1910 – Frankenstein

Läuten wir die 1910er Jahre ein und damit das letzte Jahrzehnt, mit dem sich der Spätfilm bislang noch gar nicht auseinandergesetzt hat. Dabei ist es das Jahrzehnt, in dem der Film erwachsen wurde, wie Martin Scorsese es nannte – wir kommen darauf zurück. Allerdings geschieht das erst in fünf Jahren und noch nicht mit der ersten Frankenstein-Verfilmung. Regie führte bei Frankenstein James Searle Dawley, dessen Schaffen wir schon als Co-Regisseur bei Rescued from an Eagle’s Nest bewundern durften.

Leider ist die Qualität der Versionen des Films, die im Internet angeboten werden, unter aller Sau. Daher lässt sich am Anfang relativ wenig über den Stil des Films sagen. So wird zum Beispiel einiges an Tricktechnik bei der Erschaffung des Monsters aufgefahren, aber es ist schlichtweg nicht zu erkennen, was genau wir da eigentlich sehen. Klar ist hingegen, dass die Texttafeln nun endgültig etabliert sind. Der Film benutzt sie fast schon inflationär. Erneut taucht auch ein Brief als Texttafel auf.

Ich kenne die Originalgeschichte nicht, aber ich dachte immer, dass Frakensteins Monster eine tragische Figur ist, die mit ihrem Schicksal hadert und erst dadurch böse wird. Hier heißt es hingegen auf der Texttafel ganz lapidar, dass das Böse in Frankensteins Geist das Monster erschafft.

Ansonsten beginnt der Film sehr konservativ gefilmt, So dauert es bis Minute 5, bis wir den ersten bemerkenswerten Shot zu sehen bekommen. Hier etabliert er den Trope, dass der Schrecken nicht zu sehen ist. Nach der Erschaffung des Monsters sehen wir nur Frankenstein, der entsetzt auf etwas außerhalb des Bildes blickt sowie einen Arm vom Monster. Erst 30 Sekunden später bekommen wir einen ersten Blick auf das Monster. Bei einem 12-Minuten-Film ist das eine Ewigkeit.

In Minute 7 sehen wir dann einen schönen und auch den ersten mir untergekommenen Einsatz eines Spiegels in der Mise en Scène, der auch im Finale noch einmal für einen schönen Effekt eingesetzt wird. Insgesamt ist die Geschichte aber verworren und bricht, da sie es nicht schafft bildlich zu erzählen, mit Show, don’t Tell, indem sie uns auf einer Texttafel schildern muss, wie das Monster besiegt wird. Auch die Ikonographie des Monsters weicht noch stark von dem ab, was sich später als Kanon etabliert hat. So hat der Film eher einen historischen als einen filmischen Wert.

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