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SF69 – The Diary of a Teenage Girl (Regisseurinnen-Reihe)

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Paula
Not a Teenage Girl
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Daniel
Not a Predator


Everybody wants to be touched

Wir sprachen über Sex! Sex, Sex, Sex … ein bisschen Liebe, aber vor allem über ganz viel Sex! Im Tagebuch eines Teenager-Mädchens fanden wir zwar kein Podcast-Gold, aber das Ende der Welt, Detektive im Erlebnisbad, uns woanders, 85 Drehbuchentwürfe, eine Schule bei Nacht, Charakterbögen, den Großen Preis in der Kategorie Generation 14plus, Seth Rogens Kamera und natürlich jede Menge Sex.

Vorgeplänkel

Paula: „Unsere begehrten Top 20 sind fast so wie das erste traditionelle Straßenfest.“ ♦ Rico, Oskar und der Diebstahlstein ♦ The Oracle of Bacon ♦ Der Explikator zu den Hintergünden des Orakels von Bacon ♦ Unsere Folge zu Witness for the Prosecution ♦ Unsere Kritik von Frankenstein (1910) ♦ Flat Earth Believers ♦ Wir.Müssen Reden über die flache Erde ♦ Harmontown über die flache Erde ♦ Ockhams Rasiermesser ♦ Chemtrails ♦ Daniel bei der Second Unit zu Her ♦ Paula und Daniel im Enough Talk zum künstlichen Menschen ♦ Abstimmung, welchen Anime-Film wir sehen sollen

Die Eckdaten zu The Diary of a Teenage Girl

Erscheinungsjahr: 2015
Regie: Marielle Heller
– Filmographie:
2015 The Diary of a Teenage Girl
2015 eine Folge von Transparent
2016 zwei Folgen von Casual
Angekündigt: The Case Against 8
Budget: 2 Millionen $ WOW!
Besetzung: Bel Powley (Minnie), Kristen Wiig (Charlotte), Alexander Skarsgård (Monroe)
Genre: Coming of Age, Period Pic

Die Produktion von The Diary of a Teenage Girl

Das Drehbuch

Der Film ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von Phoebe Gloeckner. Bereits in den 00ern bekam Gloeckner einmal ein Angebot, das Buch zu verfilmen. Allerdings wollte das Studio damals ein Hollywood-Happy-End dranklatschen, in dem Minnie und Monroe heiraten (Diese Idee wird im Film sogar aufgegriffen und führt zu Minnies Tiefpunkt).

Marielle Heller bekam Diary 2007 von ihrer jüngeren Schwester zu Weihnachten geschenkt. Heller war fasziniert davon, wie selbstbewusst Minnie in dem Buch ihre Sexualität auslebt und wollte das Buch als Theaterstück adaptieren, weil es nichts vergleichbares im Coming-of-Age-Genre gab.

Marielle Heller bequatschte daraufhin Phoebe Gloeckner 10 Monate lang, um sie davon zu überzeugen, ihr die Rechte an dem Roman zu geben. Im Theaterstück spielte sie selbst Minnie. Das Stück hatte auch bereits multimediale Element, eine Idee, die sie später im Film wieder aufgreifen sollte. Es war eine sehr kleine Produktion (off off Broadway) in San Franzisko. Die erfolgreiche Theaterproduktion überzeugte Gloeckner, Heller dann auch die Rechte für den Film zu geben. Marielle Hellers Produzentin Anne Carey brachte sie 2012 dazu, sich mit dem Drehbuch beim „Sundance writer and director workshop“ – einem Workshop des Sundance Festivals – zu bewerben. Heller hatte das Drehbuch schon fertiggestellt und marschierte selbstbewusst in den Workshop, was sollten die ihr noch beibringen? Am Ende schrieb sie ca. 85 verschiedene Entwürfe bis das Drehbuch letztendlich fertig war.

Das Casting

Bel Powleys Agent schickte ihr das Drehbuch zu und sie war so begeistert, dass sie sich mit einem unortodoxen Video bewarb: Sie saß darin in ihrer Unterwäsche auf dem Bett und spielte eine Szene vor. Im Anschluss sprach Powley auf dem Video Marielle Heller direkt an und erzählte ihr, wie gut sie sich mit Minnie identifizieren kann. Heller und Powley skypten daraufhin und verstanden sich so gut, dass Bel Powley die Rolle bekam.

Alexander Skarsgård wiederum erzählte in einem Interview, dass es ihm genauso ging wie Heller: Er las das Drehbuch und dachte sich, dass er so etwas noch nie gesehen hatte. Skarsgård sagte, dass 95% aller Drehbücher, die er liest, eigentlich nur Variationen von schon existierenden Geschichten sind. Diary war etwas völlig Neues und er fragte sich, warum er so einen Film noch nie gesehen hatte.

Die Dreharbeiten

Die Schulszenen von Diary of a Teenage Girl wurden in der Lincoln Middle School in Alameda, Kalifornien. Da die Schulleitung aber moralische Bedenken gegen den Inhalt des Drehbuchs anmeldete, bekam die Crew nur die Genehmigung nachts dort zu filmen. Daher drehten sie alle Szenen in der Schule in nur einer Nacht mit Flutlicht vor den Fenstern.

Im Film ist Minnie ein Fan der Comiczeichnerin Aline Kominsky. Es sind immer wieder Comicelemente im Stil von Kominsky in den Film integriert. Eine Szene, in der Minnie die Straße entlanggeht und sich mit der Comicversion von Aline Kominsky unterhält, bezeichnete Kameramann Brandon Trost als die am schwersten zu filmende des ganzen Films.

Da der Film in den 1970ern spielt, durften nur Oldtimer am Straßenrand stehen, Statisten mussten mit entsprechender Kleidung ausgestattet sein, gleichzeitig musste die Crew die Passanten zurückhalten, ohne dass sie wegen des knappen Budgets die Straße großräumig absperren konnten. Das alles sollte während des Sonnenuntergangs gefilmt werden, sodass sie wenig Zeit hatten. Trost musste die ganze Zeit darauf achten, dass der Straßenverkehr, Werbeplakate und Fußgänger auf der anderen Straßenseite nicht im Bild sind. Eigentlich hätte er dafür eine Steadicam gebraucht. Das die Crew sich die aber nicht leisten konnte, saß Trost für den Shot mit der Kamera auf einem „Doorway Dolly“ – einem sehr leichten Kamerawagen, ähnlich einem Bollerwagen, der gezogen wurde und filmte die Selbstgespräche führende Bel Powley.

Filmisches Erzählen in The Diary of a Teenage Girl

Minnies Charakterentwicklung

Das Video über den Unterschied zwischen Jurassic Park und Jurassic World:

Youtube

In diesem Video geht es um Charakterentwicklung und die Frage, wie verdient sind Payoff-Momente in einem Film. Während dies in Jurassic Park hervorragend gemacht wird, ist das bei Jurassic World gerade nicht der Fall.

The Diary of a Teenage Girl ist ein Film, der uns ganz hervorragend Minnies Charakterentwicklung zeigt, wodurch sich ein hervorragender Payoff-Moment ergibt. Zu Beginn erfahren wir, dass Minnie zum ersten Mal Sex hatte und meint, dass sie nun offiziell eine Frau sei. Doch dann sehen wir sie 90 Minuten lang dumme, kindliche Entscheidungen fällen. Doch am Ende gibt es eine Szene, in der sie Monroe, ihrer Affäre wiederbegegnet und das Gespräch, das beide führen, zeigt uns, dass Minnie nun, nach allem was sie erlebt hat, wirklich erwachsen geworden ist.

Das wird interessant kontrastiert mit der Szene, in der Minnie am Ende in die Arme ihrer Mutter zurückkehrt und die Mutter sich weigert, über Minnies Erfahrungen zu sprechen. Im Gegensatz zu Minnie hat die Mutter überhaupt nichts gelernt, was Minnies Entwicklung noch mehr unterstreicht.

Das Verhältnis von Liebe und sexueller Anziehung

Minnies Familiensituation wird so beschrieben, dass ihre Mutter alleinerziehend ist, Alkoholikerin, aber lebensfroh im Easy-Living-Stil der 1970er. Nichtsdestotrotz ist sie mit ihrer Erzieherinnenrolle total überfordert und vernachlässigt Minnie und ihre Schwester. Dies führt zu Minnies mangelndem Selbstvertrauen.

Minnie findet sich selbst hässlich und versucht Selbstbestätigung durch andere zu bekommen. Dabei verwechselt sie Liebe und Sex. Monroe ist nicht durch und durch ein Arsch, sein eigentlicher Missbrauch von Minnie besteht darin, dass er nicht erkennt, dass diese 15-Jährige nicht zwischen Liebe und Sex unterscheiden kann. Inszenatorisch wird dies durch eine unzuverlässige Erzählerin unterstützt: Während Minnie keine klassische Hollywood-Schönheit ist, sind alle Menschen, die sie begehrt, unwahrscheinlich attraktiv.

Kritikpunkte an Diary of a Teenage Girl

Man kann kritisieren, dass der Film es sich dadurch etwas leicht macht, dass er die Geschichte als Period Pic erzählt. So kann man das unangenehme Gefühl, dass sich aus dem Setting ergibt, in dem ein Mann sowohl mit Mutter als auch Tochter Sex hat, leicht beiseiteschieben mit: „Ach, das waren halt andere Zeiten.“

Manche Kritiker/innen mahnten an, dass der Film Missbrauch verharmlose. Paula gibt zu bedenken, dass es tatsächlich weniger problematische wäre, wenn Minnie ihre Erfahrungen nur mit Gleichaltrigen gemacht hätte. Daniel kritisiert die Kritik dahingehend, dass es nicht so ist, dass alle Männer lieb und brav sind, aber wenn sie diesen Film sehen, werden sie zu Vergewaltigern. Männer haben noch nie eine Entschuldigung gebraucht, um Frauen zu missbrauchen. Daher ist es ungerechtfertigt, einem Film einen Strick daraus zu drehen, der sich zur Aufgabe gemacht hat, als einer der ersten zu zeigen, dass Teenager-Mädchen genauso sexuell verwirrt sind wie Teenager-Jungs. Paula gibt zu bedenken, dass Monroe nicht unsympatisch dargestellt wird und vielleicht nicht jede/r merkt, dass er ein Trottel ist. Stattdessen macht zum Beispiel die Mutter immer nur Minnie Vorwürfe. Skarsgård sagte dazu im Interview:

I was really intrigued by Monroe, actually. I was thinking, How can I make this character not so predatory? Because you make it too easy for the audience if they can just dislike him for the entire movie. For me, it was about how do you find a way in without making him a creep. How do you make him weak and vulnerable, and maybe even likable?

Alexander Skarsgård im Interview

Zeigen & Urteilen

Der Film macht es den Zuschauern nicht leicht, er gibt keinen moralischen Kompass vor und sagt uns nicht, wie wir uns fühlen sollen. Er zeigt Sex zwischen einem 35-Jährigen und einer 15-Jährigen, aber er urteilt nicht darüber.

Die Kamera

Trotz des supergeringen Budgets sieht Diary richtig gut aus. Man merkt allerdings hier und da, dass Heller und Trost ein paar Tricks verwenden, um das mangelnde Geld zu verstecken. So ist der Film budgetbedingt nur mit Handkamera gedreht. Um das zu kaschieren, zeigt Trost sehr viele Close-ups. Das unterstützt einerseits sehr gut das gute Mienenspiel von Bel Powley und kann andererseits davon ablenken, dass der Film keine großartigen Kamerafahrten, Flüge oder Kranshots zeigen kann.

Dennoch gelingt es der Regisseurin und ihrem Kameramann immer wieder schön mit der Kamera zu erzählen. So geht die Kamera manchmal raus, wenn Minnie sich einsam fühlt und zeigt uns plötzlich nicht mehr ihr Gesicht bildschirmfüllend sondern sie als kleines Wesen in einem großen Raum.

Cameos, Zitate & Referenzen

  • In der Szene in der Bar, in der Minnies Mutter will, dass Minnie und Monroe heiraten, stürmt Minnie aus der Bar. Danach zeigt die Kamera noch kurz eine rauchende Frau. Das ist Phoebe Gloeckner, die Autorin.
  • In der Schule nennen zwei Mädchen Minnie „Bitch“. Es sind Gloeckners Töchter.
  • Minnies Mutter heißt Charlotte, genau wie Lolitas (1962) Mutter.

Die Rezeption von The Diary of a Teenage Girl

Der Film spielte mit 2,2 Millionen Dollar sein Budget wieder ein – ein Achtungserfolg. Und er erhielt überwiegend positive Kritiken.

Preise & Bestenlisten

Lesenwert

The End!

SF49 – Gremlins (Das große Weihnachtsspecial feat. Arne, Christian, Mathias, Max, Michi & Tabu)

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Paula
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Mathias
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Arne
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Christian
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Michi
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Max
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Tabu
Ein großes Geheimnis


Don’t ever feed him after midnight!

Wir feiern Weihnachten mit Arne vom Enough Talk, Christian von der Second Unit, unserem Außenkorrespondenten Mathias, Max von der Wiederaufführung, Michi von der Cinecouch und der nicht weniger mysteriösen wie wundervollen Tabu! Aber leider ohne Audiointerface, das uns kurz vor der Aufnahme verreckte. Wir hoffen, es lässt sich dennoch ertragen.

Natürlich gab es auch wieder einen Film: Wir diskutierten ausgiebig die drei Regeln der Mogwais und klärten dabei endgültig und ein für alle Mal, wann man die Viecher füttern darf! Natürlich gab es auch anderes: Viiiiiiel Bond, Lassies Nachkommen, neues vom Mähnenwolf, Dr. Paula gab Beziehungstipps, wir erfuhren, wie man Fernsehen macht, was Spielberg mit diesem Film zu tun hat, wie toll es ist, Filmvorführer zu sein, was die Royal Air Force damit zu tun hat und wie da „It’s a wonderful life“ mit drinhängt. Wir fanden das Set von „Back to the future“ und Christian vergaß seinen Regenschirm.

Obendrein gab es diesmal sogar noch Musik:

Rey Izain – Dancing Like A Maniac (feat. Sybil Smith & The Ragga Twins). Lizenz: CC BY-NC 4.0.
Broke For Free – Nightowl. Lizenz: CC BY 3.0.
Mockstars – AVENGERS EPIC RAP (feat. Bart Baker). CC BY 3.0.
Josh Woodward – Let It InCC BY 4.0.

Vorgeplänkel & Abschweifungen

Im Vorgeplänkel war Arne vom Enough Talk zu Gast. Er hat auch ein Filmblog ♦ Alle Sounds, die wir verwenden stammen von freesound und sind gemeinfrei ♦ Lassie Come Home stammt übrigens aus dem Jahr 1943 und war Elizabeth Taylors zweite Rolle ♦  Paula erklärt die Gretchenfrage ♦ Die Quasi-Vergewaltigung ist übrigens in Goldfinger, nicht in Goldeneye ♦ Daniel schämt sich übrigens noch heute, dass er „Legacy“ falsch ausgesprochen hat … ♦ Christian von der Second Unit erzählt die Handlung in fünf Sätzen ♦ Dr. Paula beantwortet diese Frage ♦ Michi von der Cinecouch trägt die Eckdaten vor ♦ Max von der Wiederaufführung lieferte uns einen Funfakt zur Produktion ♦ Außerdem sind noch Mathias und Tabu dabei.

Die Eckdaten von Gremlins

Erscheinungsjahr: 1984
Regie: Joe Dante
– Filmographie (Auswahl):
1976 Hollywood Boulevard
1984 Gremlins
1987 Die Reise ins Ich (Inner Space)
1990 Gremlins 2
1998 Small Soldiers
2014 Burying the Ex
Sowie seit 2011 mehrere Episoden von Hawaii Five-0.

Drehbuch: Chris Columbus
– Filmographie (Auswahl):
1990 Home Alone
1992 Home Alone 2
1993 Mrs. Doubtfire
1999 Bicentennial Man
2001 Harry Potter and the Sorcerer’s Stone
2002 Harry Potter and the Chamber of Secrets
2005 Rent
2010 Percy Jackson & the Olympians: The Lightning Thief

Produktion u. a.: Steven Spielberg
Budget: 11 Mio $
Besetzung: Zach Galligan (Billy Peltzer), Phoebe Cates (Kate Beringer), Hoyt Axton (Randall Peltzer), Frances Lee McCain (Lynn Peltzer), Corey Feldman (Pete Fountaine), Jonathan Banks (Deputy)
Genre: Horrorkomödie, Weihnachtsfilm

Nachtrag: Jonathan Banks heißt bei Breaking Bad und Better Caul Saul nicht Hank sondern Mike. ¯\_(ツ)_/¯

Die Produktion von Gremlins

Die Idee zu dem Drehbuch kam Chris Columbus, weil ihn das Trappeln von Mäusefüßen in seiner Wohnung so gruselte. Er hatte auch gar nicht vor, das Drehbuch zu verkaufen, sondern nutzte es für seine Bewerbungsunterlagen. So kam es Spielberg in die Hände, der begeistert war und darauf bestand, den Film produzieren zu dürfen. Allerdings mischten sich Spielberg und Regisseur Joe Dante dann gewaltig in das Drehbuch ein, um es familienfreundlicher zu machen. Der ursprüngliche Entwurf war wesentlich blutiger als das Endergebnis: So sollte der Hund getötet werden, die Mutter sollte geköpft werden und ihr Kopf sollte die Treppe runterhüpfen und der Wissenschaftslehrer sollte mit ganz vielen Spritzen im Gesicht gefunden werden.

Ursprünglich sollte Gizmo auch zu einem Gremlin werden und dann quasi die Rolle von Stripe übernehmen. Es war dann Spielbergs Idee, das zu ändern, um den Zuschauern einen Charakter zu geben, mit dem sie emotional verbunden sind. Offenbar traute er das Billy und Kate nicht zu. Jedenfalls artete die Drehbuchänderung in gewaltigen Stress für Chris Walas, den Kreaturendesigner (creature design/hat übrigens auch bei Return of the Jedi mitgemacht. Was wohl?). Denn er hatte Gizmo nur für die Szenen am Anfang des Films gebaut, wo er ja nur rumzsitzen und blinzeln musste. Jetzt sollte Gizmo plötzlich viel mehr können. Also musste er ihn überarbeiten.

Sämtliche Gremlins waren animatronische Puppen und jedes einzelne Modell kostete 30.000 – 40.000 $. Daher wurden am Ende eines Drehtags immer sämtliche Kofferräume der Mitarbeiter von einer Security-Firma kontrolliert, damit niemand sich ein Gremlin klauen konnte. Die Technik war auch nicht sooo ausgereift, was dazu führte, dass technische Probleme zu Drehverzögerungen führten und einmal soll der komplette Cast bei einem Nachtdreh am Set eingeschlafen sein, weil sie solange darauf warten mussten, dass die Puppe wieder funktioniert.

Gremlins war eine Warner Bros. Produktion, dennoch durften sie Snow White and the Seven Dwarfs benutzen. Eine Kooperation, die heute wahrscheinlich nicht mehr möglich wäre.

Filmisches Erzählen in Gremlins

„it’s sort of like The Muppet Movie meets Dawn of the Dead meets Invasion of the Body Snatchers meets E.T. meets Alienmeets The Karate Kid meets The Texas Chainsaw Massacre meets The Wizard of Oz meets It’s a Wonderful Life“

Filmfanatic

Easter Egg & Etymologie

Als Randall Peltzer am Anfang des Films durch Chinatown läuft, sieht man kurz bevor er den Laden betritt ein Auto mit einem qualmenden Motor. Das Auto ist eines der Marke AMC Gremlin. Außerdem entstand der Begriff „Gremlin“ ursprünglich, weil die Piloten der Royal Air Force seit den 1920ern damit unerklärliche Motorprobleme beschrieben: Sie hatten Gremlins im Motor. Wir sehen in der Szene also einen AMC Gremlin mit einem Gremlin im Motor.

Auch Mogwai hat eine interessante Etymologie. Es kommt aus dem Kantonesischem und bedeutet in etwa „Dämon“. In diesem Zusammenhang ist spannend, wie die Protagonisten auf Gizmo reagieren. Es wird immer gefragt, was es ist, aber die Antwort „ein Mogwai“ reicht ihnen dann sofort als Erklärung. Dies ist sicher darauf zurückzuführen, dass der Film gar nicht versucht, realistisch zu sein, sondern ein Märchen sein möchte. Allerdings ergeben sich aus diesem Anspruch auch diverse Plottlöcher.

Plottlöcher und Nitpicking in Gremlins

„And then there are the plot holes. I don’t mean the „don’t feed them after midnight“ dichotomy. (Isn’t any time of day „after midnight“?) I mean things like Billy taking his dog to work with him when there’s no reason for it — no reason except that the screenplay wants to have the dog attack Mrs. Deagle, and it’s the only way to get them together. I mean things like the kids still being in school on Christmas Eve, when in real life public schools recess for the holidays long before then. Speaking of which, why is there an inventors convention on Christmas Eve?“

Eric D. Snider

  • Paula erwähnte schon zu Beginn der Folge, dass die Gremlins ständig Klamotten tragen, die ihnen auch noch passen, ohne dass klar wird, wo sie die eigentlich herhaben
  • Die Regel „nicht nach Mitternacht füttern“ ist total schwammig. Mitternacht in welcher Zeitzone? Wann endet das Fütterverbot wieder?
  • Ferner vermehren sich Gremlins bei Wasserkontakt. Die Erde ist zu 71% mit Wasser bedeckt. Wie kommt es, dass die Gremlins nicht schon längst die Welt überrannt haben? Besonders wenn man bedenkt, wie intelligent sie sind.
  • Warum nimmt Billy seinen Hund (auch nur ein einziges Mal) mit zur Arbeit? Außer dass es eine „Zauberer von Oz„-Referenz ist.
  • Warum findet an Weihnachten eine Erfindermesse statt und warum ist noch Schule?

Bizarre Szenen

Im Film gibt es einige sehr losgelöste Szenen. So erzählt Kate, dass ihr Vater an Weihnachten im Schornstein steckenblieb und starb. Diese Szene kommt quasi aus dem Nichts und endet auch sofort wieder ohne jegliche Konsequenz für den Film. Es gibt die Theorie, dass diese Szene zeigen soll, wie abgefuckt das Kleinstadtleben in Wirklichkeit ist. Wir glauben das aber nicht, da der Film die Kleinstadt eher feiert. Christian sagt am Ende des Podcasts, dass diese Geschichte Gremlins spiegeln soll: Dir bleibt das Lachen im Halse stecken. Eine weitere Merkwürdigkeit ist Billys „böser Kollege“. Dieser springt einmal Billys Chef bei, als der mit Billy schimpft und taucht dann noch einmal in der Bar auf, wo er über Billy lästert. Danach verschwindet er einfach aus dem Film. Auch die Szene, in der sich die Gremlins zum Schneewittchen-Schauen im Kino versammeln ist zwar lustig, hat aber nur den Grund, dass sie Billy die Möglichkeit bietet alle Gremlins auf einen Schlag zu töten.

Billys Entwicklung

Billy macht genauso wie die Gremlins eine Metamorphose durch. Er ist zu Beginn ein Looser, der ein kleiner Bankangestellter ist, obwohl er davon träumt Comic-Zeichner zu werden. Im Laufe des Films entwickelt er sich dann aber zum Gremlins-Killer und darf seine Damsel in distress retten. Das ist im Grunde eine sehr typische Actionfilm-Charakterentwicklung. Genau den gleichen Charakterbogen durchläuft zum Beispiel John McClain in Die Hard.

Hommage an It’s a Wonderful Life

In Gremlins steckt eine große Hommage an Frank Capras It’s a Wonderful Life. Wir sehen den Film einmal im Fernsehen laufen und zwar genau die Szene, in der alles wieder gut ist. Beide Filme spielen an Weihnachten. Die Stadt in Gremlins heißt Kingston Falls, die aus It’s a Wonderful Life heißt Bedford Falls. Billy arbeitet genau wie George Bailly in einer Bank, träumt aber von einem anderen Leben. Mrs. Deagle steht für Mr Potter aus IAWL. Sie hat sogar ein Gemälde von Mr. Potter in ihrem Haus hängen. Der Abendspaziergang aus IAWL wird gespiegelt, genauso die Pool-Szene. Wenn die Gremlins Kingston Falls übernommen haben, steht das für Pottersville. Aber am Ende ist alles wieder gut – Die Dorfgemeinschaft hat gewonnen.

Die Charaktere

Die meisten (menschlichen) Charaktere des Films bleiben ziemlich blass. Außerdem sind sie alle riesengroße Klischees. Kein Wunder, dass Spielberg Gizmo als Identifikationsfigur haben wollte, denn Billy ist es nicht. Er ist Mitte 20, wohnt noch bei seinen Eltern und verhält sich zu Hause wie ein Kind. Wir sehen sogar, dass er einen Spielzeugroboter geschenkt bekommen hat. So ungeschickt, wie Billy sich bei seiner Brautwerbung um Kate anstellt, ist sie wohl auch seine erste Freundin. Die Beziehung zwischen den beiden bleibt auch die ganze Zeit komplett asexuell. Formal ist Kate der Love Interest, aber sie wirkt mehr wie ein Kumpel – Wahrscheinlich dem Kinderfilm geschuldet. Auch Kate bleibt blass. Neben der merkwürdigen Geschichte um ihren Vater hat sie noch einen zweiten, komplett sinnfreien Auftritt, als sie die Gremlins in der Bar bewirtet.

Der Vater ist zwar auch das Klischee des erfolglosen Erfinders – nicht eine einzige seiner Erfindungen funktioniert –, aber zumindest ist er sehr liebenswürdig und funktioniert als Charakter. Bei der Mutter verhält es sich genauso: Sie funktioniert als Charakter, ist aber im Grunde ein misogynes Klischee: Sie ist in der Küche badass, tötet drei Gremlins mit Küchengeräten, aber sobald sie die Küche verlässt, muss sie von Billy gerettet werden.

Der nächste Klischeecharakter ist der Rassist im Dorf. Allerdings ist er auch eine schön ironische epische Vorausdeutung, da er die ganze Zeit über die Ausländer lästert, die Gremlins in Maschinen packen, dann am Ende durch Gremlins in einer amerikanischen Maschine sterben muss. Der ängstliche Sheriff und sein Deputy sind ein weiteres Klischee. Sie lassen sich nicht überzeugen, dass Gefahr besteht und sobald sie dann doch mal einen Gremlin sehen, nehmen sie sofort Reißaus. Für den Film hat das natürlich die Funktion des Calls to Adventure: Billy wird keine Hilfe bekommen, er muss die Sache selbst in die Hand nehmen.

Das nächste Klischee ist der mysteriöse Chinese: Er will den Mogwai nicht verkaufen, weil die Amerikaner zu verantwortungslos sind und hält am Ende eine Moralpredigt darüber, dass die Amerikaner noch nicht bereit sind. Schließlich muss auch noch der Schwarze als erstes sterben – eines der größten Horrorfilmklischees, die es gibt.

Gremlins ist ein sehr konservativer Film

„Underneath Gremlins‘ monster movie surface bubbles a tale of the suburban paranoia over „the new neighbors,“ those folks who moved next door who don’t look like the rest of town.“

Eddie on Film

Der schwarze Wissenschaftslehrer ist der typische Token-Schwarze, der sich in die Gesellschaft integriert hat. Er ist der einzige nicht weiße Einwohner von Kingston Falls. Er muss sterben, weil er „Experimente“ mit dem Gremlin macht (er nimmt ihm Blut ab), was aus einer naturverbunden-konservativen Haltung etwas schlechtes ist. Es gibt Interpretationen, wonach die Gremlins Schwarze repräsentieren, andere sagen, dass sie eher Asiaten repräsentieren. Fest steht allerdings, dass sie für den Wandel der amerikanischen Kleinstadt stehen. Diese „Hometowns“ haben eine homogene weiße Bevölkerung, die mit neu zugezogenen konfrontiert werden, die Veränderungen mitbringen. Wir vertreten die These, dass die Gremlins für Jugendkultur stehen und den damit verbundenen Wandel der Gesellschaft – Unser Hauptindiz ist die Irokesen-Frisur von Stripe, die DAS Symbol für den Punkrock der 80er war. Aber egal, wofür die Gremlins stehen, die Message des Films ist: Veränderung ist etwas schlechtes (potentiell tödlich) und muss bekämpft werden.

Manche Interpreten meinen, dass der Film die amerikanische Kleinstadt gerade ironisch kritisieren will. Natürlich ist der Film hochgradig ironisch und nimmt sich nicht ernst. Wir haben aber vier Argumente gegen diese Interpretation:

  1. Wer sind unsere Identifikationsfiguren? Billy und Gizmo. Billy hat einen Stock im Arsch und ist der typische nette, weiße Schwiegermuttertraum. Gizmo wiederum ist der optimal assimilierte Fremde/Jugendliche, der sogar seine eigene Art verrät um den Menschen dieser Kleinstadt zu helfen.
  2. Die Analogie zu It’s a wonderful life: Es geht darum, den Status Quo wiederherzustellen. Klar, die Gremlins sind lustig, aber es wird nie Frage gestellt, dass sie bekämpft werden müssen. Am Ende darf keine Veränderung stattfinden, sondern alles soll so bleiben, wie es ist. Sogar das Radio spielt wieder.
  3. Der Film ist fortschrittskritisch, wie die Verantwortungsrede des Chinesen zeigt. Der Wissenschaftler muss, wie gesagt sterben. Auch Randall steht mit seinen erfolglosen Erfindungen auf liebevolle Art für die Fortschrittskritik.
  4. Wer muss sterben? Der Wissenschaftler, der Rassist und die assoziale Raubtierkapitalistin. Das zeigt, dass der Film einen gemäßigt-kleinbürgerlichen Konservatismus des „Heart of the Nation“ vertritt.

Epische Vorausdeutungen

„His obsession with and cannibalization of pop culture images anticipates our current obsession with post-modern meta-comedy. As in the best of Community and The Simpsons, pop culture references aren’t the jokes in Dante’s films. Any references (and there are plenty) are esoteric and naturally occurring, deeply woven into the tapestry of the films.“

SplitSider

Der Film ist aber nicht schlecht. Er ist vor allem exzellent inszeniert. Es finden sich unzählige epische Vorausdeutungen in ihm, zum Beispiel:

  • Der erwähnte AMC Gremlin
  • Wie gesagt, heißt Mogwai „Dämon“
  • Der Rassist Murray Futterman sagt, die Ausländer packen Gremlins in Maschinen und wird von Gremlins in einer Maschine umgebracht
  • Wir sehen die Kokons von Invasion of the Body Snatchers im Fernsehen, die später von den Kokons der Gremlins gespiegelt werden
  • Wir sehen die Autoszene aus To Please a Lady. Sie gibt Gizmo seine Idee für den Showdown
  • Als Gizmo nass wird, der erste Fellball aus ihm schlüpft und Pete fragt: „What is it?“, sehen wir diesen Shot:

    The Mystery of Gremlins!

    The Mystery of Gremlins!

Zitate & Referenzen

1937 Snow White and the Seven Dwarfs läuft im Kino.
1939 The Wizard of Oz – Mrs. Deagles Feldzug gegen Billys Hund
1946 It’s a wonderful life – Gremlins ist eine Hommage an diesen Film
1950 To Please a Lady – Läuft im Fernsehen, wird durch Gizmo gespiegelt
1957 Forbidden Planet – Robby the Robot telefoniert auf der Erfindermesse
1960 The Time Machine – Auf der Erfindermesse
1962 Spider-Man Comic – „With Mogwai come great responsibility.“
1964 James Bond 007 – Goldfinger – Geschüttelt nicht gerührt
1974 The Texas Chain Saw Massacre – Spiegelung einer Szene: Stripe attackiert Billy mit einer Kettensäge
1977 Close Encounters of the Third Kind – Im Kino läuft Watch The Skies. Das war der Working Title des Films.
1977 Star Wars – In der Bar spielen die Gremlins das Videospiel
1979 Invasion of the Body Snatchers – läuft im Fernsehen
1981 Raiders of the Lost Ark – Das Plakat der Radiostation von Rockin‘ Ricky Rialto
1982 E.T. – Im Kino läuft A Boy’s Life (der Working Title), außerdem sagt ein Gremlin einmal „Phone Home“ und einmal sieht man eine E. T. Puppe
1983 Twilight Zone: The Movie – Man sieht das Plakat in Billys Zimmer

Die Rezeption von Gremlins

Gremlins kam am gleichen Wochenende wie Ghostbusters in die Amerikanischen Kinos. Das schadete dem Film aber offensichtlich nicht, denn er war ein riesiger Erfolg und spielte allein in den USA 148 Mio $ ein. 1990 gab es die Fortsetzung Gremlins II und ein dritter Teil ist in Planung.

Das Set von Gremlins wurde für Back to the Future wiederverwendet. Das kann man einmal am Establishing Shot von Kingston Falls (natürlich ganz am Anfang) erkennen. Außerdem ist das Kino, das gleiche, welches der Delorean zerstört.

Obwohl Gremlins bereits 1985 erschien, gab es auch schon ein C64-Computerspiel zum Film: Gremlins: The Adventure. Außerdem hat Chris Columbus die Referenz an It’s a wonderful life zu einem Running Gag gemacht. Sie finden sich mindestens auch in Home Alone und Home Alone 2.

Der Film war mit einem PG-Rating freigegeben (das ist ungefähr das deutsche „Ab 6“). Dies führte zu großen Protesten von besorgten Eltern, sodass Gremlins und Indiana Jones – Temple of Doom heute als die Filme gelten, die dafür sorgten, dass die MPAA das PG13-Rating (also ungefähr „Ab 12“) eingeführt wurden. Heutzutage wird der Film oft von RTL 2 in einer stark geschnittenen Version schon im Nachmittagsprogramm gezeigt.

Preise & Bestenliste

Der Film hat auch mehrere kleine Preise gewonnen, unter anderem:

  • Saturn Awards: die Auszeichnung in den Kategorien Bester Horrorfilm, Beste Regie, Beste Musik, Beste Spezialeffekte sowie Polly Holliday als Beste Nebendarstellerin.
  • Young Artist Award für den Besten Familienfilm
  • In Deutschland wurde der Film mit der Goldenen Leinwand ausgezeichnet.

Zitate & Referenzen

Sehr viele Filme haben Gremlins referenziert. Er wird zum Beispiel oft in Dialogen erwähnt, um mit „Gremlin“ etwas chaotisch-böses zu schreiben oder in Form einer Kassandra-Warnung: „Don’t feed the gremlins after midnight!“. Oft wird auch jemand mit Gizmo verglichen. Hier einige Beispiele:

1985 The Goonies – Chunk ruft die Polizei, doch die glaubt ihm nicht, da er schon so oft angerufen hat. Einmal hat er sogar erzählt von: „little creatures that mutate when you pour water on them.“
1992 The Simpsons: Treehouse of Horror III – Homer kauft ein Geschenk bei einem Asiaten.
1999 Toy Story 2 – Wenn Barbie Auto fährt, wird Gizmos Fahrt gespiegelt.
2006 The Simpsons: Bart Has Two Mommies – Homer erkundigt sich nach Gremlins und will sie nass machen.
2006 How I Met Your Mother: The Wedding – Marshall verwendet „Don’t feed the gremlins after midnight!“
2006 Snakes on a Plane – Die Mikrowellenszene wird gespiegelt.
2007 South Park: Imaginationland: Episode II – Gizmo taucht im Imaginationland auf.
2008 Lost: The Economist – Sawyer nennt Ben „Gizmo“
2009 Hangover – Phil vergleicht Allan mit einem Gremlin.
2009 How I Met Your Mother: Definitions – Barney sagt, die Regeln für ein Date sind die gleichen wie für die Gremlins
2009 Scrubs: Our Drunk Friend – Turk vergleicht Mahoney mit einem  Gremlin
2011 Community: Regional Holiday Music (2011) – Die Gremlins kommen in Abed und Troys „Baby Boomer Santa“-Song vor:
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2014 Dear White People: Die Theorie, dass die Gremlins für Schwarze stehen, wird erwähnt:

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Lesenswert

The End.