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SF70 – Rebecca

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Paula
Schwarzer Pudel
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Daniel
Zweite Mrs. de Hesse


Back to the strange days of my life

In dieser Folge kämpft der Spätfilm gegen eine Ente so groß wie ein Pferd. Wir blicken zurück auf Manderley und sehen trashige griechische Götter, in der Definition von Gothic finden wir das „O“ von David O. Selznick und nach einer kurzen Pause auch ganz viel Orson Welles im Hollywood-Debüt von Hitchcock. Wir hoffen, eine Lesbe unter dem Hay’s Code traumatisiert euch nicht und ihr seid nicht „shocked and disappointed beyond words“, wenn wir über die Bedeutung von schwarzen Pudeln abschweifen und in diesem twisted Aschenputtel eine perfekte Treppenszene entdecken. Gehen wir in Medias Res!

Vorgeplänkel und Abschweifungen

Das Fenster zum Hof führt tatsächlich unsere Charts an ♦ Die Enough-Talk-Folge zu The Thing  ♦ Die Her-Folge in der Second Unit ♦ Die Her-Folge im Enough Talk! ♦ No Such Thing As A Fish über Roger Rabbit ♦ Harmontown über Pferde und Enten ♦ Metzlers Literaturlexikon* ♦ Das Blog von Frau Novemberregen

Die Eckdaten von Rebecca

Erscheinungsjahr: 1940
Regie: Alfred Hitchcock
Produzent: David O. Selznick
– Filmographie (Auswahl):
1933 King Kong
1939 Gone with the Wind
1940 Rebecca
1945 Spellbound
1947 The Paradine Case
1949 The Third Man
Budget: 1,3 Mio $
Besetzung: Joan Fontaine (Die zweite Mrs. de Winter), Laurence Olivier (Maximilian de Winter), Judith Anderson (Mrs. Danvers), George Sanders (Jack Favell)
Genre: Thriller, Drama, Mystery, Haunted House, Haunting Gothic Romance

Die Produktion von Rebecca

Hitch und Selznick

Rebecca ist die Geschichte zweier großer Egos, die aufeinanderprallten: Alfred Hitchcock und David O. Selznick. Diese beiden Titanen des Filmgeschäfts rangen vom ersten Moment miteinander, wessen Film Rebecca ist. Ist es ein weiterer Geniestreich des jungen Talents aus England oder der nächste große Wurf vom berühmten Hollywoodproduzent von Gone with the Wind. Es war ein Ringkampf, der erst am Abend der Oscarverleihung entschieden werden sollte. Denn aus diesem Machtkampf entstand entgegen aller Wahrscheinlichkeit ein großer Film. Rebecca war für 11 Oscars nominiert. Darunter der Oscar für die beste Regie (den Hitch bekommen sollte) und den für den besten Film (der an Selznick gehen würde). Lehnt euch zurück liebe Zuhörer und Zuhörerinnen und seit gespannt, wenn wir euch in den nächsten Stunden erzählen, wer diesen Machtkampf am Ende gewann.

Es begann alles mit The Man Who Knew To Much: Hitch hatte ab Mitte der 1930er Jahren in England eine Reihe von Welthits gedreht. Der erste war eben The Man Who Knew To Much 1934. Dies machte Hollywood auf das junge Talent aufmerksam und Hitch bekam Angebote von einigen Studios (Quelle: Truffaut*). Hitch entschied sich für Selznick, da dieser ein unabhängiger Produzent war. Er hatte sein eigenes Studio und arbeitete nicht für eines der großen Studios wie MGM oder Paramount. Hitchcock glaubte, dass dieser unabhängige Produzent auch seinem Regisseur mehr Freiheiten zugestehen würde als das strenge Studiosystem. Er hat sich sehr stark geirrt.

Selznick war es gewohnt, seine Produktionen bis ins kleinste Detail zu überwachen und zu kontrollieren. Für ihn waren Regisseure nur Handlanger, die das machen sollten, was Selznick befahl. Kein Wunder dass dieser Dickkopf mit Hitchcocks dickem Schädel zusammenprallte. Dabei hatte Hitch noch Glück, dadurch, dass Selznick noch in der Postproduktion seines Opus Magnum Gone with the Wind steckte, konnte er nicht an Hitchs Set sein und das ließ Hitch verhältnismäßig viel Freiheit. Allerdings schickte Selznick Hitch unzählige Memos was er wie machen sollte. Später sagte Hitch mal in einem Interview, er plane eines dieser Memos zu verfilmen mit dem Titel „The Longest Story Ever Told“.

Hitch hasste Selznick so sehr, dass er ihm in späteren Filmen immer wieder Tritte verpasste. Über den Mörder in Rear Window sprachen wir schon. Aber auch in North by Northwest gibt es so einen Nachtritt. Das „O“ in David O. Selznick war frei erfunden, quasi ein Künstlername, und hatte keine Bedeutung. In North by Northwest heißt Cary Grants Charakter Roger O. Thornhill. An einer Stelle des Films wird er gefragt, wofür das O steht und antwortet „Nothing!“

Das Drehbuch von Rebecca

Rebecca basiert auf einem Roman von Daphne du Maurier. Das Buch war eine weltweiter Bestseller gewesen und eines von Insgesamt drei du-Maurier-Romanen, die Hitch verfilmt hat: Die anderen waren The Birds und Hitchs letzter brittischer Film Jamaica Inn. Hitch hatte sich schon früher um die Rechte an Rebecca bemüht. Die Summe, die du Maurier dafür aufrief, hatte er aber nicht zahlen können. Da er nun gerade deshalb nach Hollywood gewechselt war, um mit Budgets arbeiten zu können, die die englischen Studios ihm nicht bieten konnten, war es für Hitch ein guter Testballon, Selznick darum zu bitten, Rebecca verfilmen zu können. Selznick willigte ein.

A pro pos Testballon: Den ließ Selznick auch aufsteigen. Um zu testen, ob der Roman sich in ein Drehbuch umsetzen ließ, beauftragte Selznick einen jungen Radioregisseur, ein Hörspiel aus dem Stoff zu produzieren. Das Talent vom Radio hatte zudem mit seinem Hörspiel „The War of the Worlds“ gerade einen großen Hit gelandet und Selznick hoffte auf entsprechende Mitnahmeeffekte für Rebecca. Die Rede ist natürlich von Orson Welles. Als Resultat des Hörspiels trug Selznick Hitchcock übrigens auf, die Titelheldin wie im Roman namenlos zu lassen. Hitch hatte geplant, sie nach der Autorin Daphne zu nennen.

Auch der Rest von Hitchs Drehbuch gefiel Selznick nicht. Wie gewohnt hatte Hitch zusammen mit seinen Drehbuchautorinnen Michael Hogan und Joan Harrison sich viele Freiheiten vom Original genommen und vor allem viel Humor in die Story hineingeschrieben. Das brachte ihm ein Memo von Selznick ein, in dem der Produzent schrieb, er sei „shocked and disappointed beyond words … We bought Rebecca and we intend to make Rebecca.“ Bei einem anderen Aspekt war Selznick viel eher zu Änderungen bereit: Er überlegte lange, den Titel „Rebecca“ nicht zu verwenden, da er ihm zu jüdisch klang.

Hörempfehlung: You Must Remember This zur Hollywood-Blacklist

Der Name wurde letztlich beibehalten, im Gegensatz zum Ende des Romans, in dem offenbart wird, dass Maximilian de Winter Rebecca erschossen hat. Das widersprach dem Hays Code, dem zufolge – wir hatten das Thema schon öfter – Verbrecher nicht ungestraft davonkommen dürfen. Entsprechend wurde es abgeändert.

Die Dreharbeiten von Rebecca

Die Spannungen zwischen Hitch und Selznick nahmen auch während der Dreharbeiten nicht ab. Da Selznick noch immer mit Gone With The Wind beschäftigt war, beauftragte er den Regieassistenten Eric Stacey und das Script-Girl Lydia Schiller ihm jeden Tag alles zu berichten, was Hitchcock macht. Als Hitch das rausbekam, hat er die beiden wohl ziemlich gemobbt. Zum Beispiel erzählte er gerne in Meetings, in denen Schiller anwesend war, so lange obszöne Anekdoten, bis die Script-Supervisorin fassungslos den Raum verließ.

Hitch wiederum war es gewohnt, seine Filme „in der Kamera zu scheiden“. Er hatte eine Szene vor Drehbeginn schon genau im Kopf und drehte dann nur das Material, dass er brauchte. Das wiederum ärgerte Selznick ganz gewaltig. Denn er war es gewohnt, von den Regisseuren viele verschiedene Varianten einer Szene gefilmt zu bekommen und dann selbst im Schneideraum zu entscheiden, was er davon verwendete.

Das hielt Selznick nicht davon ab, Hitch in seinen Job reinzureden. Später wurde Hitchcock nicht müde, die Anekdote zu erzählen, wonach Selznick wollte, dass am Ende über dem brennenden Manderley der Rauch ein großes „R“ formt. Hitch fand dies viel zu dick aufgetragen und entschied sich dann dafür, den Film mit der brennenden Bettwäsche enden zu lassen, auf der „R“ eingestickt ist. Allerdings dürfen wir nicht unerwähnt lassen, dass Selznick die Geschichte mit dem Rauch-„R“ immer abgestritten hat.

Selznick war so unzufrieden, mit der Art und weise, wie Hitchcock den Film inszenierte, dass er zwischenzeitlich überlegte, die Produktion abzubrechen. Er war so verunsichert, dass er sein Frau Irene bat, sich das bereits gedrehte Material anzusehen, um ihm einen Rat zu geben, ob es sich überhaupt lohnte, weiterzumachen. Irene Mayer Selznick sah sich die gedrehten Szenen an und versicherte Selznick, dass sie exzellent waren.

Die Spannungen zwischen Hitch und Selznick waren auch nicht die einzigen Verwerfungen am Set. Laurence Olivier hatte sich stark dafür eingesetzt, dass seine Frischverlobte Vivien Leigh die Rolle der zweiten Mrs. de Winter spielt. Selznick und Hitch entschieden sich aber dagegen, da Leigh nicht zum grauen Maus-Image passte. Nach einem langen Casting, in dem Selznick werbewirksam so ziemlich jede zweite Hollywoodschauspielerin antreten ließ, entschieden sich er und Hitch für Joan Fontaine. Aus Rache, behandelte Olivier Fontaine während des Drehs wie den letzten Dreck. Hitch, der alte Fiesling, beschloss das auszunutzen und erzähle Fontaine, dass alle im Team sie hassen würden. Er machte dies, damit sie besonders niedergeschlagen und verunsichert wurde und so besonders gut die Rolle der zweiten Mrs. de Winter spielen konnte. Fontaine berichtete später auch, dass Olivier eine unangenehme Angewohnheit hatte: Wenn er einen Take versaute, pflegte der zu fluchen. Fontaine sagte, dass sie dabei Worte hörte, die sie bislang nur an Klowänden gesehen hatte.

Die komplette Second Unit und Joan Fontaine mussten drei Tage im Krankenhaus verbringen, weil sie sich beim Filmen der Szene, in der die zweite Mrs de Winter nach Manderley anreist mit Giftefeu vergiftet hatten. Vor einer Szene, in der sie weinen sollte, bat Joan Fontaine Judith Anderson (Mrs. Danvers), sie zu orfeigen, damit ihr das Weinen leichter fiel. Anderson wollte das aber nicht, woraufhin Hitch zur Tat schritt und Fontaine eine scheuerte.

Die Dreharbeiten waren ursprünglich für eine Dauer von 36 Tagen angesetzt. Insgesamt dauerte der Dreh dann aber 63 Tage, unter anderem, weil Joan Fontaine die Grippe bekam und weil die Gewerkschaft der Bühnenarbeiter streikte. Nachdem Hitch dann die Dreharbeiten offiziell beendet hatte. Übernahm Selznick die Regie, und ließ einige Szenen noch einmal neu drehen, die ihm nicht gefielen, insbesondere das Finale mit dem brennenden Manderley.

Kameraarbeit & Special Effects in Rebecca

Hitch und sein Kameramann George Barnes verwendeten „deep focus photography“ in Rebecca: Dabei wird mit sehr kleiner Blende bei stark ausgeleuchteten Set gefilmt, um den Effekt zu erzielen, dass sowohl Sachen im Vordergrund als auch im Hintergrund scharf zu sehen sind. Ein Jahr später machte Citizen Kane die „deep focus photography“ sehr populär.

Dem Team gelang es nicht, ein Haus zu finden, das Selznick als Manderley gefiel. Daher entschlossen sie sich eine Miniatur zu bauen. In einem zweiten Studio wurde noch ein Modell von der Ruine von Manderley gebaut, nur für die Eröffnungsszene. Viele innenarchitekturelle Details von Manderley waren „Matte Paintings“: Dabei werden meist auf Glasscheiben Details des Bildes aufgemalt. Die Scheibe wird dann zwischen der Kameralinse und dem Set platziert. Matte Paintings wurden teilweise auch beim Feuer am Ende verwendet. Außerdem recycelte Selznick hier Bilder von Flammen, die er schon für die „Burning of Atlanta“-Szene in Gone With the Wind verwendet hatte.

Filmisches Erzählen in Rebecca

Die erste Szene

In der ersten Szene sehen wir eine Kamerafahrt durch die Gitter eines Tores, einen gewundenen Pfad hinauf bis zu den Ruinen des Anwesens Manderley. Begleitet wird die Kamerafahrt durch den Voice Over der namenlosen Protagonistin, die klarmacht, dass es sich um einen Traum handelt und dass sie nie wieder nach Manderley zurückkehren kann. Im Traum erscheint es ihr, als gingen in den Fenstern der Ruine die Lichter an. Direkt im Anschluss gibt es einen harten Schnitt auf Maxim, der auf einer Klippe steht und sich ins Meer stürzen will.

Interessant ist an dieser Eröffnung, dass der Voice Over aus ihr eine subjektive Kamera macht – ein kreativer Einsatz vom sonst oft langweiligen Stilmittel des Voice Overs. Dann ist die Eröffnung interessant, weil Hitch hier sein altes Motto anwendet, uns Informationen zu geben, um dadurch die Spannung zu erhöhen: Wir sehen das Manderley zerstört ist, wir erfahren, dass die zweite Mrs. de Winter nie wieder zurückkehren kann und dass mit dem Haus die „strange days of my life“ verbunden waren. Der dritte spannende Aspekt ist, dass durch die sich einschaltenden Lichter das Leitmotiv des Spuks gesetzt wird. Außerdem wird klargemacht, dass Manderley selbst ein Protagonist dieses Films ist. Es folgt der harte Schnitt auf den suizidalen Maxim, der klarmacht, dass auch Maxims Verhältnis zu Manderley problematisch ist.

Die Charaktere in Rebecca

Maxim

Maxim ist depressiv, er leidet unter Rebeccas Tod. Gleich in der ersten Begegnung mit der namenlosen Protagonistin zeigt sich ihre weitere Beziehung. Sie hält ihn vom Suizid ab und er beschimpft sie dafür. Im weiteren Verlauf wird er weiter autoritär in dieser Beziehung auftreten, sie hingegen unterwürfig.

Ein wichtiges Thema in Rebecca ist die Verarbeitung von Traumata. Maxims vermeintlicher Todschlag an Rebecca ist das größte Trauma des Films. Anscheinend ist für Traumata wesentlich, dass das traumatische Erlebnis immer wieder durchlebt wird. Dieses Wiederdurchleben zieht sich durch den Film und beginnt damit, dass Maxim die zweite Mrs. de Winter an dem Ort kennenlernt, an dem er mit Rebecca seine Flitterwochen verbrachte.

In diesem Zusammenhang ist auch eine freudianische Interpretation ganz interessant:

„Some scholars insist that „Rebecca“is one of the few Hollywood films to actively explore Freud’s Electra Complex. (The heroine, who is appropriately unnamed, finds love with the very paternal Maxim. As she steadily moves toward independence she faces harsh censure and possible destruction by an array of mother figures.)“

The Picture Show Man

These: Das wichtigste Thema für Hitchcock sind nicht die Thriller oder Kriminalfälle. Stattdessen mach Hitch immer Filme über die Beziehung zwischen Männern und Frauen. Und er zeigt in seinen Filmen stets ein sehr pessimistisches Bild, vertritt die Position, dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt ist.

Die Variante der problematischen Beziehung, die in Rebecca erzählt wird, ist die missbräuchliche Beziehung (abusive relationship). Maxim ist autoritär, unterdrückt die Namenlose. Durch ihre Namenlosigkeit wird diese Unterdrückung noch hervorgehoben (neben der Tatsache, dass sie immer im Schatten von Rebecca steht). Um über den Tod von Rebecca und seine Schuldgefühle hinwegzukommen, holt sich Maxim ein Mäuschen, das er glaubt, kontrollieren zu können. Daniel vertritt die These, dass Rebecca ein feministischer Film ist, da Hitch die starke patriarchale Rolle von Maxim in der Beziehung kritisiert. Paula gibt zu bedenken, dass die beiden starken Frauen im Film (Rebecca und Mrs. Danvers) die Villains sind.

Interessant ist, dass sich das Rollenverhältnis nach dem Twist wandelt. Dann ist Maxim schwach, aber die zweite Mrs. de Winter nutzt das nicht aus, sondern unterstützt ihn.

Mrs. Danvers

Mrs Danvers ist die Verbündete der toten Rebecca. Sie hasst die zweite Mrs. de Winter und will sie am Ende sogar in den Tod treiben, weil sie das Vermächtnis von Rebecca gefährdet sieht. Spannend ist vor allem eine Szene, die heute exemplarisch ist für „Queer Hollywood“: Die Darstellung von Homosexualität unter dem Hays Code. Anscheinend wurde Homosexualität auch schon im Roman zumindest angedeutet, zumindest sprach das Hays Office Selznick eine explizite Warnung aus:

„Joseph Breen, head of the Production Code, sent a strongly worded message to David O. Selznick explicitly forbidding any suggestion of  a relationship between Mrs. Danvers and Rebecca. Berenstein quotes directly from one of these letters in her article: “If any hint of this creeps into this scene, we will of course not be able to approve the picture.” Yet all of these things made it in to the final cut, regardless.“

Vivien Leigh & Laurence Olivier

Dennoch strich Hitch die Szene nicht komplett. Er inszenierte sie so: Die zweite Mrs. de Winter hat das alte Zimmer von Rebecca entdeckt und wird dabei von Mrs. Danvers überrascht. Die Haushälterin hält daraufhin einen Monolog, dass Rebecca viel cooler war und die namenlose Protagonistin nie in ihre Fußstapfen wird treten können. Im Rahmen dieses Monologs zeigt sie der zweiten Mrs. de Winter das Negligé von Rebecca und zeigt mit der durchscheinenden Hand, wie transparent es ist. Dies ist ein erotisches Symbol, das zumindest darauf hindeutet, das Mrs. Danvers in Rebecca verliebt war, möglicherweise hatten sie sogar eine Affäre. Für die Sehgewohnheiten unter dem Hays Code reichte diese kurze Szene aus, Homosexualität zu verdeutlichen und war zugleich das Äußerste, was Hitchcock wagen konnte, ohne zensiert zu werden.

Uns fiel auf, dass Mrs. Danvers optisch wie in der Inszenierung große Ähnlichkeit hat mit Severus Snape aus Harry Potter. Abgesehen von Haaren und Kleidung wird sie oft von unten angeleuchtet gezeigt. Außerdem hatte Judith Anderson die Regieanweisung bekommen, möglichst wenig zu blinzeln und (unterstützt durch ihr langes Kleid) sieht man sie kaum laufen. Sie taucht plötzlich auf und wenn sie sich bewegt, das schwebt sie fast.

Rebecca

Obwohl Rebecca nie zu sehen ist, ist sie eine eigene Protagonistin im Film. Rebecca wird immer als unbeschreiblich schön … äh … beschrieben. Damit ist sie der Kontrast der unscheinbaren zweiten Mrs. de Winter. Während die namenlose Protagonistin aschblondes, glattes Haar hat, erfahren wir, dass Rebecca schwarze Locken hatte.

In der Dialogszene, in der wir von Maxim erfahren, wie Rebecca starb, ist die tote fast anwesend. Dieses Paradox wird durch eine fantastische Kameraführung realisiert, indem die Kamera den unsichtbaren Bewegungen Rebeccas folgt und sie dadurch wieder zum Leben erweckt.

Eine weitere Repräsentation von Rebecca im Film ist ihr kleiner, schwarzer Cocker Spaniel Jasper. Der Hund ist im Haus immer an Orten anwesend, die der namenlosen Protagonistin explizit als mit Rebecca verbunden präsentiert werden. Er führt die zweite Mrs. de Winter sogar in die Hütte am Meer, in der Rebecca starb.

Die zweite Mrs. de Winter

„The reason Rebecca still grips lies in the fact that we can all see ourselves in Fontaine’s role: everyone plunged into a new and unfamiliar milieu has felt her uncertainty and fear that they are the wrong person, in the wrong place.“

The Guardian

Die namenlose Protagonistin freundet sich letztlich mit Jasper an, was auch gut ihren Charakterbogen symbolisiert: Sie lässt sich nicht abschütteln. Von der grauen Maus wächst sie nach und nach trotz aller Widrigkeiten in die Rolle der Hausherrin hinein.

Rebecca ist eine twisted Aschenputtelgeschichte. Die namenlose Protagonistin ist das Aschenputtel, das vom Prinzen aufs Schloss mitgenommen wird. Doch was folgt ist kein Märchen, das Schloss Manderley ist ein sehr abweisender Ort. Das Anwesen ist fast schon ein eigener Protagonist: Alles ist riesig, sodass die Protagonistin stets verloren wirkt. Die Türen sind viel zu groß, sodass die Türklinken auf Gesichtshöhe sind und der Kamin ist so riesig, dass er droht die zweite Mrs. de Winter zu verschlucken, als sie davor steht. In einer Szene sitzt die Namenlose allein an einem Tisch und isst, während die Kamera nach hinten den Tisch entlangfährt, sodass die Einsamkeit mit dem Holzhammer sichtbar wird.

Das Aschenputtel hat in diesem Film sogar eine Treppenszene. Die Namenlose kommt im Kostüm auf den Ball, doch statt wie im Märchen bewundert zu werden, sind alle entsetzt, weil sie sich genauso gekleidet hat, wie es Rebecca stets tat. Sie flüchtet dann vom Ball und verliert zwar nicht den Schuh aber ihren Hut.

Who wins the scene?

Hier das Video von Every Frame A Painting:

Youtube

Und hier die Szene, in Rebecca, in der Die Kamera wunderbar klarmacht, wer die Szene gewinnt:

Youtube

Die Szene beginnt mit einem Two-Shot von der Namenlosen und Maxim, die beiden sind eng beisammen, das Bild drückt Harmonie aus. Mrs. Van Hopper betritt die Szene und stellt sich buchstäblich zwischen das junge Glück. Jetzt kommt der erste Schnitt: Maxim dominiert die Szene, er ist der einzige, der uns anguckt. Außerdem überragt er die beiden Frauen. Die Namenlose ist verunsichert an den rechten, dunklen Bildrand gedrückt.

Im Moment, als Maxim die Verlobung mit der Namenlosen verkündet, zoomt die Kamera auf Mrs. Van Hopper. Im ersten Close-up der Szene sehen wir ihr Gesicht von Lächeln auf Empröung wechseln. Sie ist eindeutig im Hintertreffen. Kurzer One-Shot auf die Namenlose, die die Verlobung bestätigt. Dann folgt wieder ein Three-Shot, aber diesmal aus einem neutralen Winkel. Wir sehen Mrs. Van Hopper ihre Fassung wiedergewinnen. In dieser Phase dreht sie immer von Maxim zur Namenlosen und zurück. Als sie sich gefangen hat, hat sie sich komplett zu Maxim gedreht, der Namenlosen den Rücken zugewandt. Sie beginnt die Szene zu dominieren.

Als Mrs. Van Hopper versucht, die Hochzeitsplanung an sich zu reißen, zoomt die Kamera auf einen Two-Shot von ihr und der Namenlosen – Van Hopper hat ihr noch immer den Rücken zugewandt. Als der Two-Shut bis auf ein Close-up hineingezoomt hat, dreht sie sich und gibt ihrer Noch-Begleitdame den Befehl, ihr Gepäck wieder heraufbringen zu lassen. Die Namenlose will den Befehl folgen und geht um Mrs. Van Hopper herum zur Tür. Sie steht jetzt zwischen ihrer Chefin und Maxim.Die Kamera schwenkt und Van Hopper muss sogar noch einen Schritt machen, der (zugegeben etwas unelegant) nur dafür dafür da ist uns nun Maxim zu zeigen, der die Namenlose aufhält. Er und der Spielball dieses Machtkampfes stehen jetzt so, dass wir ihre Gesichter klar ausgeleuchtet sehen, währen Van Hopper dunkel an den Bildrand gedrängt nur von hinten zu sehen ist. Maxim hat die Kontrolle zurück. Wir sehen einen kurzen Reverse-Shot, als Van Hopper noch einmal zaghaft versucht, die Kontrolle wieder an sich reißen. Das Scheitert und wir sind zurück im Three-Shot, in dem Maxim und die Namenlose dominieren.

Dann geht Maxim ab, um das Gepäck zu holen. Die Namenlose gibt daraufhin freiwillig ihre überlegene Position auf und geht nach Links aus dem Frame. Von Van Hopper im Profil kritisch beäugt. Im Moment, da Van Hopper allein im Frame ist, äußert sie den Vorwurf, dass die Namenlose sie betrogen hat.

Schnitt auf die erste Totale: Van Hopper stehen an den Rändern des Bilds, die Namenlose hat Van Hopper den Rücken zugedreht, während sie sich die Vorwürfe anhören muss. Van Hopper geht auf sie zu, die Kamera zoomt bis zu einer amerikanischen Einstellung von den Beiden. Die Namenlose zeigt Van Hopper noch immer den Rücken. Van Hopper zündet sich eine Zigarette an, sie dominiert die Szene nun total. Was durch einen One-Shot von ihr unterstrichen wird. Kurzer Reverse-Shot, als die Namenlose zaghaft beginnt, sich zu verteidigen. Dann ein Two-Shot, in dem sich die Namenlose umgedreht hat und beide nun kurze Zeit gleichwertig sind.

Doch während Van Hopper ihr prophezeit, welch schweres Schicksal sie auf Manderley haben wird, geht Van Hopper von der Namenlosen weg, die Kamera folgt in einem Schwenk bis Van Hopper vor eine Spiegel steht und jetzt buchstäblich einen Two-Shot mit sich selbst hat. Sie dominiert total. Kurzer Reactionshot, dann dreht sich Van Hopper um und blickt macht im Close-Up die Namenlose weiter fertig. Doch jetzt hat sie den Bogen überspannt, die Namenlose verweist sie des Zimmers und die Kamera folgt ihr dabei in einem Schwenk, während sie im Angriff auf Van Hopper zugeht. Van Hopper verlässt das Zimmer, die Kamera folgt in einem weiteren Schwenk, an dessen Ende sie in der Tür steht. Van Hopper ist nun klein im Hintergrund während die Namenlose von hinten gesehen den Vordergrund des Bildes dominiert. Sie hat gewonnen.

Doch als Van Hopper geht, gibt sie der Namenlosen den einzigen Namen, den sie je haben wird: Mrs. de Winter. Die Kamera zoomt heraus bis zur Totalen, in der wir Mrs. de Winter halbabgewandt, alleine und klein im großen Zimmer stehen sehen. Im letzten Frame hat sie die Szene doch noch verloren.

Das ist sehr, sehr geile Kameraarbeit!

Hitchcocks Cameo

Man sieht ihn in der 123. Minute des Films hinter einer Telefonzelle entlanggehen, kurz nachdem Jack Favell darin ein Telefongespräch mit Mrs. Danvers geführt hat.

Wikipedia

Das Cameo ist so unscheinbar, dass wir es nicht erkannt hätten, wenn wir es nicht vorher gelesen häten.

Die Rezeption von Rebecca

„First, it is the finest job of direction accomplished by a master director and may justly be called Alfred Hitchcock’s masterpiece.“

Zeitgenössische Kritik von The Daily News

Kehren wir zurück zur Oscarverleihung. Ihr alle kennt die Geschichte: Hitch sollte weder diesen noch irgendeinen anderen Oscar gewinnen. Und Selznick? Der gewann! Rebecca erhielt neben dem Oscar für die beste Kamera auch den für den besten Film. Selznick war der erste Produzent, dem es gelang , den wichtigsten Oscar zweimal in Folge zu gewinnen (Gone with the wind, Rebecca). Rebecca war übrigens der einzige Film, der bislang den Oscar für den besten Film gewinnen konnte, ohne den für die beste Regie oder das beste Drehbuch zu bekommen.

Im Interview mit Truffaut urteilte Hitch dann auch: Rebecca ist kein Hitchcock-Film, da er zu humorlos sei, ein Frauenfilm sei und Selznick Hitchs Drehbuch abgelehnt habe. Allerdings gestand er ein, dass der Film gut gealtert sei, obwohl er nicht genau weiß warum. DAs Interview wurde 1962 geführt (Quelle: Truffaut*).

Selznick hatte übrigens Rebecca am Tag, als die Oscarnominierungen bekanntgegeben wurden, noch einmal in LA in die Kinos gebracht. Als zusätzliche Werbemaßnahme brachte er sogar den Gouverneur dazu den Hollywood Boulevard für einen Tag in „Rebecca Boulevard“ umzubenennen. Rebecca war ein großer Erfolg und spielte insgesamt 6 Millionen Dollar ein (1,3 Mio Budget, mehr als das Vierfache). Die Nazis benutzten den Roman Rebecca als Grundlage für einen Code während des zweiten Weltkriegs.

Wie so oft, hatte auch Rebecca ein juristisches Nachspiel: 1944 verklagte Edwina Levin MacDonald David O. Selznick, Daphne Du Maurier und die Produktionsfirmen. Ihrer Meinung nach, war Rebecca ein Plagiat ihres Roman „Blind Windows“. 1948 urteilte der New Yorker District Court, dass es zwar genug Parallelen gibt, die belegen, dass Du Maurier „Blind Windows“ kannte und sich daran orientiert hat, dass aber keine Urheberrechtsverletzung vorliege, weil sie etwas eigenes damit geschaffen habe. Die Klägerin erlebte das Urteil nicht mehr, sie war inzwischen verstorben.

Wie wir schon im Teaser in Folge 69 verraten haben, war Rebecca in Spanien so erfolgreich, dass dort die Art von Jacken, die ironischerweise ausgerechnet Joan Fontaine im Film trug noch heute „Rebeccas“ genannt werden.

Preise und Bestenlisten

  • Rebecca war der Auftaktfilm bei der ersten Berlinale
  • Rebecca gewann den Oscar für den besten Film in einem außergewöhnlich starken Jahr. Die anderen Nominierten waren: The Grapes of Wrath, The Philadelphia Story, The Great Dictator und Foreign Correspondent.
  • Rebecca steht in der IMDB-Bestenliste derzeit auf Platz 156 (Juli 2016).
  • Auf Rotten Tomatoes ist er mit den seltenen 100% bewertet.
  • Der Film ist gelistet in den“1001 Movies You Must See Before You Die“ von Steven Schneider.
  • Außerdem ist er in zwei AFI-Listen zu finden: In „100 Years…100 Thrills“  steht er auf Platz 80 und in „100 Years…100 Heroes and Villains“ steht Mrs. Danvers auf Platz 31.
  • Und die American Society of Cinematographers wählte Rebecca auf Platz 18 der besten Filme von 1894 bis 1949.

Zitate & Referenzen

  • Es gab verschiedene Neuverfilmungen und Radioadaptionen von Rebecca. Teilweise wurden dabei die Originaldialoge wiederverwendet.
  • Citizen Kane referenziert sowohl den Anfang als auch das Ende von Rebecca
  • Außerdem hat Hitch einen Stuhl sowohl in  Suspicion (1941) als auch in Dial M for Murder (1954) wiederverwendet

Lesenswert

The End.

*Amazon-Link: Wenn ihr das Buch kauft, bekommen wir eine winzige Provision und freuen uns.

SF28 – Das James-Bond-Double-Feature

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Paula
Überbezahlter Superstar
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Daniel
Verkannter Regisseur


Vorgeplänkel

Ihr könnt uns unterstützen, indem ihr uns bei iTunes rezensiert. Die Wiederaufführung hat auch ihr Kinoprogramm vorgeplänkelt, wir freuen uns über weitere Nachahmer.

Bond, James Bond

Unser Name ist Film, Spätfilm. Ihr könnt von uns zwar nicht erwarten zu sterben, aber erwarten zu reden. Und das gleich über zwei Filme! Zusammen mit Graf Duckulas Anneliese fassen wir den einen nur mit Goldfingern an, beim anderen sind wir leider an Diamantenfieber erkrankt. Sodass wir uns nach über zwei Stunden ohne Richtung, in denen wir Dinge aus Gründen machen, am Ende fragen, warum wir eigentlich Bond gucken und ob Filme eine moralische Verantwortung haben.

Goldfinger

Eckdaten

Regie: Guy Hamilton
– Filmographie:
1964: Goldfinger
1971: Diamonds Are Forever
1973: Live and Let Die
1974: The Man with the Golden Gun
Erscheinungsjahr: 1964
Schauspieler/innen: Sean Connery (James Bond), Gert Fröbe (Auric Goldfinger), Honor Blackman (Pussy Galore) Bernard Lee (M), Desmond Llewelyn (Q), Lois Maxwell (Moneypenny)
Budget: 3 Mio $
Genre: Actionfilm, Agententhriller

 Die Produktion von Goldfinger

Goldfinger war der dritte Teil der James-Bond-Filmreihe nach Dr. No und From Russia with Love. Mit einem Budget von 3 Mio $$ hatte Goldfinger damals Blockbuster-Niveau und ein so großes Budget wie die beiden vorherigen Teile zusammen.

Das Drehbuch von Goldfinger

Richard Maibaum schrieb hauptsählich das Drehbuch und stopfte ein Plottloch aus der Romanvorlage von Ian Fleming. Dort hatte Goldfinger nämlich noch versucht Fort Knox auszurauben. Weswegen Maibaum Bonds Kommentar einfügte, dass das 12 Tage dauern würde.

Die Dreharbeiten zu Goldfinger

Wir hatten uns gewundert, warum die Szenen im Hotel in Miami zu Beginn des Films offensichtlich vor einem Bluescreen gedreht wurden. Dies geschah, weil Sean Connery ausgebucht war, noch in den Dreharbeiten mit Hitchcock zu Marnie steckte und keine Zeit hatte, nach Miami zu reisen.

Broccoli bekam zwar die Erlaubnis, in Fort Knox zu filmen, aber nur Überflugrechte für eine Höhe von knapp 1000 Meter. Das war für die geplante Szene allerdings vollkommen witzlos, da es keine guten Aufnahmen von der Champagner-Staffel erzeugt hätte. Deshalb flogen sie verbotener Weise in 150 Meter Höhe über Fort Knox. Guy Hamilton beschrieb die Reaktion des Militärs so: „and the military went absolutely ape“. Die umfallenden Soldaten in den Szenen von Fort Knox waren übrigens immer die gleichen.  Sie liefen von Set zu Set, um dann wieder umzufallen.

Connery war damals mit Diane Cilento  verheiratet und wollte seinen Ehering während des Drehs nicht ausziehen, daher trug er eine hautfarbende Bandage über dem Ring.

Die Synchronisation von Goldfinger

Fröbe sprach so schlecht Englisch, dass er im Original synchronisiert wurde. Und die deutsche Synchronisation hat ihrem schlechten Ruf auch mal wieder alle Ehre gemacht.  Der Klassiker: „Billion“ (eine Milliarde) wurde mit „einer Billion“ übersetzt, Q wurde aus unerfindlichen Gründen in K umbenannt. Außerdem wurde die Doppeldeutigkeit in der Anfangsszene wegsynchronisiert: James Bond bringt einen Widersachers durch einen Stromschlag in einer Badewanne um. Begleitet vom Oneliner: „Shocking! Positively shocking!“. Daraus wurde im Deutschen: „Widerlich! Einfach widerlich!“.

Filmisches Erzählen in Goldfinger

Der Film ist überaus konventionellgefilmt, es gibt eigentlich nur einen erwähnenswerten Shot: Beim Mission-Briefing mit M macht die Kamera eine schöne, wenngleich etwas sinnlose Fahrt. Leider habe ich keinen Youtube-Schnipsel dazu gefunden.

Allerdings muss man sagen, dass die Action sehr gut inszeniert ist. Die vier großen Ws können jederzeit beantwortet werden: Wer Was Wann Wo tut. Dafür habe ich auch ein Beispiel:

Video auf Youtube

Lediglich der Schluss, wenn Tilly Masterson (Tania Mallet) in den Graben fährt und das Bild bei einem Shot offensichtlich schneller abgespielt wurde, wirkt etwas altbacken, ansonsten ist das eine solide Actionsequenz, die nicht die Krankheiten heutiger Actionfilme aufweist: zu schnelle Schnitte und Wackelkamera. Als Gegenbeispiel hier die Verfolgungsjagd aus Quantum of Solace:

Video auf Youtube

Warum kommen in Bond so oft Laser vor?

In beiden Bonds, die wie gesehen haben, kamen Laser vor. Und insgesamt hatten wir den Eindruck, dass besonders in den alten Bond-Filmen die Antagonisten immer Laser als Waffen einsetzten. Das liegt daran, dass Laser einfach der neue heiße Scheiß waren. Erst 1960 wurde der erste Laser gebaut.

 Sprechende Namen

Wie in den meisten Bond-Filmen, so haben auch bei Goldfinger die Protagonisten sprechende Namen, wenngleich diese nicht sonderlich subtil sind.Der Antagonist heißt Auric Goldfinger – Aurum ist das lateinische Wort für Gold und der Nachname Goldfinger verweist auf den Mythos von König Midas, dessen Gier nach Gold ihm zum Verhängnis wurde. Das Bondgirl heißt Pussy Galore – Was übersetzt „Pussy in Hülle und Fülle“ bedeutet. Der Assistent von Goldfinger heißt Oddjob – was soviel wie Handlanger bedeutet. Außerdem gibt es unter den amerikanischen Gangstern einen, der sich nicht an Goldfingers Heist beteiligen will – er heißt Mr. Solo …

 Der Hays Code

Die Produzenten Harry Saltzman und Albert R. „Cubby“ Broccoli wollten den Namen Pussy Galore erst in Kitty Galore ändern, weil sie Angst hatten, mit dem Hays Code Probleme zu bekommen. Hamilton beschloss das durchzuziehen. Der Zensor machte tatsächlich Stress, aber Hamilton lud ihn und seine Frau zum Essen ein und räumte die Probleme aus der Welt, unter anderem, indem er dem Zensor versicherte, dass er auch Unterstützer der Republikaner sei.

Ebenfalls Probleme bekamen sie mit der berühmten Szene, in der Jill Masterson durch Goldfarbe getötet wurde und zwar einerseits von den Amerikanern, denen die Szene zu erotisch war und andererseits von den Briten, die nicht wollten, dass sie zu brutal umgesetzt wird.

Zitate und Referenzen in Goldfinger

  • Die Stacheln an den Rädern von Bonds Auto, die in der oben verlinkten Szene zu sehen sind zitieren das berühmte Wagenrennen aus Ben-Hur  (Etwa ab Minute 1:10):

Video auf Youtube

  • Die Idee des Mordes mit Golfarbe hatte Ian Flemming aus dem Horrorfilm Bedlam (1946).
  • Bond ködert Goldfinger mit einem Goldbarren aus dem Toplitzsee. Gert Fröbe spielte 1959 in Der Schatz vom Toplitzsee mit.

Die Rezeption von Goldfinger

Goldfinger steht im Guinness-Buch der Rekorde als der Film, der am schnellsten Geld machte. Nach nur drei Wochen hatte der Film seine Produktionskosten wieder eingespielt. Weltweit spielte der Film über 120 Mio. US-Dollar ein.

Der Film war zeitweise in Israel verboten, nachdem bekannt wurde, dass Gerd Fröbe NSDAP-Mitglied war. Nachdem eine Jüdische Familie bekannt gab, dass Fröbe sie während des zweiten Weltkriegs versteckt habe, durfte er wieder aufgeführt werden.

Die MythBusters sind der Frage mal auf den Grund gegangen, ob man durch einen kompletten Gold-Überzug ersticken kann. Das ist natürlich nicht möglich, da der Mensch mit Lungen und nicht mit der Haut atmet. Es kann aber zu Problemen mit der Thermoregulation kommen, sodass es im schlimmsten Fall zu einem Hitzschlag kommen könnte:

Video auf YoutubeGoldfinger schuf viele Bond-Tropes

  • Zum ersten mal gabe es ein, mit speziellen Gadgets ausgestattete Auto
  • Und zwar nicht irgendein Auto, sondern der Aston Martin DB5
  • Insgesamt wurden die Gadgets prominent
  • Zum ersten Mal gab es einen vom Film losgelösten Prolog
  • Zum ersten Mal wurde der Theme-Song über das Intro (mit einer (halb)nackten Frau) gesungen:
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  • Zum ersten Mal gab es einen Epilog mit Bond im Urlaub
  • Zum ersten Mal gab es das Briefing mit Q:
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  • Zum ersten Mal gab es mit Oddjob einen Assistenten des Antagonisten, der eine spezielle Waffe oder Eigenschaft hat
  • Zum ersten Mal „Geschüttelt, nicht gerührt“
  • Zum ersten Mal gab es das „Talking Killer Syndrome„:

„Goldfinger tells the mobsters what he plans to do, Bond listens in, and then shutters fall to lock the Mafioso in the room, and they are immediately killed with poison gas. My question: Why bother to show them that expensive presentation if you’re only going to kill them afterward? My best guess: Goldfinger had workmen crawling all over the place for weeks, constructing that presentation, and he wanted to show it to somebody.“

Roger Ebert

 Kritik

Besonder Gert Fröbe als Villain wird immer wieder gelobt  und oft sogar der beste von allen Bondbösewichtern genannt.

„And it has the best villain; Auric Goldfinger (Gert Fröbe) is a petty-minded plutocrat who cheats at cards and golf, and has the best ever evil dialogue.“

The Guardian

Insgesamt gilt Goldfinger bis heute oft als der beste James-Bond-Film, der bisher gedreht wurde.

„Of all the Bonds, „Goldfinger“ (1964) is the best, and can stand as a surrogate for the others. If it is not a great film, it is a great entertainment, and contains all the elements of the Bond formula that would work again and again.“

Roger Ebert

Hier noch einmal die Probleme mit dem Plott von Skyfall:

Youtube

Preise und Bestenlisten

Norman Wanstall erhielt 1965 den Oscar in der Kategorie Bester Tonschnitt. Vor allem aber ist Goldfinger auf unzähligen Bestenlisten zu finden. So, allem voran auf folgenden AFI-Listen:

Entertainment Weekly wählte 2006 Goldfinger zum besten Bond-Film und 2012  wählte der Rolling Stone ihn ebenfalls auf Platz 1.

Zitate und Referenzen

Goldfinger sorgte für einen Boom des Spionagethrillers in den 60ern, wurde zum popkulturellen Erbe und wurde bis heute unzählige Male zitiert. Besonders häufig wurde referenziert:

Pussy Galore
  • Honor Blackman spielte Cathy Galeaus in Mit Schirm, Charme und Melone mit und kündigte für die Rolle der Pussy Galore in Goldfinger. In einer Episode von Mit Schirm, Charme und Melone  erhielt dann John Steed eine Weihnachtskarte von Cathy Galeaus aus Fort Knox.
  • In einer anderen Episode von Mit Schirm, Charme und Melone spricht Mrs Peel von „Pussies galore“
  • Dirty Harry (1971): Auf einem Schild im Rotlichtviertel
  • In Trainspotting (1996) wird sie erwähnt
  • Genauso wird sie in Bones – Die Knochenjägerin (2009) erwähnt
  • Und in Suits (2013) wird Dana Scott Pussy Galore genannt.
Die Bombe, die bei 007 endet

Beid den Simpsons (1991)  verhindert Homer die Kernschmelze im Kraftwerk, als der Timer bei 007 steht. Außerdem stoppen Bomben auf 0:07 bei:

  • I Spy (2002)
  • Und bei Chuck gleich zweimal (2007 und 2008)
Geschüttelt, nicht gerührt

Unter anderem in:

 

Oddjob-Referenzen
I expect you to die
Weitere schöne Zitate
  • Bevor er Bond wurde stieg Remington Steele (1984) mit einem Smoking aus einem Taucheranzug
  • Im A-Team  (1986) konnte sich Murdock durch vorgetäuschtes Wissen über die „Operation Undertow“ vor dem Tod retten, außerdem heißt der Henchman dess Villain „Fröbe“
  • In Cars 2 (2011) hat Finn McMissile verblüffende Ähnlichkeit mit dem Aston Martin DB5
  • Und in A Quantum of Solace liegt das Bond-Girl nackt auf dem Bett und ist mit Öl bedeckt.

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Diamonds are forever

Eckdaten

Regie: Guy Hamilton
Schauspieler: Sean Connery (James Bond), Jill St. John (Tiffany Case), Charles Gray (Ernst Stavro Blofeld), Bernard Lee (M), Desmond Llewelyn (Q)
Budget: 7,2 Mio. US-Dollar
Erscheinungsjahr: 1971
Genre: Actionfilm, Agententhriller

Die Produktion von Diamonds are forever

Diamantenfieber, wie er im Deutschen heißt, war der siebente Film der James-Bond-Reihe. Sehr lose Grundlage bildet das 1956 geschriebenen gleichnamige Buch von Ian Fleming. Der eigentliche Film hatte aber nur sehr wenig Ähnlichkeit mit der Romanvorlage. So handelte auch der erste Drehbuchentwurf noch von Auric Goldfingers Zwillingsbruder. Unter anderem hatte Gert Fröbe jedoch kein Interesse daran, die Rolle zu übernehmen, daher entschied man sich für Blofeld als Antagonisten.

George Lazenby

Das Studio United Artists wollte unbedingt Sean Connery als Bond zurück, nachdem in „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ George Lazenby James Bond gespielt hatte.

Lazenby hatte schon während der Dreharbeiten Staralüren gezeigt, hatte sich dann während der Promotion für den Film einen Vollbart wachsen lass und in einem Interview erklärt, dass er die Figur des Bond nicht mehr für zeitgemäß halte. Demgegenüber war Connery immer als Parade-Bond aufgetreten. „Im Geheimdienst“ war zwar ein finanzieller Erfolg, blieb aber hinter den Einspielergebnissen der Connery-Bonds zurück. Schließlich zog Eon Productions das Vertragsangebot an Lazenby über fünf oder sechs weitere Bonds zurück.

Schließlich überredete der Präsident von United Artists, David Picker, Connery persönlich, noch einmal den Bond zu spielen. Dies machte Connery zum bestbezahltesten Schauspieler seiner Zeit.

Der Dreh von Diamonds are forever

Der Diamantenschirm des Satelliten war eigentlich der Reflektor eines alten Blitzes. Der Lawa-Pool war eigentlich Kartoffelbrei, der nach 24 Stunden Dreh unter Studiolichtern wohl enorm zu stinken begann.

Lana Wood, die die Plenty O’Toole spielte, war so klein, dass sie neben Sean Connery selbst mit High Heels auf einer Box stehen musste, um in den Frame zu passen. In der Szene, in der sie tot im Pool treibt, war sie mit den Füßen an einen Betonblock gefesselt. Allerdings konnte sie auftauchen und Luft holen. Jedoch war der Pool abschüssig und so rutschte der Betonblock immer weiter ins tiefe Wasser, bis Wood keine Luft mehr holen konnte und gerettet werden musste.

Die letzte Szene, die Connery als offizieller Bond drehte, war die, in der er im Sarg lag.

Nachtrag zum Podcast: Der inoffizielle Bond mit Connery aus den 80ern war übrigens „Never say never again„.

Die Synchronistation von Diamonds are forever

Und natürlich hat auch hier mal wieder die deutsche Synchronisation gesündigt: Aus Plenty O’Toole wurde in der deutschen Fassung  aus unerfindlichen Gründen Penny O’Toole.

Filmisches Erzählen in Diamonds are forever

„It has been claimed that the plot is too complicated to describe, but I think I could if I wanted to. I can’t imagine why anyone would want to, though. The point in a Bond adventure is the moment, the surface, what’s happening now. The less time wasted on plot, the better.“

Roger Ebert

In Übereinstimmung mit den meisten Kritikern, fanden wir diesen Bond sehr schlecht, die Frage ist aber: Was ist so schlecht an diesem Bond? Ich glaube, das fast es restlos zusammen:

„Diamonds are Forever has no direction until the last thirty minutes.“

Kaboom Review

Zitate und Referenzen in Diamantenfieber

Wir wollen aber nicht verschweigen, dass es zwei ganz nette Referenzen in Diamantenfieber gibt:

  • Beim Briefing mit M, sagt M, dass Bond gerade erst Urlaub hatte. Dies ist eine Anspielung auf den einen Film, den Connery ausgesetzt hatte.
  • Außerdem kommt Bond bei einer Verfolgungsjagd durch ein Filmset, auf dem die Mondlandung gedreht wird. Das ist eine Referenz auf die Verschwörungstheorie, dass die Mondlandung ein Fake ist:
    Youtube

Die Rezeption von Diamonds are forever

Der Film war wieder ein enormer finanzieller Erfolg – er spielte 116 Mio. US-Dollar ein –, aber diesmal war die Kritik schlecht:

„I would complain about the rest of the movie, but there is really no point. Aside from the opening scene, the film is completely worthless, lacking any sense of risk or adventure to the point of being boring as shit.“

That Guy with the glasses

Preise und Bestenlisten

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Haben Filme eine moralische Verantwortung?

Am Ende setzten wir uns noch mit dem Sexismus in Bond im Allgemeinen auseinander und mit dem in den frühen Bonds im Besonderen. In Diamonds schlägt Bond Tiffany Case einmal ganz unvermittelt, weil sie etwas Dummes gesagt hat und in Goldfinger zwingt er Pussy Galore zum Sex:

Video auf Youtube

Daran anschließend griffen wir unsere Diskussion aus Trainspotting wieder auf, ob Filme eine moralische Verantwortung haben.