ist – SNATCH gucken, wenn ich auch PULP FICTION oder RESERVOIR DOGS schauen könnte?

        Ich weiß nicht, ob ich meine Probleme hauptsächlich Suspension of Disbelief nennen würde. Ich hatte bei IN BRUGES nie das Gefühl, dass es sich um eine stimmige Filmwelt handelt, in die ich eindringen konnte, geschweige denn: wollte. Mal platt, mal emo und am Ende überlebt Ken noch einen Bauchklatscher vom Glockenturm. Wenn danach die Aliens aus LIFE OF BRIAN aufgetaucht wären und ich das kritisiert hätte, wäre das dann auch nur MEIN Problem mit Suspension of Disbelief gewesen? Und ganz ehrlich, das wär für mich nicht wirklich anders als der Bauchklatscher gewesen. Einfach nur out of place. Ich weiß nicht, ob du THE WORLD’S END geschaut hasst, aber den habe ich nach einem Drittel quasi abgeschaltet, weil er seine filmische Welt einfach ad absurdum geführt und jedweden Charme und Witz dadurch eingebüsst hat. War kein Vergleich zu SCHAUN OF THE DEAD oder HOT FUZZ, die ich beide ab und ganz gerne schaue. Es geht nicht nur darum, ob ein Film realistisch ist, sondern ob ich das Gefühl habe, dass hier ein stimmiges filmisches Universum geschaffen wurde. Und wie man das hier so wahrnehmen kann ist beyond me. Keine Figur redet realistisch und die Brutalität ist comichaft überzogen, die Emotionen sollen einen aber total abholen. Ich versteh’s nicht.

        „Kann man alles so sehen, aber dann ist es eben kein Wunder, dass einem ein Film nicht gefällt.“ Also die Aussage macht halt mal gar keinen Sinn 🙂 „Gefallen“ und „so sehen“ finden ja wohl gleichzeitig statt und keines von beidem ist an eine bewusste Entscheidung meinerseits gekoppelt. Ich suche mir nicht aus, welcher Film mir gefällt. Wenn halt jemand vom Turm springt und blutspritzend auf dem Boden aufschlägt, danach aber noch mit seinem Kumpel redet, dann verstehe ich nicht, was das soll und der Tod des Charakters wird entwertet oder sogar ins Lächerliche gezogen. In der Szene sehe ich nur wie das „geniale Skript“ verlangt, dass es noch einen traurigen Moment zwischen den beiden Charakteren gibt – auch wenn der eine halt eigentlich tot sein müsste. Er hätte ihm halt auch als Geist erscheinen können und sowas finde ich jetzt nicht so geil.

        Vielleicht passt es ganz gut zu deiner Kritik gegenüber meiner Filmrezeption wenn ich dir sage, dass ich mir ungelogen schon über die besagte Szene aus INGLOURIOUS BATSREDS einige Gedanken machen musste und sie mich in der Tat etwas stört, da ich mich frage, wieso Landa sich das vor seinen Soldaten so einfach erlauben kann. Dass er sie entkommen lässt, ist für mich aber ganz klar nachvollziehbar. Er genießt in dem Moment einfach die Macht über Leben und Tod, die ihm seine Position verleiht. Genau wie später im Film, als er von Hammersmark fanatisch erwürgt. Ihren Namen Shoshanna kennt er aus den Akten und er weiß wohl, dass sie es sein muss, weil sie das einzige Mädel in dem Alter in der gesuchte Familie war. Wie du siehst, denke ich wirklich über sowas nach. Ich bin kein Freund von „Gehirn ausschalten“-Filmeschauen.

        Wie gesagt, ich kann mir schon vorstellen, dass man IN BRUGES ganz nett findet, aber ich persönlich raffe einfach nicht, wo hier eine Begeisterung herkommt. Wir beide sind filmisch wohl auch nicht so oft auf einer Wellenlänge, da ich halt auch mit einem von dir so hoch gelobten Film wie PSYCHO nicht viel anfangen kann (mag ihn aber). Arnes Geschmack kann ich aber auch überhaupt nicht einschätzen. Was der alles als Lieblingsfilm hat ist teilweise echt schockierend 😉 Wie einen ein Hitchcock begeistern kann, verstehe ich ja leider auch nicht, auch wenn ich da gutes Handwerk sehe. Ich kann deinen Geschmack auch nicht so gut einschätzen, da ich noch nicht so viele Episoden vom Spätfilm gehört habe wie du von Second Unit. Du sagtest ja in der Episode, dass du BLADE RUNNER und IN BRUGES ähnlich bewerten würdest und da bei mir da ungefähr das Maximum an Viewing Pleasure-Diskrepanz zwischen liegt, sind wir filmisch vermutlich nicht so 100%ig auf einer Wellenlänge 😉

        Mich können eigentlich nur große, gewaltige Filme wirklich begeistern. Da muss irgendetwas Bombastisches an Audiovisualität oder World-Building rüberkommen. Einen kleinen Film wie IN BRUGES könnte ich prinzipiell zwar mögen, aber dem eine 100/100 zu geben, wie Paula es – oder Arne es fast – getan hat, begreife ich einfach nicht. Ich kann mich in so einen Geschmack einfach überhaupt nicht reindenken. Wie kann man den Film gucken und dann das Gefühl haben, dass das alles ist, was das Medium Film leisten kann.

        Aber hey, ich darf hier jetzt auch mal so viel meckern, weil du halt POSSESSION nicht mochtest. 😉 Und HEAT ja sowieso nicht 🙂

        Antworten
        1. Daniel Beitragsautor

          Ich empfehle im Zuge dessen nochmals NAUSICAA, bei dem selbst ich übrigens stellenweise fast heulen könnte, weil die namensgebende Prinzessin so ein toller Charakter ist.

          Aber bestimmt Feuertränen, oder?!

          enn halt jemand vom Turm springt und blutspritzend auf dem Boden aufschlägt, danach aber noch mit seinem Kumpel redet, dann verstehe ich nicht, was das soll und der Tod des Charakters wird entwertet oder sogar ins Lächerliche gezogen.

          Alter, das ist ein uralter filmischer Trope, dass jemand nach dem Sprung noch letzte Worte sagen darf:

          https://youtu.be/I3kmVgQHIEY?t=2h19m45s

          Natürlich ist das albern und genau darauf referenziert Brügge, denn wenn du dieses Klisché bis zum Ende durchspielst, muss Ken Ray natürlich noch die Waffe geben, damit der sich verteidigen kann und hier ist eben nicht Ken Muß sondern die Waffe!

          Ich glaube auch, dass unser Filmgeschmack sich unterscheidet, allerdings nicht so dramatisch. Filme, die bei mir hoch im Kurs stehen, sind in der Regel audiovisuelle Meisterwerke, oder Filme die etwas revolutionär neues mit dem Medium machen, wie Pulp Fiction oder Memento. Daher kommt auch meine Verehrung für Hitch. Ich glaube, ich kann in diesem Fall besser als du, mich von zeitgenössischen Sehgewohnheiten freimachen und so vielleicht besser würdigen, wie krass Hitch, Kubrick oder Kurosawa das Medium vorangebracht haben, weil sie out of the box gedacht haben und bis dahin noch nie gezeigtes erfanden.

          Wenn ich Psycho mit *hier den neuesten heißen Scheiß im Horrorfilm einfügen* vergleichst, wirkt der natürlich altbacken. Aber wenn du bedenkst, dass Psycho das Genre erfunden hat und dich einmal darauf einlässt, dein Wissen über neuere Filme einfach auszuknipsen, dann siehst du, wie perfekt durchkomponiert der ist.

          Das ist der eine Aspekt, der uns unterscheidet und der andere ist, dass ich eben Comedy viel höher schätze als du. Mich verstört eben die Kombi Witz und Emo gar nicht (ein Grund, warum ich Scrubs so super fand, wie ich in der Folge erwähnte). Ich gebe dir sogar recht, dass Homer oder WALL-E eigentlich Abziehbilder sind (wobei letzteres bei WALL-E auch schon wieder so ein Meta-Gag ist, der sagt: Seht her, wir brauchen nicht einmal mehr Menschen oder Tiere zu zeichnen, um euch zu manipulieren) trotzdem können die mir ans Herz wachsen. Wozu man natürlich ein Herz braucht :-p

          Aber hey, ich darf hier jetzt auch mal so viel meckern, weil du halt POSSESSION nicht mochtest. ? Und HEAT ja sowieso nicht 🙂

          Okay, ich gebe es zu und schreie jetzt ins Internet hinaus, das HEAT Rotz ist und nicht mithalten kann mit meinem Lieblingfilm TRANSFOMERS 4(?)!!!!! =)

          Antworten
          1. Daniel Beitragsautor

            Gerüchteweise tritt ja ein gewisser Podcast demnächst in Phase 2 ein, die möglicherweise für so etwas den Raum bieten könnte …

        2. Arne (jacker)

          Uiuiuui, hier war ja noch was los (und ich hatte irgendwie die eMail-Benachrichtigung nicht aktiviert). Ich könnte eigentlich alles was Daniel geantwortet hat selber geschrieben haben, dem hab ich nicht mehr viel hinzuzufügen.
          Aber mal zu deiner ungefähren Frage „Wie soll ich nachdem humorvolle Segmente enthalten waren etwas für die Figuren fühlen?“. Da kann ich nur laut und lang „HÄÄÄÄÄÄÄ?“ fragen. Ich verstehe nicht im geringsten wie sich das ausschließen soll – das Leben ist doch nicht völlig humorlos, ganz im Gegenteil (Galgen-)humor ist eine große Hilfe dabei Dinge zu verarbeiten!! Und deswegen schließt sich das hier in keinster Weise aus – gerade die kindlichen Scherze, etc. und die leichte Skurrilität der Figuren bringt sie mir näher. Ich gebe Daniel recht, es sind nicht immer 1:1 Dialoge aus dem Leben, aber da sind wir wieder beim Stichwort Symbolik: Sie STEHEN immer für irgendetwas bestimmtes. Aus dem gesagten und den Dialogen kann ich immer entweder was über die Figur im speziellen ableiten, oder aber über allgemeine Themen. Deswegen z.B. ist es egal, ob echte Auftragskiller nie nen Kodex hätten – hier geht es doch darum zu zeigen, dass die Dinge nie einfach schwarz oder weiss und alles irgendwie ambivalent ist und diesen Zweck erfüllen die Dialoge perfekt.

          Und um eine weitere Frage zu beantworten: Was dir den Zugang zum Film scheinbar völlig verwehrt, nämlich der Mix an Genres, macht ihn für mich so überlebensgroß, dass ich ihn ein Mal im Monat gucken könnte: NOCH NIE habe ich erlebt, dass ein Film so perfekt verschiedenste genres jongliert, aber im Resultat tonal ein so unglaublich rundes Paket daraus schnürt. Die Feststellung, dass Humor und Drama in Kombination gebracht werden, sagt nämlich über den gesamten Tone noch gar nichts – der kommt aus dem WIE der Inszenierung. Und dieses WIE ist für mich einmalig. Ganz im Gegensatz zu dir, empfinde ich IN BRUGES nämlich als das absolute GEGENTEIL eines tonalen Clusterfucks. Da ist so viel drin und dennoch kommt am Ende eine völlig homogene Mischung raus. Hab ich so davor und danach nicht wieder erlebt, war deswegen sofort verliebt in den Film und habe jetzt im Podcast gemerkt, dass es wirklich nichts darin gibt, was mich stört, oder was ich beim Legen auf die Goldwaage nicht entweder über symbolische Funktion (z.B. Turmsturz) oder inhaltliche/charakterliche Funktion rechtfertigen kann.

          Antworten
  6. Pingback: Second Unit #176 (Holiday Special Part 2 [2015]) | Second Unit

  7. Pingback: Podcast(s): Durch den Podcatcher gejagt #17 (2016) | jacker's 2 Cents…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.