I’m the only one, who likes you
In Gedenken an Philip Seymour Hoffman beobachteten wir den neorealistischen Ursprung der Liebe. Wir erheben das Fragment von Scientology zum Stil und werden von den Gegensätzen zwischen Franklin und Teddy Roosevelt angezogen. Bei dieser Spätfilmfolge, die nicht von einer Milliardärin finanziert wurde, zerbrechen denkmalgeschützte Kloschüsseln, sinken gespendete Schmugglerschiffe und werden Kriegstraumata in 65mm breiten, roten Schlafanzügen versoffen und jede Hand und jeder Fuß einer Hinterfragung wird schonungslos niedergeschrien. Hoffentlich wird diese Folge kein Flopp, auch wenn Tom Cruise uns sicher nicht sehen will.
Vorgeplänkel
Die Liste der erfolgreichsten Schauspieler von Box Office Mojo.
Eckdaten
Regie: Paul Thomas Anderson
– Filmographie (Auswahl):
- 2007 There Will Be Blood
- 2002 Punch-Drunk Love
- 1999 Magnolia
- 1997 Boogie Nights
(Der Film mit dem Paula Boogie Nights verwechselte war Larry Flynt – Die nackte Wahrheit)
Schauspieler: Joaquín Phoenix, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams, Laura Dern
Genre: Drama, Tragödie, Autorenfilm
Erscheinungsjahr: 2012
Budget: 32 Mio $
Philip Seymour Hoffman
Paula erzählte uns einiges über die Biographie und Filmographie von Philip Seymour Hoffman, der leider am 2. Februar 2014 im Alter von nur 46 Jahren verstarb. Hoffman spielte außer bei „There will be Blood“ in allen PTA-Filmen mit.
Hoffman soll postum in den nächsten beiden Hunger Games Filmen mittels CGI integriert werden:
Der Film, über den Daniel spricht, heißt nicht 48 Stunden sondern 25 Stunden und die Hauptrolle spielt Edward Norton.
Die Produktion von The Master
Vorbereitung des Films
Anderson recherchierte mehrere Jahre, bevor er mit dem Drehbuch begann. Großen Einfluss auf den Film hatte John Huston’s Dokumentation : „Let There Be Light“ von 1946, in der er das Kriegstrauma von 2. Weltkriegs-Veteranen und ihre Suche nach Heilung zeigt.
Bücher, die sich mit esotherischen und spiritistischen Bewegungen beschäftigten, waren Quellen für die Darstellung der Sekte „der Ursprungs“ (The Cause), so zum Beispiel Fawn Brodies “No Man Knows My History”, über Joseph Smith und die Gründung des Mormonentums, die Werke von L. Ron Hubbard sowie pseudopsychologische Werke.
Inspiration waren ferner autobiografische Texte von John Steinbeck, in denen Steinbeck von seiner großen Einsamkeit schreibt, die er als symptomatisch für Amerika ansieht. Für die Setgestaltung studierte Anderson alte Photos aus den 50ern.
Finanziert wurde der Film von der Milliardärin Megan Ellison, der Tochter des Oracle Gründers. Sie sprang ein, als PTA keine Finanzierung fand. Ellison sagte, dass sie Anderson half, weil Magnolia der wichtigste Film ihrer Jugend war.
Die Dreharbeiten
Das Boot, auf dem Freddie den Master kennenlernt, gehörte einst Franklin D. Roosevelt, wurde dann von Elvis Presley ersteigert und einem wohltätigen Zweck gespendet, später wurde es von Schmugglern benutzt, wobei es sank und von der U.S. Navy geborgen wurde, heute ist es im Museum. Im Podcast waren wir unsicher, wer Franklin D. Roosevelt war, da wir ihn mit Teddy Roosevelt durcheinanderbrachten. Wir konnten ja nicht ahnen, dass die USA gleich zwei Präsidenten mit Namen „Roosevelt“ hatte.
Der Film wurde in 65 mm gedreht. Dieses Filmmaterial wurde sonst für Panoramashots verwendet. The Master war der erste Film seit 16 Jahren, der in 65 mm gedreht wurde. Seit: Kenneth Branaghs Adaptation von „Hamlet“ aus dem Jahr 1996. PTA machte dies, um die Optik von Kinofilmen der 1950er einzufangen.
“I hesitate to say ‘dreamlike’ — that feels like a code word” for nonsense, he added with a laugh, using a cruder term. “But all the stuff Master’s selling about closing your eyes and being able to relive things: it got inside me, certainly. And using lenses that are 40, 50 years old. The voodooist and hippie in me feels like those things get into the film.”
Anderson wollte Joaquín Phoenix seit 12 Jahren für seine Filme gewinnen, aber der hatte immer irgendetwas anderes vor. In der Gefängnisszene improvisierte Phoenix und zerbrach die Toilette aus versehen. Es war ein historisches Klo. Phoenix improvisierte sowieso sehr viel, was dazu führte, dass er oft aus den Beleuchtungsmarkierungen herauslief. Da PTA das aber sehr gefiel mussten fortan die Beleuchter Phoenix hinterher rennen. Phoenix spricht immer aus dem Mundwinkel. Er lies sich Metallplatten mit kleinen Haken an die Zähne machen, ursprünglich um die eine Mundhälfte mit einem Gummiband geschlossen zu halten. Das funktionierte aber nicht. Aber die Häkchen rieben an der Lippe und dienten ihm als Erinnerungsstütze.
Jonny Greenwood, der Gitarist von Radiohead war für die Filmmusik verantwortlich, wie auch schon bei There Will Be Blood.
Filmisches Erzählen in The Master
Liebesgeschichte zwischen zwei Männern
„Erneut erzählt Anderson, wie schon in „There Will Be Blood“, von zwei Charakteren, die stetig aufeinanderprallen, ohne einander aber nicht auskommen können.“
Der Film ist, wie alle Anderson-Filme vielschichtig. Es gibt mehrere Layer, die es zu interpretieren gilt. Aber eigentlich geht es nur um Sex, oder?
Als Freddie den Master zum ersten Mal trifft, trägt dieser einen roten Schlafanzug. Bedeutet das Erotik oder Gefahr?
„Was Phillip Seymour-Hofmann und Joaquin Phoenix in THE MASTER entfesseln, ist nicht weniger als Schauspiel für die Ewigkeit – zwei Biester, die es zu bändigen gilt, von der Leine gelassen.“
Ist der Film eine Scientology Allegorie?
PTA zeigt, wie die Post-WWII-Atmosphäre in Amerika zu solchen spirituellen Bewegungen wie Scientology führen konnte. Es gibt eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen Lancaster Dodd und L. Ron Hubbard:
- Pseudowissenschaftlicher Background
- Nomadischer Lebenswandel
- Umgeben sich mit Frauen
- Viele Publikationen
- Die Erfindung seiner Religion in den frühen 50ern
- Hubbard hatte eine ähnliche Yacht
- Die Processing-Technik
- Dass der Sohn sagt, alles sei eine Lüge
PTA verurteilt die Sekte nicht, sondern stellt sie ambivalent dar.
„While the Cause, Lancaster Dodd’s quasi-religion, is clearly a parallel version of Scientology, “The Master” is less interested in mocking it than in evoking the larger American tradition of spiritual questing and its endlessly regenerating cast of dreamers, visionaries, quacks and self-styled prophets. „
Ist The Master ein Neorealistischer Film?
Der (italienische) Neorealismus ist auch eine Filmepoche. Aber auch etwa die Nouvelle Vague, New Hollywood oder die Dogma-Bewegung kann man als neorealistische Strömungen einstufen.
Aspekte des Neorealismus:
- keine konventionellen Geschichten
- Geschichten im Heute verorten
- Geschichten aus dem normalen Leben
- die geduldige Annäherung und Untersuchung des wirklichen Lebens
- die Dinge, wie sie sind, für sich sprechen lassen
- Abschied vom klassischen Helden
- Gedreht wird nicht im Studio, sondern an Originalschauplätzen
- Laiendarsteller
- Keine Kostüme, sondern normale Kleidung
- Tragödien und menschliche Schicksale
- Fragment zum Stil erheben
Quelle: Internet
Zitate & Referenzen
Folgende Filme werden zitiert:
- Citizen Kane (1941)
Lancaster Dodd soll an Kane orientiert sein. - Let There Be Light (1946)
Dialoge wurden direkt übernommen. - Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964)
Der Shot von Lancaster auf dem Motorrad, als er „Ya-hoo!“ schreit, spiegelt den letzten Shot von „Strangelove“ auf der Bombe. - Barry Lyndon (1975)
Der letzte Dialog zwischen Freddie, Lancaster, und Peggy zitiert die Szene, in der Captain Potzdorf Barry sagt, er solle den Chevalier de Balibari ausspionieren
Die Rezeption von The Master
Der Film war ein Flop, er spielte nur die Hälfte seiner Produktionskosten wieder ein. PTA ist mit Tom Cruise befreundet und zeigte ihm den Film. Cruise war nicht amüsiert und sie stritten vor allem wegen der Szene in der der Sohn sagt, alles sei eine Erfindung. Insgesamt bekam The Master überwiegend positive Kritiken.
Preise & Bestenlisten
Bei den Filmfestspielen in Venedig gewann der Film:
- den Silbernen Löwen für die beste Regie
- die Coppa Volpi für die besten Darsteller: Philip Seymour Hoffman und Joaquin Phoenix
Sight & Sound wählte ihn auf Platz 1 der besten Filme von 2012.
Klasse Sendung..bin mir aber nicht sicher, ob ich THE MASTER wirklich sehen will…da finde ich diese ganze Sektensache dann doch viel zu abstoßend, aber vieleicht lohnt es sich ja doch…
falls nicht gesehen, möchte ich Euch umbedingt die beiden folgenden Filme mit Mr. Hoffman ans Herz legen:
http://www.imdb.com/title/tt0155711/
http://www.imdb.com/title/tt0292963/
Tödlliche Entscheidung und Makellos lohnen sich bestimmt, wenn man die Darstellung von Mr. Hoffman mag.
Apropos: wenn ihr CAPOTE schon gut fandet,, solltet ihr Euch unbedingt „Infamous“ ansehen. Es ghet um das gleiche Thema, die Entstehung des Buches In Cold Blood, nur mit anderen Darstellern. Wenn P.S. Hoffman als Capote schon gut war, setzt Toby Jones darstellerisch noch eins drauf – er IST Truman Capote. Ein weiteres Schmankerl in diesem Film ist Daniel Craig als einer der beiden Mörder – ebenfalls großartig.
Danke und Grüße….
..hab den Link zu INFAMOUS vergessen.
http://www.imdb.com/title/tt0420609/
Cool, vielen Dank. In der Tat kenne ich alle drei Filme noch nicht. Die kommen gleich auf meine Watchlist…
Danke für das Lob! „The Master“ ist auf jeden Fall sehenswert. Ich glaube, wir haben das nicht deutlich genug gesagt: Die schauspielerische Leistung von Joaquin Phoenix ist einfach der Hammer. Lohnt sich also schon deswegen.
Viele Grüße!
Wenn man den Spätfilm zu nem Film durch hat, verbleibt tatsächlich das Gefühl nun wohl das meiste über den Film zu wissen 🙂 Stark!
Ich bin sehr traurig über den Tod von Hoffman – hätte schon gesagt er ist mein liebster Filmschauspieler, u.A. aufgrund des oben genannten BEFORE THE DEVIL… aber auch durch jede andere Rolle. Der Mann hatte eine natürliche Wucht wie kein zweiter. Schluchz!
Besonders empfehlen würde ich da auch noch mal sein Regiedebut JACK GOES BOATING und den völlig strangen SYNECDOCHE, NEW YORK (eine seiner wenigen Hauptrollen). Letzterer ist einer der strangesten Filme überhaupt!
THE MASTER fand ich unter allen Gesichtspunkten absolut überragend. Ihr habt ja eigentlich auch alles bis auf die „Story“ gelobt, aber selbst die würde ich riesig loben! Ist halt in meinen Augen eher ein Film der als umfassendes Psychogramm einer (bzw. sogar zweier) Persönlichkeiten funktioniert, anstatt einen klassischen Plot zu erzählen. Ein Fenster in eine gebrochene und eine abgehobene Psyche. Hat michstark in den Bann gezogen. Diese Bilder, dieses Schauspiel, dieser vereinnahmende Score und zuletzt eben diese immer vorhandene psychologische Komponente. Aber sperrig ist er schon, das muss man dazu sagen 😉
Ist ein Film den man unbedingt mehrmals sehen muss!
Puuh, wann soll ich das denn alles gucken… 😉
Das frage ich mich auch immer, wenn ich einen Blick auf meine diversen Watchlists, den Stapel an ungeschauten DVDs, etc. werfe. Aber Hoffman in der Priorität weit oben anzusetzen lohnt sich. Und falls du/ihr abgedrehtes Kino magst/mögt, dann ist SYNECDOCHE ein absolutes Juwel!
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