Friends come in and out of your life
Der Spätfilm begab sich auf die Suche nach einer Leiche und fand eine Rennaisance Fair, manipulierte Flipper, mit Kohl gestopfte Zigaretten, Probleme mit Vätern, die falschen Freunde, die dann doch die richtigen sind und einen männlichen Film. Das alles allerdings nur an der Oberfläche. Darunter fragten wir uns, was einen guten Coming-of-Age-Film ausmacht. Leider verloren wir unterwegs unser Mojo und entschlossen uns, leidenschaftslos doch kein Buch zu schreiben.
Vorgeplänkel
Unser Sponsor war diesmal das Tourismusbüro in Shermer, Illinois, das Zitat dazu stammt aus The Breakfast Club – Hier gibt es den Film bei Amazon* ♦ Die Frage nach der einzigen Mahlzeit stammt übrigens aus Stand by Me ♦ Schmetterling und Taucherglocke ♦ Die Studie, in der Hitch Komapatienten hilft ♦ Der Krankheitsname, auf den Daniel nicht kommt, ist das „Locked-in Syndrom“ ♦ Daniel war im Enough Talk und sprach über Superhelden ♦ Herr der Ringe landete auf Platz 6 der Charts und Duell auf Platz 11 ♦ Paula erzählt, was eine Novelle ist ♦ Der Mähnenwolf heißt im Englischen auch „Skunk Wolf“ ♦ Das Rap-Battle zwischen Hodor und Groot ♦ Dr. Paula beantwortete diese Frage ♦ Das Nietzsche-Zitat lautet korrekt: „Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern.„
Die Eckdaten von Stand by Me
Erscheinungsjahr: 1986
Regie: Rob Reiner
– Filmographie (Auswahl):
1986 Stand by Me
1987 The Princess Bride
1989 Harry and Sally
1990 Misery
1992 A Few Good Men
1994 North
2005 Rumor has it …
2007 The Bucket List
Budget: 8 Mio $
Besetzung: Wil Wheaton (Gordie Lachance), River Phoenix (Chris Chambers), Corey Feldman (Teddy Duchamp), Jerry O’Connell (Vern Tessio), Kiefer Sutherland (Ace Merrill), John Cusack (Denny Lachance), Richard Dreyfuss (Gordi als Erwachsener)
Genre: Coming of Age, Drama, Abenteuer-Film
Die Produktion von Stand by Me
Das Drehbuch
Als Buchvorlage diente die Novelle Die Leiche (The Body) von Stephen King aus dem Band Frühling, Sommer, Herbst und Tod, aus dem auch The Shawshank Redemption stammt. Columbia Pictures hatte Angst, der Titel The Body wäre verwirrend und würde eher an einen Bodybuilder-Film oder an einen Porno denken lassen. Daher entschied man sich für den Titel: Stand by Me.
Die Hauptdarsteller
Die vier Jungs in den Hauptrollen, ließen es während der Dreharbeiten so richtig krachen. Jerry O’Connell war zum Beispiel total begeistert, davon, wieviel er in dem Film fluchen durfte. Kiefer Sutherland erzählte außerdem mal in einem Interview, dass in der Nähe eines Drehortes eine Renaissance Fair war, die die Crew besuchte. Jerry O’Connell aß dort Cookies, ohne zu wissen, dass es Hasch-Cookies waren. Sie fanden ihn zwei Stunden später total breit und weinend auf dem Parkplatz.
River Phoenix, Corey Feldman, Wil Wheaton und Jerry O’Connell machten zudem in ihrem Hotel richtig viel Blödsinn. So versenkten sie das komplette Pool-Möbiliar im Pool, Will Wheaton manipulierte die Flipper so, dass sie spielen konnten, ohne bezahlen zu müssen und River Phoenix schmierte das Auto von Kiefer Sutherland komplett mit Schlamm ein. Die Jungs spielten außerdem Corey Feldman einen Streich, bei dem sie seine Kleider in Bier tränkten und anschließend wieder trocknen ließen, sodass er darin roch, wie ein Säufer.
Der Dreh
Der Tümpel mit den Blutegeln war eigens von der Crew angelegt worden, damit sie die Jungs nicht in Gefahr bringen. Allerdings stand der Tümpel dann drei Monate im Wald rum, bevor die Szene gedreht wurde, sodass die ganze Aktion ziemlich sinnlos war.
Um eine authentische Reaktion zu bekommen, sahen die Jungs die Leiche nicht bis zum Drehtag. Allerdings war ihre Reaktion dann immer noch nicht so, wie sich Reiner das vorstellte, sodass er die Kinder anschrieh, bis sie verängstigt genug für den Dreh der Szene aussahen. Da Reiner die Kinder nicht echte Zigaretten rauchen lassen wollte, stopfte die Crew die Zigaretten mit getrockneten Kohlblättern.
Als Gordie und Vern über die Brücke rennen, sieht man im letzten Shot den Zug ihnen auf den Fersen. Das war ein optischer Trick den Reiner mit einem 600 mm Teleobjektiv erzielte. Der Zug war eigentlich am anderen Ende der Brücke, aber das Tele komprimiert das Bild so, dass es aussieht, als wäre der Zug direkt hinter den Kindern.
Filmisches Erzählen in Stand by Me
Vor dem Hintergrund einer Abenteuergeschichte (Vier Jungs suchen und finden eine Leiche) behandelt der Film ernste Themen:
- Vater-Sohn-Konflikte
- Freunde, die die Eltern nicht gutheißen
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Kindesmisshandlung
- Sterblichkeit
Die Qualität des Films zeigt sich, dass diese Themen dem Zuschauer nicht mit dem Holzhammer eingedroschen werden, sondern eher latent aus einer kindlichen Perspektive erzählt.
Epische Vorausdeutung
Am Ende wird Chris von Ace mit einem Messer bedroht. In der Rahmenhandlung erfahren wir dann, dass Chris als Erwachsener erstochen wurde.
Ein männlicher Film
Der Film besteht den Bechdel-Test nicht. Es kommen im ganzen Film überhaupt nur zwei Frauen in kleinen Nebenrollen vor (Gordis Mutter und eine Café-Besitzerin). Wir fragen uns, ob der Film auch mit Mädchen funktionieren würde. Was wäre, wenn auch Mädchen Teil der Clique gewesen wären? Würde der Film dann nicht mehr funktionieren? Paula gibt zu bedenken, dass der Film ein Period Piece der 50er Jahren ist. Und dass anhand von zwei Szenen mit Gordis Mutter gezeigt wird, wie gering Frauen in den 50ern noch geschätzt wurden, sodass ein solches Abenteuer nicht dem weiblichen Rollenbild entspräche. Andererseits stellt sich die Frage, ob der Film die 50er durch und durch authentisch wiedergibt, oder ab nicht doch in der Art und Weise, wie die Jungs denken, reden und handeln, sich viel 80er zeigt.
Als wir das Thema am Ende des Podcasts noch einmal aufgreifen, zieht Daniel das Fazit, dass nicht das Problem darin besteht, dass in diesem Film so wenige Frauen zu sehen ist. Sondern darin, dass es zu wenige andere Filme gibt, die ähnliche Abenteuer mit Mädchen erzählen. Wir werden uns dem Thema im November näher widmen, wenn wir erst La Haine und dann Bande de filles besprechen werden, um zu sehen, wie en ähnliches Thema einmal aus einer männlichen und einmal aus einer weiblichen Perspektive gezeigt wird.
Voice Over
Eine Stärke des Films ist, dass er zwar mit einem Voice Over arbeitet, aber dennoch nicht mit „Show don’t tell“ bricht. Es wäre leicht gewesen in dem Voice Over die Beziehung der vier Jungs zu erzählen. Aber der Film wählt den schwereren und zugleich besseren, weil cinematischeren Weg, dass er uns immer Szenen zeigt, anhand denen wir die Beziehung der Jungs erkennen können.
Coming-of-Age-Filme
Was macht einen guten Coming-of-Age-Film aus? Daniel stellt die These auf, dass man zunächst unterscheiden muss, zwischen Filmen, die das Erwachsenwerden nur als Hintergrund für eine lustige oder skurrile Geschichte zu erzählen. Als Beispiele nennt er für solche Filme: Spider-Man, Juno, Moonrise Kingdom, American Pie oder Superbad.
Davon zu unterscheiden sind Coming-of-Age-Filme, die versuchen, das Lebensgefühl von Jugendlichen heraufzubeschwören und vor diesem Hintergrund ernste Themen zu behandeln. Bei diesen ernsten Coming-of-Age-Filmen kann man nun zwischen solchen unterscheiden, die diese ernsten Themen dezent einfließen lassen und solchen, die sie den Zuschauerinnen mit dem Holzhammer eindreschen. Beispiele für dezente Filme sind The Breakfast Club, Wadjda, The Perks of Being a Wallflower, Persepolis oder Girls Interrupted. Holzhammer schwingende Filme sind eher: Dead Poets Society, Boyz n the Hood, Kids, What’s eating Gilbert Grape?, Good Will Hunting oder City of God.
Schließlich gibt es auch noch Coming-of-Age-Filme, deren Probleme nicht mehr aktuell sind. Ansatzweise ist das auch bei Breakfast Club der Fall, ansonsten wären Beispiele noch Rebel Without a Cause und The Graduate.
Stand by Me fällt nun sicher in jene Kategorie von Filmen, die ernste Themen verhandeln, dies aber dezent tun.
Zitate & Referenzen
- Die dem Film zugrunde liegende Idee, aus dem Alltag auszubrechen, um ein Abenteuer zu erleben, geht wohl auf die Bücher Tom Sawyer und Huckleberry Finn von Mark Twain zurück
- An einer Stelle sieht man ein „No Trespassing“-Schild, dies referenziert wohl einen ähnlichen Shot in Citizen Kane (1941).
- Wil Wheatons Großvater spielte in der Serie Wagon Train (1957) mit, in Stand by Me wird diese als kleines Easter Egg in einem Dialog erwähnt.
- Als die Jungs ihr Kleineld zählen, haben sie am Ende 2,37 $. Room 237 ist der verfluchte Raum in der Verfilmung von The Shining (1980). Beide Buchvorlagen stammen von Stephen King, allerdings hat der entsprechende Raum im Buch von King die Nummer 217.
Die Rezeption von Stand by Me
„Stand By Me“ (selected theaters) is the summer’s great gift, a compassionate, perfectly performed look at the real heart of youth.
SHEILA BENSON 1986 in der L. A. Times
Der Film hatte denkbar schlechte Startbedingungen: Da die Jungs so viel fluchen, bekam er in den USA ein R-Rating, war also erst ab 17 Jahren freigegeben. In amerikanischen Filmen gibt es eine „One Fuck“-Regel – In einem PG13-Film darf maximal einmal „Fuck“ gesagt werden, ab dem zweiten „Fuck“ bekommt der Film ein R-Rating.
Obendrein erhielt der Film als kleine Produktion nur ein sogenanntes Limited Release. Er wurde anfangs nur in 16 Kinos gezeigt. Allerdings schlug er dort ein wie eine Bombe, sodass er kurz darauf einen amerikaweiten Release bekam und am Ende allein in den USA 52 Millionen Dollar einspielte.
„It’s probably the quintessential coming-of-age film of the ‘80s, if not amongst one of the greatest ever. „
Auch Stephen King war sehr angetan von der Verfilmung. Kings Kritik an der Verfilmung seiner Bücher ist auch ein Thema, dass uns beim Halloween-Special zu The Shining wieder beschäftigen muss. Stand by Me nannte Kind, „die erste gelungene Übersetzung“ eines seiner Bücher in den Film.
Der Film spielt in und um die fiktive Stadt Castle Rock. BTW: Eine interessante Parallele zu The Breakfast Club, der in der fiktiven Stadt Shremer spielt. Rob Reiner nannte später seine Produktionsfirma Castle Rock Entertainment.
Der Filmtitel Stand by Me kommt vom gleichnahmigen Lied von Ben E. King, das auch Teil des Soundtracks ist. Durch den großen Erfolg des Films schaffte es auch das Lied wieder in die amerikanischen Charts einzusteigen.
„I’ve always said that Stand By Me was so successful because Rob cast four young actors who were so much like their characters, but I think it’s spooky how the four of us ended up being so much like our characters: River died too young, Corey struggled like crazy to get his personal demons under control, Jerry found success and happiness, and I’m a writer.“
Im Voice Over am Ende des Films erfahren wir, wie die Geschichten der vier Jungs weitergehen. Im wahren Leben der Schauspieler ereigneten sich merkwürdige Parallelen: River Phoenix starb jung, Wil Wheaton wurde erfolgreicher Autor, Corey Feldman war wie sein Charakter zwischenzeitlich im Gefängnis und Jerry O’Connell ist ein hart arbeitender Schauspieler mit sage und schreibe 87 Einträgen in der IMDB.
Der Schrottplatz aus dem Film existiert noch heute in Veneta, Oregon.
Im Jahr 2010 gab es anlässlich des 25. Jubiläums des Films eine Vorführung in Brownsville, Oregon. Dort gab es auch eine Q&A-Session mit dem Regisseur und den drei noch lebenden Hauptdarstellern, die erstmals wieder alle zusammentrafen.
Zitate und Referenzen
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- Boyz n the Hood (1991): In einer Sequenz in Boyz n the Hood wird der Plott von Stand by Me gespiegelt: Die vier Protagonisten finden eine Leiche an eine Bahnstrecke und werden von einer Gruppe älterer Jungs gejagt.
- The Simpsons (1994): Der Satz „Hey, you wanna see a dead body?“ fällt
- Pokémon (1996): Im Game-Boy-Spiel kann man einen Fernseher anwählen, dort erscheint dann der Text „Four boys are walking on a railroad track“
- Dogma (1999): Der Satz „Hey, you wanna see a dead body?“ fällt.
- The Simpsons (2001): Homer erzählt, wie er mit 12 eine Leiche gefunden hat.
- Family Guy (2009): In der Episode Three Kings wird Stand by Me in einer von drei Episoden parodiert.
Lesenswert, Hörenswert & Sehenswert
- Warum M. Night Shyamalans Filme anfingen, schlecht zu werden
- Die späten Filme von Rob Reiner
- Das von Paula erwähnte Buch: Der ganze Film in 5 Sekunden*
- Die „The Canon“-Folge zu The Shawshank Redemption
- Liebeserklärung an Stand by Me bei Filmschoolrejects
- Wil Wheaton über den Film
- Funfacts zur Produktion
- 25 Funfacts zu Stand by Me
- Kritik der L.A. Times aus dem Jahr 1986
- Die Drehorte 1986 und 2012
- Artikel zum Dreh bei TCM
The End.
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