Schlagwort-Archive: Point of View

#Horrorctober 11 – Maniac

Einmal mehr fand ich nur den Trope und kein Zitat. Sah ich dabei einen guten Film? Nun, das ist kompliziert. Ich bin mir nicht so sicher.

Eckdaten

Erscheinungsjahr: 2012
Regie: Franck Khalfoun
– Filmographie:
2007 P2
2009 Wrong Turn at Tahoe
2012 Maniac
2015 i-Lived
Budget: 6 Mio $
Besetzung: Elijah Wood (Frank), Nora Arnezeder (Anna), America Olivo (Franks Mutter)
Genre: Horror, Slasher

Die Handlung in fünf Sätzen

Mit Spoilern …
Warum?
Frodo, äh, Frank restauriert Schaufensterpuppen und wie wir spätestens seit Das weiße Rauschen wissen, macht dieser Job verrückt. Obendrein muss Frodo, äh, Frank auch noch verarbeiten, dass seine anscheinend alleinerziehende Mama mal Sex mit irgendwelchen Männern hatte. Als Therapie bringt Frodo, äh, Frank Frauen um, skalpiert sie und tackert die Skalps auf Schaufensterpuppen. Dann verliebt sich Frodo, äh, Frank. Am Ende sind alle tot.

Filmisches Erzählen

Maniac ist auf alle Fälle der interessanteste Film, den ich bislang in diesem #Horrorctober gesehen habe. Aber ist es auch ein guter Film? Da bin ich mir nicht so sicher. Interessant ist, dass ich in meinem Studium Anfang der 00er Jahre noch gelernt habe, dass Lady in the Lake aus dem Jahr 1947 gezeigt habe, dass Filme mit einer durchgehenden subjektiven Kamera nicht funktionieren. Geschichten mit Ich-Erzähler müssen auf der Leinwand anders erzählt werden. Das Experiment, dies Eins zu Eins umzusetzen, war gescheitert.

Mit Maniac hat Franck Khalfoun nach über 60 Jahren das Experiment wiederholt. Und ich finde nicht, dass er damit gescheitert ist. Gewiss, die Beschränkung, die er sich selbst auferlegt, führt zu ein paar Kuriositäten, wie zum Beispiel, dass er überall Spiegel aufhängen muss, um seinen Star dann doch manchmal zeigen zu können. Auch greift er auf einige Traumsequenzen zurück, um dann doch einmal das starre Korsett verlassen zu können und in der letzten Szene gibt er es dann plötzlich ganz auf. Dennoch bricht der Film nicht komplett auseinander. Ich glaube zwei Faktoren spielen Khalfoun in die Hände, sodass der Film einen besseren Eindruck machen kann als Lady in the Lake. Zum einen haben First-Person-Shooter unsere Sehgewohnheiten beeinflusst, sodass diese Perspektive auf uns nicht mehr so ungewohnt wirkt wie sie es noch 1947 tat. Zum anderen ist das Genre sicher besonders für einen solchen Film geeignet. Ich habe den Film auf einem Laptop mit Kopfhörern gesehen, was das geradezu intime Erlebnis, quasi selbst zu morden, noch verstärkte. Das ging soweit, dass ich es in manchen Szenen nicht aushielt und die Kopfhörer absetzen musste, weil mir das alles zu nahe ging.

Dennoch hat der Film ein Problem: Er macht einen schönen Build-up und vergisst dann den Pay-Off. Die gewählte Form eignet sich hervorragend für einen unzuverlässigen Erzähler. Und Khalfoun spielt damit auch sehr schön. So hinterlässt Frodo, äh, Frank bei seinen Morden jede Menge Spuren. Manchmal macht er unmögliche Ortwechsel zwischen zwei Schnitten, ein Opfer verfolgt er durch eine U-Bahn-Station, in der es anscheinend keine Überwachungskameras gibt und dann ermordet er die Frau auf einem Parkplatz, an dem Autos vorbeifahren, ohne sich um die Schreie des Opfers zu kümmern. Obendrein erzählt Anna im Showdown, dass sie nichts von anderen Opfern gehört habe – Eine Mordserie, bei der die Opfer skalpiert werden, würde doch wohl durch die Medien gehen. Und der ultimative Hinweis ist, dass Frodo, äh, Frank und Anna sich Das Cabinet des Dr. Caligari im Kino ansehen – die Mutter aller unzuverlässigen Erzählerinnnen. Wie gesagt: Das ist ein richtig schöner Build-up. Und was macht Khalfoun dann damit? Richtig: Nichts. Er lässt das alles unerklärt liegen. Stattdessen verlassen wir in der letzten Szene Franks Point of View und sehen, wie ein SWAT-Team seine Wohnung stürmt und dort all die Mannequins mit den Skalps seiner Opfer findet, sodass letztlich wohl doch alles genau so war, wie wir es sahen. Merkwürdig …

Die „Here’s Johnny“-Szene

Die fragliche Szene kommt nach 1:15:00 Stunden. Aber auch diesmal ist es kein Zitat. Zwar hat sich Anna auch mit einem Messer im Bad verbarrikadiert, aber Frodo, äh, Frank hackt nicht auf die Tür ein, sondern packt den zur Hilfe eilenden Nachbarn und schmeißt ihn einfach durch die Badezimmertür. Anschließend greift er auch nicht zur Türklinke, sondern tritt schlichtweg durch das Loch in den Raum.

Fazit

Ein interessanter Film, der aber nicht hält, was er verspricht und auch kein Shining-Zitat zu bieten hat. Es werden zwar als Elemente des Tropes verwendet, aber The Shining nicht direkt zitiert, dafür gibt es zu viele Unterschiede.

#Horrorctober 3: Halloween

Interessantes sahen meine zum Schrecken weit aufgerissenen Augen, als ich Halloween sichtete: Wir finden nicht eine, sondern gleich zwei Referenzen in diesem Film an die Mörder-bricht-mit-Axt-durch-Tür-Szene.

Eckdaten

Regie: John Carpenter
– Filmographie (Auswahl):
1978 Halloween
1980 The Fog
1981 Escape from New York
1982 The Thing
1983 Christine
1986 Big Trouble in Little China
1988 They Live
Erscheinungsjahr: 1978
Budget: 300.000 $
Besetzung: Jamie Lee Curtis (Laurie), Donald Pleasence (Dr. Loomis), Tony Moran (Michael Myers)
Genre: Horror, Slasher

Die Handlung in fünf Sätzen

Mit Spoilern …

Muss das sein?

Der süße kleine Michael findet gar nicht gut, dass seine große Schwester Sex hatte und bringt sie um. Nach 15 Jahren flieht er aus der Psychiatrie und begibt sich an Halloween auf Sightseeing in seiner alten Heimatstadt. Dort muss der selbsterkorene Sittenwächter leider feststellen, dass die Jugend von heute total verdorben ist und man ihr mit einem Schlachtermesser Manieren beibringen muss. Nach drei Morden darf sich Laurie unter viel Geschrei als erstes Opfer wehren. Nachdem der olle Michael aber immer wieder aufsteht, egal, was man in ihn hineinsticht, kommt Dr. Loomis zur Hilfe und erschießt ihn … oder doch nicht?

Filmisches Erzählen

Ihre 300.000 Dollar investierten Carpenter und seine Co-Produzentin Debra Hill so geschickt, dass am Ende ein Film herauskam, der nicht nur ganz zurecht den Klassiker-Rang innehat, zudem spielte der Film alleine in den USA unglaubliche 45 Millionen Dollar ein.

Dass dies ein anderes Kaliber von Film ist, als The Toolbox Murders, merkte ich schon am ersten Shot: ein ca. sechs Minuten langer Point-of-View-Trackingshot, dessen Höhepunkt nicht etwa der Mord ist, sondern die Enthüllung, dass er von einem Kind begangen wurde.

Ich dachte immer, ich kenne diesen Film schon, aber ich muss einen der anderen Teile mal gesehen haben. So war ich positiv überrascht, wie wenig blutig der Film ist und wie viel Spannung er nur zugleich durch die Erwartungshaltung der Zuschauerinnen aufbaut. Carpenter unterstützt den Spannungsaufbau immer wieder mit unheilvollen Kameraeinstellungen, die die eigentliche Handlung aus der Bildmitte herausrücken und so ein Detail, wie eine offene Tür, der Blick über eine Schulter oder jener in einen Spiegel ins Bewusstsein des Publikums rücken. Mir gefiel auch sehr gut, dass der Film nur wenige Jumpscares einsetzt, denn ein Michael, der irgendwo schweigend im Hintergrund steht oder auch nur ein Atemgeräusch, das aus einer unverfänglichen Einstellung einen Point-of-View-Shot macht, sind gruseliger als alles, was ins Bild springen könnte.

„You can’t kill the Boogeyman“

Schön fand ich nicht zuletzt, wie Carpenter den kleinen Tommy einerseits und den Fernseher (in dem The Thing from Another World läuft) andererseits als Kassandra einsetzt, sodass wir und Laurie immer wieder gewarnt werden, es aber nichts nützt.

Allerdings hat der Film auch ein paar Schwächen: Allem voran ist die Musik zu aufdringlich. Damit meine ich nicht das berühmte Theme, sondern dass immer, wenn Michael irgendwo zu sehen ist, eine Fanfare ertönt, noch bevor die Augen die Chance hatten, ihn selbst zu entdecken. Etwas mehr Zurückhaltung und Vertrauen in die Kompetenz der Zuschauer wären hier schön gewesen. Dann ist die Präsentation der Leichen für Laurie schon arg ausgefuchst, anscheinend wusste Michael ganz genau wann sie sich wohin bewegt und hatte noch Zeit, gewiefte Tricktechnik anzubringen für den dramatischen Auftritt der Leichen. Ferner kommt Laurie nicht auf die Idee, das Haus zu verlassen, in dem alle ihre ermodeten Freunde liegen, bevor auch sie angegriffen wurde. Insgesamt fand ich den kompletten Showdown einfach nicht gruselig, einfach weil er zu vorhersehbar war.

Die „Here’s Johnny!“-Szene

Die Suche nach der „Here’s Johnny“-Szene ist spannend, denn gleich zwei Szenen kommen in Frage. Allerdings bin ich mir sicher, dass Kubrick nicht Halloween referenziert. Stattdessen scheint Halloween sowohl Broken Blossoms als auch Körkarlen zu referenzieren. Auf Körkarlen scheint eine Szene nach 1:17:00 Stunden zu verweisen, in der Laurie vor Michael Myers flieht und ihn aus der Küche aussperrt. Myers schlägt mit der blanken Faust durch die Mitte der Tür, greift durch und öffnet die Tür. Die Kombination aus Küche, der Mitte der Tür und dem Griff zum Schloss lässt mich vermuten, dass Carpenter Körkarlen kannte. Es ist kein richtiges Filmzitat, da es zu viele Unterschiede gibt und alleine die Inszenierung schon komplett verschieden ist. Aber es ist vielleicht doch ein kleiner Kommentar auf Körkarlen. Eine Referenz auf Broken Blossoms sehen wir hingegen nach 1:22:30 Stunden. Laurie hat sich wie Lucy in einen Schrank gerettet. Doch Michael schlägt die dünnen Latten des Schranks heraus. Als er sich hineinbeugt, um Laurie zu erreichen, kommt es dann allerdings zur Variation, Laurie ergibt sich dem gewandelten Frauenbild entsprechend nicht wie Lucy in ihr Schicksal sondern wehrt sich, indem sie mit einem geradegebogenen Kleiderbügel Michael ins Auge sticht. Also auch hier kein Zitat, aber möglicherweise eine dezente Referenz zumindest aber die Verwendung des gleichen Tropes.

Das Fazit

The Shining zitiert Halloween nicht, allerdings scheint Halloween Körkarlen und Broken Blossoms in zwei verschiedenen Szenen lose zu referenzieren.