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SF126 – Die Reise zum Mittelpunkt der Erde (Filme aus Paulas Kindheit)

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Paula
Gertrude the Duck
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Daniel
Tim Fraser


Naturally, I’m coming along

Paula und Daniel haben ihre Bergstiefel angezogen, die Ruhmkorff-Lampen umgeschnallt und die Atemmasken aufgesetzt, um mit unserem hinreichend exotischen isländischen Sherpa ein gerechtes und faires Urteil zu fällen. Gertrude the Duck rülpst nicht im Battle of the Sexes, sondern läuft zusammen mit Tim Fraser einen #Metamarathon. Ohne Ray Harryhausen aber mit angeklebten Rückenflossen schwelgen wir mal wieder in Paulas Kindheitserinnerungen. Aus dieser Folge haben wir konsequent alle Charaktermomente rausgestrichen als wir mit H. G. und nicht etwa mit Orson den Trend alberner Sidekicks begründeten. Wer konnte ahnen, dass der Nahostkonflikt so kompliziert ist?

Vorgeplänkel

Daniel lieferte einen Nachtrag zu Kill Bill ♦ Marian speichert unser Archiv auf einem iPod. Vielen Dank! ♦ Daniel mag es nicht, wenn Podcaste ihm in den Kopf rülpsen ♦ Wir haben der CineCouch Fragen zu ihrem 200. Geburtstag gestellt. Von hier aus noch einmal alles Gute! ♦ Daniel durfte auch dem Kompendium des Unbehagens zum Geburtstag gratulieren (gleich in der Anmoderation) ♦ Wir machten uns Gedanken über Filmfehler ♦ Natürlich fragten wir uns auch: Was macht eigentlich Shia LaBeouf? Im Jahr 2014 lief er den #METAMARATHON ♦ Außerdem machte Ray Harryhausen nicht die Special Effects zum heutigen Film, hier der Supercut zu seinen Effekten:

Youtube

Die Eckdaten zur Reise zum Mittelpunkt der Erde

Erscheinungsjahr: 1959
Regie: Henry Levin
– Filmographie (Auswahl ingesamt 50 Filme):

1944 Cry of the Werewolf
1946 Night Editor
1948 Der Richter von Colorado
1951 Two of a Kind
1952 Im Dutzend heiratsfähig
1953 Mister Scoutmaster
1957 Der Einsame
1959 Journey to the Center of the Earth
1960 Where the Boys Are
1962 … gefrühstückt wird zu Hause
1965 Dschingis Khan
1966 Unser Mann in Rio
1966 Murderers’ Row
1967 The Ambushers
1969 Die Todesreiter
1979 The Treasure Seeker

Budget: 3,4 Mio $
Besetzung: James Mason (Oliver Lindenbrook), Pat Boone (Alec McEwen), Diane Baker (Jenny), Arlene Dahl (Carla Goetaborg), Pétur Rögnvaldsson (Hans Belker), Thayer David (Graf Saknussem)

Genre: Abenteuerfilm

Die Produktion von die Reise zum Mittelpunkt der Erde

Die Vorgeschichte

Unsere Produktionsgeschichte beginnt diesmal im Jahr 1517. Mit der Reformation. Obwohl Luther sich nur gegen die Dekadenz der Kirche wandte, sie reformieren und zu ihren Ursprüngen zurückführen wollte, löste er damit einen Prozess aus, der die Vorherrschaft des christlichen Weltbildes erschütterte. Die Erfolge der Naturwissenschaft, die Renaissance und Aufklärung folgten. Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen dann drei wissenschaftliche Bücher, die überhaupt erst ermöglichten, dass ein Genre wie der wissenschaftliche Abenteuer-Roman von Jules Verne entstehen konnte. Das erste waren die Principles of Geology von Charles Lyell (erschienen in drei Bänden 1830 bis 1833), 1859 dann folgte Darwins berühmtes Werk Über den Ursprung der Arten und 1863 wiederum von Lyell Geological Evidences of the Antiquity of Man. Diese Werke, die betonten, dass die Welt nicht immer gleich gewesen war, sondern im stetigen Wandel bildeten den Hintergrund vor dem Jules Verne dann 1864 Die Reise zum Mittelpunkt der Erde veröffentlichte.

Wir machen einen Sprung in die 1950er Jahre. Hier sah sich das Kino massiv bedroht durch das Fernsehen. Daher kamen die Studios auf die Idee, die Größe der Leinwand zu ihrem Vorteil zu nutzen. Das Breitbildformat 2,35:1 wurde erfunden, in dem auch unser Film gedreht ist und Hollywood präsentierte mehr und mehr Epen mit vielen Special-Effects und spekatkulären Landschaftsaufnahmen. 1954 entdeckte dann Disney Jules Verne für diesen Trend und verfilmte 20.000 Meilen unter dem Meer als Familien-Abenteuerfilm. Der Film wurde ein großer Erfolg und Disney hatte damit die Formel für Abenteuerfilme gesetzt, die die folgenden Jahre dominieren sollte. 1956 folgte die Verfilmung von In 80 Tagen um die Welt durch das kleine Studio Michael Todd Company, die ebenfalls zum Erfolg wurde. Fox sprang dann 1959 mit Die Reise zum Mittelpunkt der Erde auf den Zug auf.

Drehbuch & Casting von Die Reise zum Mittelpunkt der Erde

Das Drehbuch stammte von Walter Reisch, der zuvor vor allem Science-Fiction-Geschichten und Artikel über Jules Vernes für verschiedene Zeitschriften geschrieben hatte. Von Reisch stammen viele Charaktere, die im Roman gar nicht vorkommen, wie Alec McEwen, Carla Goetaborg und der Villain. Das Drehbuch verlegte den Ort der Handlung zu Beginn der Geschichte von Deutschland nach Schottland. Als Statisten für die Szenen an der Edinburgh University wurden tatsächlich viele Studenten aus Edinburgh gecastet.

Pat Boone (Alec McEwen) wollte ursprünglich gar nicht mitspielen. Er war Musical-Schauspieler und dachte, dass ein Science-Fiction-Film ihn in seiner Karriere nicht voranbringen sollte. Sein Agent handelte heraus, dass die Songs ins Drehbuch geschrieben wurden, sodass Boone singen durfte. Außerdem bekam er 15% des Gewinns des Films. Letzteres sorgte dafür, dass er nach dem Film ausgesorgt hatte, weil dieser ein Riesenerfolg wurde. Zudem wurde es der Film, der am meisten mit seinem Namen in Erinnerung blieb. Der 1,93 Meter große Pétur Rögnvaldsson (Hans) war ein isländischer Zehnkämpfer. Die Reise zum Mittelpunkt der Erde war der einzige Film, den er je gemacht hat.

Die Dreharbeiten

Anscheinend war James Masons (Professor Lindenbrook) Verhalten gegenüber Arlene Dahl (Carla Goetaborg) Off-Screen nicht weniger zickig wie On-Screen. Die Szene auf dem unterirdischen Meer wurde in einem großen Whirlpool gedreht, der dafür angelegt worden war. Das Floß war eine Plattform, die sich in Schieflage um sich selbst drehte. Von oben wurden  Wasser auf die Schauspieler geschüttet. Arlene Dahl geriet beim Dreh in Panik und schrie Regisseur Henry Levin an:  ‘Get me off this thing. Get me down. I’m going to pass out!’ während Mason sie anschrie: ‘Shut up woman! We’re going to have to do this ten times if you don’t keep quiet. Daraufhin fiel Arlene Dahl in Ohnmacht. Henry Levin konnte den Shot aber verwenden, nachdem er den Ton überspielt hatte.

Unter den Special-Effects, die verwendet wurden, befanden sich Rückprojektionen, Mattepaintings und große Bühnen-Bauten. Es wurde aber auch in Höhlen im Carlsbad Caverns National Park (New Mexico), im Amboy Crater (Kalifornien)  und bei den Sequit Point Sea Caves (Kalifornien) gedreht. In den Carlsbad Caverns durfte das Team nur Nachts filmen, da tagsüber Touristen durch die Höhlen geführt wurden. Die ersten Dinos (Dimetrodons), die man am Strand sieht, waren Nashornleguane, deren Rückenschilde angeklebt waren und die in die Szenen hineineditiert wurden. Der Dino in Atlantis war ein angemalter Schwarzweißer Teju. Die Musik machte Bernard Herrmann, der unter anderem den Score zu vielen Hitchcock-Filmen gemacht hat – zum Beispiel für Psycho und Vertigo

Filmisches Erzählen

Folgt eines fernen Tages, wenn ich Zeit finde …

Zitate & Referenzen

Count Saknussem sagt an einer Stelle: „I don’t sleep. I hate those little slices of death.“
Das ist eine Variation des Edgar-Allan-Poe-Zitats: „Sleep, those little slices of death; Oh how I loathe them“.

Die Rezeption von Journey to the Center of the Earth

Einspielergebnis 10 Mio

1976 spanische Neuverfilmung von Juan Piquer Simón

1989  wagten sich in Hollywood Rusty Lemorande und Albert Pyun an den Stoff

zwei amerikanische Fernsehfilme: aus dem Jahr 1993 (Regie: William Dear) und aus dem Jahr 1999 (Regie: George Miller).

Neuverfilmung Die Reise zum Mittelpunkt der Erde (2008)

Regie
Eric Brevig
Preise und Bestenlisten

 

Gertrude the duck won a PATSY Award.

 

Zitate & Referenzen

 

a couple of story details pre-empting Raiders of the Lost Ark. A configuration of the Sun’s rays leading the way, and a large rolling boulder chasing our heroes.

 

Gertrude. Somewhat of a trendsetter, later pioneers took pets with them – the visitors to The Lost World (1960) a poodle, and The City Under The Sea(1965) a chicken…

 

 

The Descent – Abgrund des Grauens (2005)

The old mining equipment found in the caves and arrows scrawled on the walls appears to hint at a direct tie in with similar scenes in „Journey to the Center of the Earth“.

Doctor Who: The Runaway Bride (2006) (TV Episode)

When the Doctor and Donna first spot the hole to the center of the Earth in the Racnoss’s lair, Donna guesses that the tunnel is for dinosaurs. The Doctor simply replies, „That’s not helping.“

 

Spider-Man

 

 

Lesenswert

SF114 – Das indische Tuch (Ein Edgar-Wallace-Film aus Paulas Kindheit)

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Paula
bewegt sich von Geisterhand
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Daniel
durchbricht die vierte Wand


Hier spricht Edgar Wallace!

Zwischen Jahresrückblicken und guten Vorsätzen blicken wir in dieser Folge nicht bloß auf 2016 und schmieden Pläne für 2017. Nein, wir haben auch einen Film aus Paulas Kindheit besprochen. Dabei fragten wir uns, ob Alfred Vohrer ein Genie ist, warum Eddi Arent immer Butler spielt, was eigentlich Shia LaBeouf macht und ob Klaus Kinski glücklich Särge durch Venedig trug. Wir besuchten erneut Filmische Welten und fanden eine moderne Inszenierung, die sich ihrer Künstlichkeit nicht nur wegen des von Geisterhand gelenkten Servierwagens bewusst ist. Außerdem stellten wir fest, dass Edgar Wallace‘ Morde nicht ganz so clever waren, wie er selbst dachte. Zum Kotzen!

Vorgeplänkel & Abschweifungen

Unsere guten Vorsätze: Öfter mit einer Gästin podcasten, weniger aber dafür bessere Folgen machen, unsere Reihen fortsetzen: Hitch, Halloweenspecial, Weihnachtsspecial, Regisseurinnen, Tarantino, Filme aus Paulas Kindheit, Horroctober und Followbruary ♦ Der Followbruary folgt direkt nach dieser Folge. Hier gibt es die Liste ♦ Wir haben begonnen den Proustfragebogen noch einmal zu beantworten, da sich einiges geändert haben könnte ♦ Was macht eigentlich Shia LaBeouf? Na, das hier!

Die Eckdaten von Das indische Tuch

Erscheinungsjahr: 1963
Regie: Alfred Vohrer
Produktion: Horst Wendlandt
Besetzung: Heinz Drache (Anwalt Frank Tanner), Elisabeth Flickenschildt (Lady Emily Lebanon), Klaus Kinski (Peter Ross), Hans Clarin  (der Sohn von Lord Lebanon), Eddi Arent (Butler Richard Maria Bonwit)
Genre: Krimi, Edgar-Wallace-Film, Grusel-Krimi, Komödie schwarze Komödie

Die Edgar-Wallace-Filme

Edgar Wallace lebte von 1875  bis 1932. Er war Journalist und Krimi-Autor. Spannend ist, dass er seinen ersten Roman 1905 „Die vier Gerechten“ im Eigenverlag herausbrachte. Das Buch wurde ein großer Erfolg aber zugleich ein finanzielles Desaster für Wallace. Als Marketing-Gag hatte er jedem, der die Art der Ermordung eines der Opfer des Buches erraten würde, einen Preis in Höhe von 500 Pfund versprochen. Leider war das Rätsel nicht so kompliziert, wie Wallace gedacht hatte und viele errieten die Methode. Die Zeitung, bei der Wallace arbeitete, die Daily Mail, rettete ihm den Hals, indem sie die Schulden zahlte, um schlechte Publicity für einen ihrer Angestellten zu vermeiden.

Bereits in den 1920ern und den frühen 30ern entstanden erste Adaptionen von Wallace‘ Werk in Deutschland. Diese waren ein großer Erfolg, von dem nicht zuletzt der Werbeslogan der Reihe „Es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu werden!“ dem Publikum im Gedächtnis blieb. Im Nationalsozialismus wurden aber keine weiteren EW-Filme gedreht.

1955 kam dann Gerhard F. Hummel, damaliger Programmberater der Constantin Film auf die Idee, die Reihe neuaufleben zu lassen. Da Krimis in den Nachkriegsjahren aber nicht beliebt waren, scheute die Constantin zunächst das Risiko. Ende der 50er erwarb dann aber doch die Constantin-Tochter Rialto Film die Rechte an den Edgar-Wallace-Büchern und begann die Reihe, die heute meist gemeint ist, wenn von „Edgar-Wallace-Filmen“ gesprochen wird.

Zwischen 1959 und 1972 wurden von der Rialto insgesamt 32 Edgar-Wallace-Filme gedreht. Hinzu kamen noch einige von anderen Produktionsfirmen, bis die Rialto vor Gericht durchsetzte, dass nur sie die Rechte an den Filmen habe. Der erste EW-Film war Harald Reinls Verfilmung von DER FROSCH MIT DER MASKE (1959). Zu Reinl empfehlen wir unsere Folge zu Der Schatz im Silbersee.

Die Filme waren bis 1966 in Schwarz-Weiß und wurden im Breitbildformat Ultrascope (1:2,35) gedreht. Nach 1966 wurde die Filme dann in Farbe gedreht und nur noch im Verhältnis 1:1,85. Diese Anpassung wurde durchgeführt, um auf den Fernsehmarkt als Zweitverwertung abzuzielen. 1967 startete in Deutschland das Farbfernsehen. Die Reihe lief aus in einer Reihe von Co-Produktionen mit England und Italien, die aber der Erwartung des Publikums nicht mehr entsprachen. Sie hatten zwar noch immer ganz akzeptable Einspielergebnisse, aber die Produktionskosten stiegen und andere, modernere Genres wurde immer beliebter beim deutschen Kinopublikum.

Der Regisseur Alfred Vohrer

Prägend für die Edgar-Wallace-Filme wurde schließlich Regisseur Alfred Vohrer, der den ironisch-artifiziellen Stil der Filme schuf und bei den meisten Regie führte. Alfred Vohrer wurde 1914 geboren. Nachdem er beim württembergischen Staatstheater war, machte er ein Volontariat bei der Ufa. Im zweiten Weltkrieg war er Soldat und verlor seinen rechten Arm. Nach dem Krieg ging er zunächst zum Radio, wo er als Oberspielleiter bei Radio Stuttgart arbeitete. 1949 kam er dann zurück zum Film und arbeitete zunächst als Synchronregisseur. Er war unter anderem für die Synchronisation von Die Faust im Nacken (1954) und Die Brücke am Kwai (1957) verantwortlich.

Alfred Vohrer war homosexuell und lebte seit Mitte der 1950er mit seinem Lebensgefährten in Berlin-Dahlem. Sein Regiedebüt gab er 1958 mit Schmutziger Engel. Bei den Dreharbeiten von Bis dass das Geld euch scheidet (1960) lernte er den Produzenten Artur Brauner kennen und über ihn Horst Wendlandt, den Produktionschef der Rialto Film. Wendtland bot Alfred Vohrer die Regie für seinen ersten Edgar Wallace-Film Die toten Augen von London (1961) an. Insgesamt drehte Vohrer 14 Edgar-Wallace-Filme, unter anderem Das Gasthaus an der Themse (1962), Der Zinker (1963), Das indische Tuch (1963), Der Hexer (1964) und Neues vom Hexer (1965). Außerdem machte er drei Karl-May-Filme: Unter Geiern (1964), Old Surehand (1965) und Winnetou und sein Freund Old Firehand (1966).

Ab den 1970ern waren Vohrers neues Projekt, das wohl auch seine eigene Idee war, die Verfilmungen der Romane von Johannes Mario Simmel. Zum Beispiel Und Jimmy ging zum Regenbogen (1971), was ein großer Erfolg wurde. Daraufhin folgten Liebe ist nur ein Wort (1971),  Der Stoff aus dem die Träume sind (1972) und Alle Menschen werden Brüder (1973). 1976 beendete  der sonst unpolitische Regisseur seine Kinokarriere mit der Verfilmung des Anti-Nazi-Romans von Hans FalladaJeder stirbt für sich allein (1976).

Vohrer ging danach zum Fernsehen. Schon seit 1974 arbeitete er für die Serie Derrick und ab 1977 dann auch für Der Alte. Und in einer echten westdeutschen Fernsehregisseurkarriere darf natürlich auch nicht die Arbeit für Das Traumschiff (ab 1983) und Die Schwarzwaldklinik (ab 1985) fehlen. Vohrer starb überraschend am 3. Februar 1986 im Hotel Königshof in München an Herzversagen. Er war dort gewesen, um die Dreharbeiten für eine weitere Folge Der Alte anzutreten.

Wiederkehrende Schauspieler in den Edgar-Wallace-Filmen

Eine Reihe von Schauspielern kehrte bei den Edgar-Wallace-Filmen immer wieder: Eddi Arent spielte fast immer den Comic Relief, Siegfried Schürenberg den liebenswürdig-trotteligen Scotland-Yard-Boß (da das Scotland Yard in Das indische Tuch nicht vorkommt, spielt er diesmal einen Urwaldforscher), die Ermittler wurden meist von Joachim Fuchsberger oder wie hier von Heinz Drache  gespielt. Schließlich war da noch Klaus Kinski: Er gehörte immer zu den Verdächtigen, war oft verrückt und hatte Dreck am Stecken, aber war selten der eigentliche Täter.

Klaus Kinski

Klaus Kinski wurde 1926 in der Nähe von Danzig geboren. Sein bürgerlicher Name lautet Klaus Günter Karl Nakszynski. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er 1944 bei einer Fallschirmjägereinheit und geriet in den Niederlanden in britische Kriegsgefangenschaft. Bereits im Gefangenenlager spielte er erste Theaterrollen auf der provisorischen Lagerbühne.

Nach dem Krieg hatte er erste Engagements am Theater in Tübingen und Baden-Baden, bevor der Intendant Boleslaw Barlog ihn zum renommierten Schlosspark Theater nach Berlin holte. Hier feierte er seinen Durchbruch, insbesondere mit dem Stück „La voix humaine„, in dem er als Frau auftrat. Das war im prüden Berlin der 50er Jahre ein Skandal. Allerdings schmiss Barlog Kinski raus, nachdem dieser einmal vor Wut die Scheiben des Theaters einschlug.

Kinski machte sich dann als (wie er es nannte) „Ein-Mann-Wanderbühne“ einen Namen. Er trug unter anderem Werke von Nietzsche, Dostojewski, Tucholsky, Baudelaire und aus dem neuen Testament vor. Damit war er so erfolgreich, dass er 1960 sogar den Berliner Sportpalast füllte, in den 10.000 Menschen passten.

Klaus Kinskis Filmkarriere

Insgesamt spielte Kinski in 140 Filmen und Serien mit. Da er einen verschwenderischen Lebensstil hatte, war er bei der Auswahl seiner Rollen nicht wählerisch, sondern spielte teilweise beim größten Schund mit. Die meisten seiner Filme fand Kinski selbst „zum Kotzen“.

Bereits 1948 spielte Kinski in seiner ersten Rolle einen KZ-Hälftling in Eugen Yorks Drama Morituri. Der Film war im Nachkriegsdeutschland, das seine jüngste Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet hatte, umstritten. Die Crew erhielt Drohbriefe und ein Hamburger Kino wurde sogar zerstört (wir konnten nicht herausfinden, wie). 1954 erhielt Kinski eine kleine Rolle in Roberto Rossellinis Film Angst.

Seinen Durchbruch hatte er dann in den 1960ern mit den Edgar-Wallace-Filmen. Sein erster Film war 1960 Der Rächer. Insgesamt spielte er in 16 Edgar-Wallace-Verfilmungen mit, meist den cholerischen oder wahnsinnigen Bösewicht. Das brachte ihm internationale Anerkennung ein.

So spielte er in Folge dessen 1965 den Anarchisten Kostoyed Amourski  in Doktor Schiwago. Und im gleichenJahr Wild in Sergio Leones Für ein paar Dollar mehr. Er spielte in vielen Italo-Western mit, am bekanntesten ist dabei sicher noch Leichen pflastern seinen Weg (1968) von Sergio Corbucci. Kritikeranerkennung erhielt er dann vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Werner Herzog. Mit dem er in den 70ern und 80ern fünf Filme drehte:

Bei den Dreharbeiten zu Cobra Verde kam es zum endgültigen Bruch mit Werner Herzog. Werner Herzog hatte in seiner Dokumentation Mein liebster Feind – Klaus Kinski (1999) die Beziehung der beiden aufgearbeitet. 1981 spielte Kinski außerdem mit Jack Lemmon und Walter Matthau im letzten Billy-Wilder-Film Buddy Buddy.

1989 drehte er seinen letzten Film, bei dem er auch Regie führte und das Drehbuch schrieb: Paganini. hatte Jahre-lang versucht Paganini zu finanzieren. Schließlich fand er die Produzenten Carlo Alberto Alfieri und Augusto Caminito und drehte mit ihnen die drittklassige Fortsetzung Nosferatu in Venedig (1988). Im Gegenzug finanzierten sie Paganini. Allerdings vertritt sich Kinski mit den Produzenten. Daher wurde sein Film fast nie gezeigt und kam erst nach seinem Tod in die Kinos. Am 23. November 1991 starb Klaus Kinski in seinem Haus in Hollywood an Herzversagen.

Klaus Kinskis Charakter

Kinski war zu Lebzeiten in psychologischer Behandlung und unternahm mehrere Suizidversuche. Er litt an Hypochondrie und körperlichen Krankheiten. Bei den Dreharbeiten zu Cobra Verde brach er einmal zusammen.

Kinski war berühmt als Exzentriker. Zum Beispiel war er dafür bekannt, dass er seine Rollen nicht probte. Er sagte dazu: „Hin- und Herlatschen, damit die Regisseure auch mal sehen, warum sie keine Fantasie haben, das mache ich nicht.“ Ein Angebot von Fellini schmetterte er aufgrund der geringen Gage mit den Worten „Laß Dich in den Arsch ficken“ ab. Über Werner Herzog sagte er „Herzog ist ein miserabler, gehässiger, missgünstiger, vor Geiz und Geldgier stinkender, bösartiger, sadistischer, verräterischer, erpresserischer, feiger und durch und durch verlogener Mensch.“ Das Drehbuch zu Aguirre nannte er ‚analphabetisch primitiv‘. Bei Cobra Verde tickte er dann vollkommen aus. Kinski versuchte an manchen Tagen selbst Regie zu führen. Er ließ Herzog den Kameramann Thomas Mauch feuern: „Dieser Mauch hatte nicht eine einzige Aufnahme im Kasten, die nicht auf den Misthaufen gehörte.“. Unterbrach die Dreharbeiten, weil er schmollte, dass Herzog eine Szene in seiner Abwesenheit drehte. Und bei der letzten Szene steigert er sich so in sein Schauspiel rein, dass er fast ertrunken wäre.

Kindesmissbrauchsvorwurf gegen Klaus Kinski

„Kinskis provozierende Selbstdarstellung wurde Teil einer Medienpersona, die das Prahlen mit sexuellem Missbrauch als Exzentrik verklärte.“

Frankfurter Rundschau

Bereits in seiner Autobiografie „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“ von 1975 hatte er geschrieben, dass er Sex mit einer 13-Jährigen hatte (und seiner Mutter und seiner Schwester, was Kinskis Brüder aber abstritten).

1991 prahlte er in seinem Buch „Ich brauche Liebe“ damit, ein inzestuöses Verhältnis mit seiner Tochter Nastassja Kinski zu haben. Sie widersprach dem und wollte ihren Vater auf Gegendarstellung verklagen. Dazu kam es aber wegen des Todes von Klaus Kinski nicht mehr. 1999 sagte Nastassja  dem Guardian, ihr Vater habe sie nie sexuell missbraucht, „auf andere Weise aber schon“. Er habe sie zwar nicht geschlagen, „aber niederträchtig beschimpft“ und begrapscht. 2013 erhob Kinskis Tochter Pola Kinski schwere Vorwürfe: Ihr Vater habe sie sexuell missbraucht. In einem Stern-Interview erzählte der jüngste Sohn Nikolai Kinski hingegen, er habe niemals erlebt, dass sein Vater aggressiv oder ausfallend geworden sei: „Mein Vater war privat der sanfteste Mensch, den man sich vorstellen konnte“.

Die Produktion von Das indische Tuch

Das indische Tuch war der 16. deutschsprachige Edgar-Wallace-Film. Um Produktionskosten zu sparen, wurde der Film fast komplett im Studio gedreht. Es gab lediglich zwei Außenaufnahmen. Das Schloss wurde als Matte Painting auf einen Vorhang gezeichnet. Der Satz „Hallo! Hier spricht Edgar Wallace“ wurde von Regisseur Alfred Vohrer gesprochen.

Der Film hat fast gar nichts mehr mit dem Roman gemein. Stattdessen wurde viel von Agatha Christies Roman Und dann gabs keines mehr eingearbeitet. Der Titel von Christies Roman wurde von „Gutmenschen“ geändert und hieß im Original 10 kleine *hier einen übel-rassistischen Begriff einfügen*.

Filmisches Erzählen in Das indische Tuch

Die erste Szene & Künstlichkeit der Inszenierung

Das indische Tuch beginnt mit einem Matte Painting: Das Schloss in dem die Handlung spielt wird gezeigt. Eigentlich soll ein Matte Painting täuschend echt aussehen. Doch das gemalte Schloss am Anfang von Das indische Tuch sieht extrem künstlich aus – zudem wabern davor noch sehr unglaubwürdige ‚Nebelschwaden‘ offensichtlich aus Trockeneis.

Doch diese offensichtlichen Budgetlimitierungen werden im nächsten Moment durch einen Bruch der filmischen Illusion ironisch kommentiert: Das Matte Painting war auf einen Vorhang gemalt, der nun hochgezogen wird.

Das nächste Bild ist nicht weniger grotesk und unterstreicht die selbstbewusste Künstlichkeit, die sich fortan durch die gesamte Inszenierung zieht: Wir sehen Hans Clarin am Klavier sitzen. Hinter ihm steht eine absurd große Beethoven-Büste und obendrein befindet sich noch ein ausgestopftes Pferd im Zimmer.

Mit diesen beiden ersten Bildern verdeutlicht der Film sofort, dass er keinerlei Anspruch hat, realistisch zu sein. Dieser Verzicht auf Realismus waren ein Markenzeichen der Edgar-Wallace-Filme. Zugleich war und ist er etwas sehr besonderes im deutschen Kino, in dem der Realismus bis heute das Ideal der filmischen Inszenierung ist. Die Inszenierung soll zum Verschwinden gebracht werden: Kamera, Musik und Schnitt sollen so unauffällig sein, dass sie sich ganz in den Dienst der Handlung stellen. Das indische Tuch bricht sehr bewusst und sehr selbstbewusst mit diesem Ideal – er ist ein Gegenentwurf.

Dies zieht sich durch den gesamten weiteren Film: Er glänzt mit unkonventionellen Zooms und Kameraschwenks. Wir sehen die Morde immer aus einer subjektiven Perspektive – Hände halten vor der Kamera das mordbringende indische Tuch. Es gibt einen Servierwagen, der von Geisterhand fährt und der ganze Film endet mit einem Bruch der vierten Wand, indem Edgar Wallace als Alleinerbe ausgerufen wird. Wir sehen hier Stilmittel, die wir auch bei Monty Python oder Bertold Brecht wiederfinden.

Bedeutung der Edgar-Wallace-Filme für das deutsche Nachkriegskino

Die Edgar-Wallace-Filme waren erstaunlich modern für ihre Zeit. Sie erschienen in einer Zeit, in der stockkonservative Heimatfilme das deutsche Kino dominierten. Die Ermittler in den EW-Filmen waren Stadtmenschen – Menschen von Welt – zugleich aber bieder und ideale Schwiegersöhne.

Die Themen, die verhandelt wurden, hielten der deutschen Wirtschaftswunder-Gesellschaft einen Spiegel vor. Es ging vor allem um Geld und Intrigen. Die Morde wurden nur wegen materialistischer Motive begangen, so wie sich im Nachkriegsdeutschland vieles nur noch um Geldverdienen und Konsum drehte.

Kritik am Plott

Fragwürdig inszeniert ist, wie schnell und unwidersprochen der Anwalt die Ermittlungen übernimmt. Es ist ja nicht so, dass Anwälte eine höhere Qualifikation bei Mordermittlungen haben als die anderen anwesenden. Aber nachdem schonmal jemand in diesem Film ermordet wurde, sehen alle sofort ein, dass Tanner den Mord aufdecken soll. Woraufhin dieser sich auch erst einmal standesgemäß in Pose wirft und die anderen verhört.

Natürlich ist das alles nicht ernst gemeint: Dies zeigt sich ja schon darin, dass niemand in Das indische Tuch je über einen der vielen Morde geschockt ist.

Die Rezeption von Das indische Tuch

Der Film wurde von der FSK ab 16 Jahren freigegeben. Im Fernsehen wurde der Film in einer stark gekürzten Fassung im 4:3-Format ausgestrahlt. Der im Original farbige Vorspann wurde durch einen Schwarzweißvorspann ersetzt. 1991 wurde die FSK-Freigabe der gekürzten Version auf 12 Jahre heruntergesetzt. Inzwischen wurde der Film auch für en kleinen Bildschirm in der originalen Kinofassung veröffentlicht, die wieder ab 16 Jahren freigegeben ist. Im Vergleich mit den anderen Filmen steht der Film mit 1,9 Millionen Zuschauern eher schlecht da.

Quentin Tarantino hat sich in einem Interview mal als Alfred-Vohrer-Fan geoutet und sagte „Alfred Vohrer is a genius!“

Im Laufe der Jahre wurden viele Versuche unternommen, die Edgar-Wallace-Filme wieder aufleben zu lassen. Der erfolgreichste dieser Versuche ist sicherlich die Parodie Der Wixxer.

Lesenswert

The End.