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SF48 – Bande de filles (Regisseurinnen-Reihe)

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Paula
Überbezahlter Superstar
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Daniel
Verkannter Regisseur


Vic comme victoire

Wir haben uns wie Amazonen die Brüste abgebunden und sind strahlend wie Diamanten zurück in den Pariser Banlieues. Dort fragten wir uns, wie man eigentlich aufräumt, trafen den Monopoly Guy, Kleinkriminelle, langsam erzählte Drogendealer mit blonden Perücken, eine Girlhood, Messerkämpfe, den Blick von Katniss Everdeen sowie Seth Rogens Rückenbehaarung. Dieser Podcast ist die All-Black-Badass-Version des Spätfilms. Ein Ende bereitete dem Ganzen König Leonidas, der uns einen Abhang hinunter kickte.

SF48 - Bande de Filles

SF48 – Bande de filles

Vorgeplänkel & Abschweifungen

Das CinemaSins-Video zu Episode 1 – Ja, klar „Symbiose“ ♦ Daniel Radcliffe wird immer mit Elijah Wood verwechselt ♦ Der Dino-Film mit Whoopi Goldberg heißt Theodore RexNo Such Thing As A Fish ♦ Der Fußballbaum in Litauen ♦ Harmontown erklärt den Monopoly-Guy-Trope, der Freund von Dan Harmon, der Daniel nicht einfällt, ist Rob Schrab ♦ Paula würde gerne so sterben durch einen Tritt von König Leonidas, Daniel wie Vito Corleone ♦ Das Seth Rogen/James Franco Remake von Kanye Wests Bound 3 ♦ Der Podcast Schöne Ecken ♦ Paula beantwortete diese Frage

Die Eckdaten zu Bande de filles

Erscheinungsjahr: 2014
Regie: Céline Sciamma
– Filmographie:
2014
Bande de filles
2011 Tomboy
2007 Naissance des pieuvres
Budget: ca. 3 Mio €
Besetzung: Karidia Touré (Marieme), Assa Sylla (Lady), Marietou Touré (Fily), Lindsay Karamoh (Adiatou)
Genre: Drama, Coming of Age

Die Produktion von Bande de filles

Bande de filles bildet zusammen mit Naissance des pieuvres und Tomboy eine lose Coming-of-Age-Trilogie. Sciamma ist selbst in einem Banlieue aufgewachsen und war fasziniert von den schwarzen Mädchengangs, sodass sie zunächst anfing, die Charaktere zu entwerfen und erst darauf aufbauend die Story schrieb.

„I didn’t feel I was making the film about black women but with black women-it’s not the same. I’m not saying, ‚I’m going to tell you what it’s like being black in France today‘; I just want to give a face to the French youth I’m looking at“

Céline Sciamma

Da sie in französischen Theatern und Schauspielschulen quasi nur weiße Schauspielerinnen fanden, fing Sciammas Team an, die Schauspielerinnen auf der Straße, in Einkaufszentren und Bahnhöfen zu casten. Vier Monate lang suchten sie nach geeigneten Schauspielerinnen.

Das Schwerste war, die Rechte, an dem Song Diamonds von Rihanna zu bekommen, da die normalen Gebühren das Budget gesprengt hätten. Sciamma drehte die Szene, ohne die Rechte zu haben und schickte sie Rihannas Management zu. Nachdem dieses die Szene gesehen hatte und mochte, machten sie Sciamma ein Angebot über Gebühren, die im Rahmen ihres Budgets lagen.

Filmisches Erzählen in Bande de filles

Der Film ist in drei Abschnitte unterteilt, die visuell so unterschieden werden, dass Marieme jeweils in einem anderen Look auftritt. Zu Beginn trägt sie lange Rastazöpfe und sportliche Klamotten. Nachdem sie in der Mädchengang angekommen ist, trägt sie lange geglättete Haare und im letzten Abschnitt Kurze Haare mit Cornrows abwechselnd mit einer blonden Perrücke bei ihrer Arbeit als Drogenkurierin.

„At the end of each, the screen cuts to black, electro music (by “Water Lilies” composer Para One) swells and the character re-emerges with an entirely new identity“

Variety

Die erste (und die zweite) Szene

Der Film setzt gleich ab der ersten Szene sein Thema: Auseinandersetzung mit weiblichen Geschlechterrollen. Wir sehen zunächst ein American-Football-Spiel mit weiblichen Spielerinnen. Die Frauen üben also einen Sport aus, der als typisch männlich gilt. Dies wird kontrastiert mit der nächsten Szene, in der die Mädchen nach dem Training laut schwatzend nach Hause laufen, doch sobald sie auf eine Gruppe von Jungs stoßen, werden sie schlagartig still.

Die Rolle der Weiblichkeit

„Céline Sciamma’s girl-gang movie is a disarming affair, a long way removed from the macho posturing of other French films set in the Banlieue, such as La Haine.“

The Independent

Das durch den Auftakt und die verschiedenen Looks von Marieme gesetzte Thema ist das Ausloten verschiedener Spielarten von Weiblichkeit. Dies wird während des ganzen Films weiter ausgearbeitet. Beispielsweise, indem die Mädchen sich prügeln und anderes Verhalten zeigen, das nicht dem weiblichen Klischee entspricht. Ferner soll Marieme nach dem Willen ihrer Mutter Putzfrau werden, also auch einen typisch weiblichen Job ausüben, aber sie verweigert sich dem. Als Marieme später für den Dealer arbeitet bindet sie sich die Brüste ab – dies könnte eine Andeutung von Transsexualität sein, verweist aber auch auf den Mythos der Amazonen. Marieme macht dies, um nicht Gefahr zu laufen, für ihren Dealer anschaffen gehen zu müssen. Sie verweigert sich also wieder einer klassisch weiblichen Rolle. Marieme entzieht sich außerdem immer weiter dem Einfluss ihres gewalttätigen großen Bruders.

Die Diamonds-Szene

„It’s a beautiful, tender, exhilarating scene, which Sciamma rightly allows to play out for the whole length of the song.“

The Guardian

In dieser Szene tanzen und singen die Mädchen Playback zu Rihannas Lied Diamonds in einem blau ausgeleuchteten Hotelzimmer. In dem Lied heißt es unter anderem:

So shine bright, tonight you and I
We’re beautiful like diamonds in the sky
Eye to eye, so alive
We’re beautiful like diamonds in the sky

Interessant an der Szene ist, dass diese Szene einen Kontrast bildet zum sonstigen Verhalten der vier Mädchen. Während es im Rest des Films immer darum geht eine möglichst harte Fassade vor allem gegenüber Männern aufzubauen, zelebrieren die vier hier quasi ihre Weiblichkeit. Interessant ist dabei, dass sie sich mit geklauten Abendkleidern auftakeln und besonders schick machen, dann aber nicht ausgehen und/oder Männer damit beeindrucken, sondern nur für sich bleiben. Wie in der ersten Szene und in der Art, wie Marieme ihre Liebesbeziehung führt, wird hier die Lebensfreude und die Freude an der eigenen Weiblichkeit als etwas sehr privates gezeigt, das vor der Gesellschaft versteckt werden muss.

Vergleich mit La Haine und Stand by Me

„While the movie has a lot to say about the general condition of being a girl, in the Paris banlieues and elsewhere, it never loses sight of the specific girl at its heart.“

New York Times

In den letzten Wochen hatten wir zwei Filme besprochen, die diesem einerseits sehr ähnlich sind und sich andererseits sehr von ihm unterscheiden. La Haine spielte wie Bande de filles in einem Pariser Banlieue und Stand by Me war ebenfalls ein Coming-of-Age-Film, bei dem eine Bande oder Clique im Vordergrund stand.

Im Unterschied zu La Haine ist Bande de filles aber viel zurückhaltender inszeniert. Während bei La Haine von der ersten Minute an klar war, was die These des Films ist, ist Bande de filles viel mehr Coming-of-Age-Film dahingehend, dass die Kamera Marieme durch ihr Leben folgt und sie beobachtet, ohne immer eine Position zu beziehen. In diesem Aspekt erinnert der Film tatsächlich eher an Linklaters Boyhood.

Die Bilder

Die Kamera ist insgesamt sehr zurückhaltend. Der Film ist langsam erzählt. Die Kamera ist eher statisch. Allerdings gibt es viele, sehr schön komponierte Shots. Shots bei denen durch Blocking, Arrangement der Requisiten und Beleuchtung wunderschöne Bilder erzeugt werden. Dies sieht man sehr gut an dieser Einstellung, die eigentlich nur eine Unterschichten-Küche, also etwas sehr tristes zeigt, das aber wunderschön eingefangen wurde:

Screenshot aus Bande de filles

Screenshot aus Bande de filles

Der weibliche Coming-of-Age-Film

„I’m trying to talk about girlhood universally, really trying to make this classic coming-of-age story, but with a very contemporary character. I wanted to get that feeling.“

Céline Sciamma

Außer Bande de filles und Stand by Me hatten wir außerdem schon Breakfast Club von John Hughes im Podcast besprochen. Schon in Breakfast Club ist ein zumindest 2/5. weiblicher Coming-of-Age-Film. Darüber hinaus hat John Hughes aber auch dezidiert weibliche CoA-Filme gemacht, wie Pretty in Pink und Sixteen Candles. Das Bild, das dort von Weiblichkeit gezeichnet wird, ist das von Prinzessinen, die ihren Traumprinz finden wollen. Eine klassische Aschenputtel-Erzählung, wie wir sie auch schon in Drei Haselnüsse für Aschenbrödel sahen, wobei letzterer Film durch eine eher starke Frau überraschte. Jedenfalls ist das Bild der Prinzessin der Standard-Trope für weibliche CoA-Geschichten in Hollywood. Alle Disney-Prinzessinen außer Frozen entsprechen ihm genauso, wie etwa die weibliche Hauptrollen in Filmen wie She’s All That oder 10 Things I Hate About You, genauso wie der französische Klassiker La Boum. Allerdings gibt es im Independent-Kino einige Gegenbeispiele wie Bend It Like Beckham oder Vi är bäst! und Spring Breakers, in denen Weiblichkeit differenzierter dargestellt wird.

Zitate & Referenzen

1955 Rebel Without a Cause – Mariemes Kampfszene verweist auf den berühmten Messerkampf im Urfilm des Genres.
Video auf Youtube
1980 La Boum – Der Spitzname Vic für Marieme verweist auf die Protagonistin im französischen CoA-Klassiker.
1998 Sex and the CityDer Guardian nennt Bande de filles eine „badass all-black version of Sex and the City“.
2006 Friday Night Lights – Das Footballspiel am Anfang zitiert laut Sciamma diese Serie.

Die Rezeption von Bande de filles

Der Film ist leider sehr gefloppt. Von den 3 Millionen Euro Produktionskosten konnte er nur 1,68 Millionen wieder einspielen. er hatte 300.000 Kinobesucher in Frankreich. Zum Vergleich: Den erfolgreichsten französischen Film Willkommen bei den Sch’tis sahen 20 Millionen Menschen und den zweiterfolgreichsten Film Ziemlich beste Freunde sahen 19 Millionen. International wurde der Film unter dem Titel Girlhood vermarktet, um ein wenig auf der Erfolgswelle von Richard Linklaters Boyhood mitzuschwimmen.

Preise & Bestenlisten

Der Film gewann auf diversen kleineren Filmfestivals Preise, zum Beispiel:

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Eckdaten

Erscheinungsjahr: 1984
Regie: Fritz Kiersch
– Filmographie (Auswahl):
1984 Children of the Corn
1985 Tuff Turf
1987 Gor
1988 Under The Broadwalk
2006 The Hunt
Budget: 800.000 $
Besetzung: Linda Hamilton (Vicky), Peter Horton (Burt), John Franklin (Isaac), Courtney Gains (Malachai)
Genre: Horror

Die Handlung in fünf Sätzen

Mit Spoilern …
lustig ist traurig

In einem Kaff in Nebraska kam eine Horde Kinder auf die total geniale Idee, eine Mais-Religion zu gründen, bei der alle, die älter als 18 Jahre sind, sterben müssen (Spitzen-Idee – diese Religion ist wirklich auf Nachhaltigkeit ausgerichtet). Das erwachsene Pärchen Vicky und Burt strandet in dem Kaff und muss sich seiner Haut erwehren. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, womit ich die anderen drei – jetzt noch zwei – Sätze füllen kann. Ach ja: Zwischen den Sektenführern Isaac und Malachai gibt es einen Machtkampf an dessen Ende beide tot sind und der sonst gar nichts mit der restlichen Handlung des Films zu tun hat. Am Ende stellt sich außerdem heraus, dass im Maisfeld ein Monster wohnt, welches die Kinder verführt hat, doch Burt fackelt nicht lange sondern das Maisfeld ab und alles ist gut.

Filmisches Erzählen

Das Gute zuerst: Der Film ist solide fotografiert, wenn man ihm verzeiht, dass er diesen üblen braunen Look hat, den viele billige 70er und 80er Streifen haben. Außerdem – hey – ein Film ohne Terminator, in dem Linda Hamilton mitspielen darf!

Und nun das Schlechte: Das Drehbuch ist so krude zusammengeschustert, dass man eigentlich nur darüber lachen kann. Zum Beispiel werden wir in den Film eingeführt, indem wir die Perspektive (inklusive eines Voice Overs) des kleine Job einnehmen. Das hat der Film aber nach einer Szene schon vergessen und erzählt dann die Geschichte von Vicky und Burt. Gewissermaßen um die erste Szene zu rechtfertigen, kehren wir gelegentlich zu Job zurück und sehen vollkommen belanglose Szenen, die überhaupt nichts zur Handlung beitragen. So wird zum Beispiel etabliert, dass Jobs Freundin Sarah Telepathin ist und ihre Visionen aufmalt. Und was macht der Film dann mit dieser Info? Richtig: Nichts.

Natürlich benehmen sich auch Burt und Vicky wieder Genre-typisch dämlich. So macht Vicky erst einmal ein Nickerchen, nachdem sie eine Leiche entdeckt hat (In einem anderen Film wäre sie dafür gestorben, aber dieser reiht das natürlich nur wieder in den Reigen sinnloser Szenen ein). Außerdem kommen Burt und Vicky nicht auf die Idee, eine komplett ausgestorbene Stadt, in der offensichtlich etwas faul ist, zu verlassen, bis natürlich alles eskaliert.

Dann soll das Massaker an den Erwachsenen der Stadt schon drei Jahre her sein, als Burt und Vicky diese erreichen, dennoch sind die endlosen Maisfelder ordentlich bestellt. Wer hat das gemacht? Die Kinder? Das Monster? Das Monster gehört übrigens zum Schlechtesten, was ich an 80er-Special-Effects kenne. Aber mein absoluter Favorit ist, dass der Film mehrmals versucht, Mais gruselig aussehen zu lassen. Und egal wie viel Horror-Musik man unterlegt, wackelnde Maispflanzen sehen nun einmal nur wie wackelnde Maispflanzen aus …

Nachdem Burt, Vicky, Job und Sarah das traumatischste Erlebnis ihres Lebens hinter sich haben, steigen sie übrigens lachend ins Auto und fahren weg.

Die „Here’s Johnny“-Szene

Die Szene kommt nach 55:00 Minuten und es ist kein Zitat, lediglich der Trope wird gestreift. Auf der Jagd nach Vicky schlägt ein Halbstarker ein kleines Beil ins Holz einer Tür, was Vicky so aus der Fassung bringt, dass sie die Tür öffnet oder von den Kindern öffnen lässt. Das war’s

Fazit

Kein Zitat der „Here’s Johnny“-Szene, lediglich der gleiche Trope wird verwendet.