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SF67 – Rückwärts in die Popkultur hineingeboren

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Paula
Überbezahlter Superstar
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Daniel
Verkannter Regisseur


Paula und Daniel haben gewettet

Paula wollte Filme gucken, „die man mal gesehen haben sollte“. Daniel stellte eine Liste mit 10 solcher Filmen zusammen und die beiden wetteten: Wird es Daniel gelingen, 10 Filme auszuwählen, die Paula gefallen? Es ging um nichts weniger als einen Kasten Bier!

Die Filme waren:

Gran Torino, Moonrise Kingdom, Once Upon A Time In The West, Der Dritte Mann, Demolition Man, Zodiac, Last Action Hero, Goodfellas, Eternal Sunshine of the Spotless Mind und Superman.

Vorgeplänkel

Gallus Theater ♦ Daniel: „Wir machen heute mal wieder ein Special – zur Ausnahme.“ ♦ Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?* ♦ Suspense ♦ The Man Who Knew Too Much (1934) ♦ The Man Who Knew Too Much (1956)

Das Konzept zur Sendung

Die Wette ♦ Memes

Wir werden rückwärts in die Popkultur hineingeboren

Dirk von Gehlen ♦ Woher genau das Zitat stammt, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich habe ich es in von Gehlens schönem Buch Mashup* gelesen ♦ Paula: „Das beste Beispiel dafür ist der Faust von Goethe.“ ♦ Berühmte Zitate aus dem Faust ♦ Heines Harzreise ♦ Daniel: „Goethe war Popkultur!“ ♦ Warum Whiplash ein schlechter Film ist ♦ Unsere Folge zu Rear Window ♦ Unendlicher Spaß* von David Foster Wallace ♦ Nelson Goodman ♦ Die Prickel-Tauch-Theorie: „[E]ine Theorie, nach der das angemessene Verhalten bei der Begegnung mit einem Kunstwerk darin besteht, daß wir uns erst allen Wissens und aller Erfahrung entkleiden […], dann völlig eintauchen und die ästhetische Potenz des Werkes an der Intensität und Dauer des sich ergebenden Prickelns bemessen.“ (Nelson Goodman: Sprachen der Kunst.* S. 112.)

Gran Torino

Erscheinungsjahr: 2008
Regie: Clint Eastwood
Budget: 33 Mio $$
Besetzung: Clint Eastwood (Walt), Bee Vang (Thao), Ahney Her (Sue)
Genre: Drama

Get off my lawn!

Moonrise Kingdom

Erscheinungsjahr: 2012
Regie: Wes Anderson
Budget: 16 Mio $$
Besetzung: Jared Gilman (Sam), Kara Hayward (Suzy), Bruce Willis (Captain Sharp)
Genre: Komödie, Coming of Age, Liebesfilm

The Canon zu Reservoir Dogs ♦ Every Frame A Painting zu Buster Keaton ♦ Second Unit zu Moonrise Kingdom

Once Upon A Time In The West

Erscheinungsjahr: 1968
Regie: Sergio Leone
Budget: 5 Mio $$
Besetzung: Charles Bronson (Harmonica), Claudia Cardinale (Jill), Henry Fonda (Frank)
Genre: Italo-Western

Der Showdown des Films ♦ Diskussion über die Szene, in der Harmonica Jills Kleid zerreißt ♦ Second Unit zu Once Upon A Time

The Third Man

Erscheinungsjahr: 1949
Regie: Carol Reed
Budget: unbekannt
Besetzung: Joseph Cotten (Holly), Alida Valli (Anna Schmidt), Orson Welles (Harry)
Genre: Thriller, Film Noir

Die Wiederaufführung zu Der dritte Mann ♦ „In Italy, for thirty years under the Borgias, they had warfare, terror, murder, bloodshed–they produced Michelangelo, Leonardo da Vinci and the Renaissance. In Switzerland, they had brotherly love, five hundred years of democracy and peace, and what did that produce? The cuckoo clock.“ ♦ Die berühmte Filmmusik aus Der dritte Mann

Demolition Man

Erscheinungsjahr: 1993
Regie: Marco Brambilla
Budget: 57 Mio $
Besetzung: Sylvester Stallone (John Spartan), Wesley Snipes (Simon Phoenix), Sandra Bullock (Lenina Huxley)
Genre: Actionkomödie

Die Drei Muscheln ♦ Daniel: „Ich empfinde ganz große Liebe für diesen Film!“

Zodiac

Erscheinungsjahr: 2007
Regie: David Fincher
Budget: 65 Mio $$
Besetzung: Jake Gyllenhaal (Robert Graysmith), Mark Ruffalo (Inspector Toschi), Robert Downey Jr. (Paul Avery)
Genre: Thriller

Die Keller-Szene ♦ Der Mord am See ♦ Second Unit zu Zodiac ♦ Lichtspielcast #1 zu Fincher ♦ Lichtspielcast #2 zu Fincher ♦ Michis Rezension auf dem Blog der Cinecouch

Last Action Hero

Erscheinungsjahr: 1993
Regie: John McTiernan
Budget: 70 Mio $$
Besetzung: Arnold Schwarzenegger (Jack Slater), Austin O’Brien (Danny), Charles Dance (Benedict), Tom Noonan (Ripper)
Genre: Actionkomödie

„I’ll be back“ in Last Action Hero ♦ Acme ♦ „Willst du ein Omelett backen, musst du erstmal Eier knacken!“ ♦ „You wanna be a farmer? Here’s a couple of acres!“ ♦ Die Schrank-Szene

GoodFellas

Erscheinungsjahr: 1990
Regie: Martin Scorsese
Budget: 25 Mio $$
Besetzung: Ray Liotta (Henry Hill), Robert De Niro (James Conway), Joe Pesci (Tommy DeVito)
Genre: Mafiafilm

Die Paranoia-Sequenz aus GoodFellas ♦ Der Copacabana-Shot ♦ The Canon zu GoodFellas

Eternal Sunshine Of The Spotless Mind

Erscheinungsjahr: 2004
Regie: Michel Gondry
Budget: 20 Mio $$
Besetzung: Jim Carrey (Joel), Kate Winslet (Clementine), Elijah Wood (Patrick)
Genre: Liebesfilm

Second Unit zu diesem Film

Superman

Erscheinungsjahr: 1978
Regie: Richard Donner
Budget: 55 Mio $$
Besetzung: Christopher Reeve (Superman), Marlon Brando (Jor-El), Gene Hackman (Lex Luthor)
Genre: Superheldenfilm

Second Unit zu Superman ♦ Superhero Unit zu Superman ♦ Paula: „Und es tut mir sehr leid für unsere Podcastbeziehung!“ ♦ Superman dreht die Zeit zurück

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SF65 – Her (feat. Christian)

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Paula
Echter als echt
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Daniel
Künstlich, aber nicht intelligent
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Christian
Him


Are these feelings even real?

Für den ersten Teil unseres Tripple-Features rund um Spike Jonzes Her luden Paula und Daniel eine künstliche Intelligenz mit Namen Christan ein. Vom Server der Second Unit simulierte uns diese Stimme echte utopische Gefühle für diesen dystopischen Liebesfilm. Wir schwankten zwischen „Awwww“ und „Uh, akward!“, als wir unaufgeregt Themen wie ungleiche Partnerschaft, Telefonsex, Liebe als Serviceprodukt, und das Fehlen einer Zukunft nicht herbeispekulierten sondern feststellten!

Die Besprechung von Her erfolgte auf den Wunsch von @PattaFeuFeu und in Kürze werdet ihr dazu noch jeweils eine Folge in der Second Unit und im Enough Talk hören können!

Vorgeplänkel

Christian muss den Proustfragebogen beantworten ♦ Superhero Unit ♦ Daniels schriftliche Besprechung von The Birth of a Nation ♦ Second Unit zu Fifty Shades of Grey ♦ John Oliver: How is this still a thing – Hollywood Whitewashing

Die Eckdaten zu Her

Erscheinungsjahr: 2013
Regie: Spike Jonze
Budget: 23 Mio $
Kamera: Hoyte van Hoytema
Besetzung: Joaquín Phoenix (Theodore), Scarlett Johansson (Samantha), Chris Pratt (Paul), Amy Adams (Amy), Olivia Wilde (Blind Date), Rooney Mara (Catherine)
Genre: Liebesfilm, Tragikomödie, Near Science Fiction

Die Produktion von Her

Die Idee zu Her kam Spike Jonze, als er Anfang der 2000er auf einen Chat stieß, der versprach, dass die Chatbots über K.I. verfügen. Er war 20 Sekunden hin und weg, dann hatte er die Grundprinzipien verstanden und dachte sich, dass das noch besser gehen muss. Jonze machte es dann auch schon besser, als er sich dem Thema 2010 mit dem Kurzfilm „I’m here“ widmete. Hier auf YouTube:

Youtube

Danach begann er mit dem Drehbuch zu Her, bei dem ihn in ein paar Szenen übrigens Charlie Kaufmann (Eternal Sunshine of the Spotless Mind, Being John Malkovich, Adaption, Anomalisa) half. Während Jonze noch am Drehbuch saß, veröffentlichte Apple Siri und Spike Jonze war sauer, weil Apple ihm quasi die Show gestohlen hatte. Jedoch erwies sich Siri in der Realität ja nicht als Konkurrenz …

2012 begannen dann die Dreharbeiten. Während dieser Dreharbeiten spielte die Schauspielerin Samantha Morton die Rolle von Samantha. Um ein möglichst realistitsches Ergebnis zu erzielen, bekam Joaquín Phoenix sie allerdings tatsächlich nie zu Gesicht, sondern hörte nur ihre Stimme. In der Postproduktion entschied Jonze dann, dass die Version von Samantha Morton nicht funktioniert und recastete Scarlett Johannson, die die Szenen neu einsprach und mit der ein paar zusätzliche Szenen gedreht wurden.

Jonze sperrte hingegen Adams und Phoenix täglich für ein bis zwei Stunden zusammen in einen Raum, damit sie sich kennenlernen und ihre Freundschaft auf der Leinwand realistischer wirkt. Adams und Phoenix sind seitdem auch im Leben gute Freunde. Die Stadt im Film ist übrigens eine Mischung aus Aufnahmen, die in L. A. und Shanghai entstanden.

Im ersten Rohschnitt war der Film dann mit über 150 Minuten viel zu lang und Jonze bat Steven Soderbergh um Hilfe, der den Film radikal auf 90 Minuten kürzte, indem er alle unnötigen Subplotts rausschmiss. Erst anschließend packte dann Jonze wieder ein paar Szenen zurück in den Film, die er mochte, sodass die finale Länge von 120 Minuten erreicht wurde. Die Filmmusik von Her wurde von der kanadischen Band Arcade Fire und Owen Pallett komponiert. Ergänzt wird das Werk mit Musik von Karen O, der Sängerin der Band Yeah Yeah Yeahs.

Filmisches Erzählen in Her

Ist eine Liebesbeziehung zu einer K.I. möglich?

Paula gibt zu bedenken, dass die Beziehung zwischen Theo und Samantha ein Ungleichgewicht aufzeigt, da Samantha einerseits von Theo abhängig ist. The hat Samantha gekauft, außerdem ist er ihr überlegen, da er sie besitzt und sie als körperloses Wesen auf seinen Geräten existiert. Andererseits Theo auch über viel mehr Erfahrungen in Bezug auf die Liebe verfügt. Daniel erwidert, dass das Ungleichgewicht an Erfahrungen erstens auch in normalen Beziehungen existiert und zweitens im Film explizit angesprochen wird. Genauso wird besonders zum Ende hin die Überlegenheitsfrage diskutiert und umgedreht. Christian betont, dass Samantha diejenige ist, die sich weiterentwickelt und so von Theo wegentwickelt.

Voneinander wegentwickeln

Samantha entwickelt sich von Theo weg, genau wie es zuvor seine Ehefrau getan hat. Der Film erzählt eigentlich die Geschichte wie Theo seine gescheiterte Ehe verarbeitet. Denn während die Trennung von seiner Exfrau ihn kaputt machte, heilt die Beziehung zu Samantha wieder und die Trennung lässt einen ganzen Theo wieder zurück. Das zeigt sich sehr schön daran, dass er am Anfang des Films (Liebes-)Briefe an andere Menschen schreibt, selbst aber einsam ist. Am Ende schreibt er aber einen Brief für sich selbst an seine Exfrau.

Wie erzählt Her die Liebesgeschichte?

Das Besondere an diesem Liebesfilm ist, dass er mit nur einem statt traditionell zwei sichtbaren Protagonisten auskommen muss. Um diese Liebesgeschichte zu inszenieren werden sehr viele Großaufnahmen von Theo gezeigt, damit wir auf seinem Gesicht den Beziehungsstatus ablesen können.

Obwohl Samantha nie zu sehen ist, ist sie aber andererseits immer bei Theo – noch viel häufiger als es ein Mensch sein könnte. Die Art, wie Theo und Samantha ihre Beziehung führen erinnert zugleich an Fernbeziehungen in unserer Zeit.

Sind die Gefühle von Samantha echt?

Catherine, Theos Exfrau, sagt an einer Stelle, dass Theo sich nur deshalb eine künstliche Frau gesucht hat, weil er mit echten Gefühlen nicht klarkommt. Paula wendet ein, dass an dieser Sicht etwas dran ist. Samantha hat keine Hormone, sie ist daher nie schlecht drauf, sondern immer für Theo da – ein Serviceprodukt. Daniel ergänzt, dass dies genau die Scheide von Utopie und Dystopie ist. Sehen wir Samantha als ein Es an oder als eine Sie. Hinzu kommt wieder, dass Samantha immer da ist. Theo kann mitten in der Nacht sein Handy anknippsen und mit ihr sprechen, während ein Mensch in dieser Situation wahrscheinlich ungehalten reagieren würde. Christian gibt zu bedenken, dass diese Gefühle zumindest für Theo echt sind. Er verliebt sich in etwas, was auch immer es ist.

Die Kameraarbeit

Klassisch für den Liebesfilm ist der Twoshot, in dem die Liebenden zusammen in einem Frame zu sehen sind. Liebesfilme sind konventionell so aufgebaut, dass wir eine Reihe von Twoshots zu sehen bekommen, solange bis wir uns visuell an das Pärchen gewöhnt haben. Dann wird eine Situation herbeigeführt, bei der das Pärchen getrennt wird. Die Frames mit nur einem der beiden Protagonisten lassen uns dann das Vermissen nachempfinden. Im Finale wird diese Spannung dann wieder gelöst, indem wir erneut den Twoshot zu sehen bekommen.

Das Problem von Her ist nun, dass der Film zwangsläufig auf den Twoshot verzichten muss. Die Frage ist also: Wie stellt Spike Jonze die Liebe stattdessen dar. Ein Mittel dafür sind ungewöhnlich viele Close-ups des Gesichts von Joaquín Phoenix, sodass wir aus diesem Gesicht immer herauslesen können, wie die Beziehung läuft.

Ferner ist der Film ziemlich schnell geschnitten. Das ist ein einfaches Mittel, damit uns das immer gleiche Bild von Theo nicht langweilig wird. Aber in entscheidenen Momenten setzt der Film dann Jumpcuts ein, bei denen wir aus einer mittleren Einstellung ins Close-up springen, um eine bestimmte Emotion von Theo besser lesen zu können. Alternativ verwendet Jonze langsame Zooms zum gleichen Zweck.

Außerdem benutzt Spike Jonze ähnlich wie Sophia Coppola in Lost in Translation Asymmetrie im Bildaufbau um den Gefühlszustand von Theo darzustellen. Zu guter Letzt kommt hinzu, dass Theo sein Handy immer in der Brusttasche trägt, was dazu führt, dass wir manchmal ganz explizit POV-Shots von Samantha zu sehen bekommen und außerdem es manchmal nicht klar ist, wessen POV wir gerade sehen.

Zitate, Referenzen & Cameo

  • Spike Jonze spricht die Alien Child Voice
  • In der Struktur der Liebesgeschichte ähnelt Her sehr Vertigo (1958). Theo hängt einer unerreichbaren Liebe nach, während er seine beste Freundin, eine bodenständige Künstlerin, ignoriert.
  • Die Szene, in der Theo und Samantha durch die Mall laufen und sich Geschichten über andere ausdenken zitiert Annie Hall (1977)
  • Der Voight-Kampff-Test aus Blade Runner (1982) wird zitiert, als Theo Samantha installiert
  • Es gibt mehrere Shots, die Lost in Translation (2003) zitieren

Die Rezeption von Her

Der Film bekam ursprünglich nur einen Limited Release in sage und schreibe 7 Kinos. Erst als er sich dort als großer Erfolg abzeichnete, bekam er einen amerikaweiten Release. Das Einspielergebnis lag letztlich weltweit bei 47,3 Mio $ (bei einem Budget von 23 Mio $). Die Hochwasserhosen aus dem Film kann man online kaufen. Die URL beautifulhandwrittenletters.com leitet hingegen nur auf die offizielle Filmseite weiter.

Preise und Bestenlisten

Der Film erhielt viele Preise.

  • Der Film erhielt den Oscar für das beste Drehbuch
  • den Golden Globe für das beste Drehbuch
  • den Writers Guild Award für das beste Drehbuch
  • Scarlett Johansson hat bei mehreren kleinen Festivals und Awards gewonnen
  • Die Alliance of Women Film Journalists wählte die Sexszene zwischen Joaquin Phoenix und Scarlett Johansson zur besten Sexszene
  • Das AFI wählte ihn in die Liste der 10 besten Filme aus 2013

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