Followbruary 2017 #2 – ein Lieblingsfilm von GekonntPlanlos
In dieser Kurzfolge wundern sich Paula über die Unterschiede zwischen Buch und Film. Wir werden nicht glücklich mit den vorgetäuschten Suiziden, der fragwürdigen Motivation und den dick aufgetragenen Sex-Metaphern. Aber wir verlieben uns auch in Maude und lachen über den Onkel. Am Ende rätseln wir über das Ende.
Beim Podcast-Hören hat man gelegentlich das Bedürfnis, dem Gesagten direkt zu widersprechen und mitzudiskutieren, weil man so ganz anderer Meinung ist. Diese Folge ist so eine. Der Vorteil, wenn man nicht direkt reinreden kann ist aber, dass man sich am Ende auch ein paar mehr Gedanken über das gesagte machen kann, und die Antwort am Ende etwas gemässigter ausfällt.
Harold und Maude ist zwar in nicht in meiner Letterboxd-Favoritenliste, er ist aber dennoch einer der Filme, die ich sehr hoch halte. Er ist für mich auch ein (melancholischer) Feel-Good-Movie. Ich hatte ihn zum ersten Mal als Jugendlicher gesehen, und in dem Alter ist man für so einen Film vermutlich auch etwas empfänglicher als in späteren Jahren.
Der Hauptunterschied ist auch, dass ihr euch sehr an Details des Story-Tellings aufgehalten habt. Das entscheidende für mich ist aber das Gefühl, was dieser Film vermittelt.
Achja, und Paula hat übrigens recht: das Ende mit dem Auto ist einerseits der kurze Moment, in dem der Zuschauer auf eine falsche Fährte gelockt werden soll, andererseits ist es aber auch genau ein starkes Zeichen des Charakterwandels, den Harold durchgemacht hat. Er läßt sein altes Leben hinter sich, seine morbiden Vorlieben, den Reichtum, seinen ganzen Besitz, und stattdessen geht er singend und tanzend in die Welt hinein.
Das Ende funktioniert meiner Meinung nur so stark, durch die Zerstörung des Autos. Dadurch wird klar gemacht, dass er sich komplett gewandelt hat und die Verbindung zu früher zerstört sind.
„Er ist für mich auch ein (melancholischer) Feel-Good-Movie. Ich hatte ihn zum ersten Mal als Jugendlicher gesehen, und in dem Alter ist man für so einen Film vermutlich auch etwas empfänglicher als in späteren Jahren.“
Da hast du recht: Wahrscheinlich einfach nicht our cup of tea …
„Das Ende funktioniert meiner Meinung nur so stark, durch die Zerstörung des Autos. Dadurch wird klar gemacht, dass er sich komplett gewandelt hat und die Verbindung zu früher zerstört sind.“
Nääääääää … ^^
Hallo Paula und Daniel,
ich höre immer wieder mal euren Podcasts und bin normalerweise nicht derjenige, der sich danach per Kommentar zu Wort meldet. Denn Filme und deren Bewertung ist (und ich bin vermutlich nicht der Erste, der das mal so in den Raum stellt) eine Frage des Geschmacks. Und über Geschmack… man kennt es ja. Beim Hören des Podcasts über „Harald und Maude“ ging es mir allerdings wie meinem „Vorschreiber“. Ich wollte mich ganz oft in das Gespräch einmischen, weil ich an vielen Stellen komplett anderer Meinung war und immer noch bin. Was stiess mir sauer auf? Nun, ich glaube, es ist die Herangehensweise an die Interpretation des Films. Es handelt sich bei dem Film nicht nur um ein „Feel-Good-Movie“ sondern auch (und im ersten Teil vor allem) um eine schwarzhumorige Komödie bei der es sicherlich nicht sinnvoll ist, bei jeder Aktion den Sinn oder Unsinn einer Handlung zu hinterfragen. Und ja, ich gehe zum Beispiel davon aus, dass das Mädchen sich mit dem Schwert selbst getötet hat. Das ist eben der schwarze Humor. Und sicherlich hätte Harold von Zuhause ausziehen können. Aber dann würde der Film nicht funktionieren, weil das Drehbuch nur eine Seite lang gewesen wäre.
Ich hoffe ihr seht, auf was ich hinaus will. Solche Dinge genau zu sezieren und dem Film anzukreiden, ist genauso sinnvoll wie bei einem Bud Spencer Film darüber zu philosophieren, ob die Gegner von Bud Spencer nach so einem Schlag nicht auf dem Boden liegenbleiben müssten.
Ich hätte noch einige Beispiele, doch viel mehr möchte ich an dieser Stelle jetzt gar nicht schreiben. Ach ja, eines noch. Harold und Maude zu besprechen, ohne auf die Musik von Cat Stevens einzugehen ist fast so wie…
Aber jetzt reicht es wirklich. 🙂
Höre euch trotzdem weiter. Und ohne Meinungsverschiedenheiten wäre das Ganze ja auch langweilig. In diesem Sinne… bis bald.
Markus
Hallo Markus, danke für deine Rückmeldung! Ich wage es trotdem, dir zu widersprechen. 😉 Zunächst haben wir ja auch Sachen an Harold & Maude gelobt – gerade in Bezug auf die absurden Überzeichnunhgen. Was die Musik betrifft: Die ist klasse und dass wir nicht erwähnt haben, ist dem Format der Kurzfolge geschuldet.
Nun zu deinen beiden Hauptkritikpunkten, denn die sehe ich beide komplett anders.
Jep, das ist genau das Problem: Nur weil ein Film eine Komödie ist, sollte der Drehbuchautor die Grundregeln des Drehbuchschreibens nicht vergessen. Wir haben als eine Ausgangssituation, in der der Protagonist zuhause totunglücklich ist und seine „Heldenreise“ darin besteht, „in die Welt zu ziehen“, um seine Lebenslust zu finden. Und es ist einfach das kleine Drehbuch-Schreiben-Ein-Mal-Eins, dass sich der Autor überlegen muss, welche Hindernisse im Weg liegen, damit der Protagonist sein Ziel erfüllen kann. Das Paradebeispiel ist Luke Skywalker, der in die Welt ziehen will, aber seinem Onkel auf dem Feld helfen muss. Aber das gleiche Prinzip gilt auch für Komödien: Denke an Ray aus „Brügge sehen und sterben“. Um glücklich zu werden, müsste er Brügge verlassen. Sein Hindernis: Er ist dort wegen des misglückten Mordes untergetaucht. Denke an Renton aus Trainspotting: Er möchte clean werden. Sein Hindernis: Er ist süchtig. Denke an Barton Fink: Er möchte ein Drehbuchschreiben. Sein Hindernis: Er hat eine Schreibblockade. Die Ritter der Kokosnuß wollen den heiligen Gral finden. Und ihre Hindernisse sind … nun eben der ganze absurde Scheiß, der ihnen passiert. 😉
Nun frage dich: Was ist Harolds Hindernis? Das einzige, was uns eingefallen ist und das haben wir besprochen, ist eine Depression. Aber die fanden wir eben nicht gut herausgearbeitet. Aber einfach zu sagen: Egal, was ihn hindert, ist doch nur eine Komödie … Das ist meiner ganz bescheidenen Meinung nach faules Drehbuchschreiben.
Das ist eine Möglichkeit. Aber warum ist Harold dann nicht gestorben? Gut möglich, dass in den Regeln dieser Filmischen Welt Harold einfach nicht sterben kann. Aber warum dann das Mädchen? Das fand ich einfach nicht überzeugend inszeniert. Wenn es so ist, wie du annimmst, dann kam es völlig aus dem Nichts. Aber hier sehe ich deinen Punkt eher ein, dass es eine Geschmackssache ist, ob die Inszenierung mich in dieser Beziehung überzeugt.
Bedenke außerdem, dass ich den Film nur in diesem Aspekt kritisiere! Das sagt nichts über andere Aspekte aus, die durchaus gut sind. Ich habe lange keinen Bud-Spencer-Film mehr gesehen. aber ich glaube gerne, dass sie ebenfalls den einen oder anderen kritisierenswerten Aspekt haben. Aber das macht sie noch nicht verdammenswert, denn sie haben sicher auch Aspekte, in denen sie ganz wunderbar funktionieren.
Jedenfalls freue ich mich, wenn du uns trotz verschiedener Meinungen weiter dein Ohr leist. 🙂
Daniel du fragst warum Harold nicht von zuhause weggegangen ist?
Für mich ist die Situation, in der Harold steckt sehr gut nachvollziehbar: es gibt einige bei denen die Pubertät die offene Rebellion und Abnabelung von den Eltern ist. Es gibt aber auch den Fall, dass man dies nicht tun kann. Und dann ist man in der Situation „gefangen“.
Außerdem, wohin hätte denn Harold hingehen sollen? Dafür braucht man doch eine Perspektive. Und Harolds Ausgangssituation ist ja gerade die, dass er komplett keine Ahnung hat, was er mit seinem Leben anfangen soll, in welche Richtung es gehen soll/gehen kann. In so einer Situation macht es keinen Sinn von zu Hause auszuziehen, egal wie zufrieden er dort ist.
Und der Plot des Films ist es ja gerade, dass die Begegnung mit Maude plötzlich die Möglichkeiten aufzeigt, die das Leben bietet.
Und ich finde die Situation mit dem Mädchen, das sich ersticht auch recht eindeutig: natürlich hat es sich erstochen — Harold hat eben einen anderen Trick angewendet, als so ein Theater-Messer mit Klinge, die sich zurückzieht. Deswegen geht sie von einer falschen Annahme aus und ersticht sich eben versehentlich (ich habe die Szene jetzt nicht aktuell gesehen, aber in meiner Erinnerung war der Übergang von schlecht gespielter Dramatik zu echter Überraschung, dass sie sich gerade erstochen hat, recht deutlich zu sehen).
„Außerdem, wohin hätte denn Harold hingehen sollen? Dafür braucht man doch eine Perspektive. Und Harolds Ausgangssituation ist ja gerade die, dass er komplett keine Ahnung hat, was er mit seinem Leben anfangen soll, in welche Richtung es gehen soll/gehen kann. In so einer Situation macht es keinen Sinn von zu Hause auszuziehen, egal wie zufrieden er dort ist.
Und der Plot des Films ist es ja gerade, dass die Begegnung mit Maude plötzlich die Möglichkeiten aufzeigt, die das Leben bietet.“
Okay, das ist ein sehr gute Argument. Das verstehe ich …