SF73 – Pulp Fiction (Rewatch feat. Bahnhofskino, CineCouch, Enough Talk, Lichtspielcast, Mathias, Second Unit und Wiederaufführung)

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The little differences

Wir packen Pulp Fiction auf die 73. Zwischen linguistischem und philosophischem Abnerden, tätigten wir einen Anruf von unserem Mobiltelefon aus bei unserem Dealer und bestellten eine Überdosis geballter Podcastprominenz aus den „German Harzmountains“. Wir machen Werbung für das Bahnhofskino, mögen Pulp Fiction unterschiedlich doll mit der CineCouch, können nicht kurz mit dem Enough Talk, lieben Listen mit dem Lichtspielcast, Wählen unsere Waffen mit Mathias, lachen über den Running Gag der Second Unit und kritisieren die Gewaltverherrlichung mit der Wiederaufführung. Mit anderen Worten: Wir haben Pulp Fiction besprochen. Nach dieser Folge zieht Paula dann aufs Land und macht einen Serienpodcast während Daniel in der Stadt sitzt und Pulp Fiction guckt.

Vorgeplänkel

Feedback zur letzten Sendung ♦ 6 von 36 Fragen, durch die man sich verliebt …  ♦  Die Retter von New York ♦ Linguistisches Abnerden zur Phonologie ♦ Die 100 besten Filme des bisherigen 21. Jahrhundert ♦ Wir besprechen Alien im Halloweenspecial ♦ Paula: „Alien ist doch so ein Springteufel-Erschreckfilm.“ ♦ Abstimmung zum Horrorctober

Vorgespräch zu Pulp Fiction

Unsere letzte Folge zu Pulp Fiction ♦ Offene Fragen: Ist Tarantino ein schlechter Schauspieler? Verbessert sich Tarantinos Kameraführung? (Wie) erzählt Tarantino eine Erlösungsgeschichte? Thematisiert Tarantino hier (wieder) Geschlechterrollen? ♦ CineCouch-Folge zu einer Kinostudie von 2015 

Talking Filmnerds

Vielen Dank an alle Podcasts, die uns ihre Stimmen liehen! Es waren dabei:

Diese Fragen haben wir unseren Gästen gestellt:

  • Magst du Pulp Fiction? Und warum?
  • Wie schätzt du die Rolle von Pulp Fiction in der Filmgeschichte ein?
  • Wann hast du zum ersten Mal Pulp Fiction gesehen?
  • Was ist deine Lieblingsszene in Pulp Fiction?
  • Was ist die beste Szene in Pulp Fiction?
  • Wenn du eine Rangliste von allen Tarantino-Filmen machen würdest, wo würdest du Pulp Fiction einordnen?

Nachbesprechung von Pulp Fiction

Der berühmte Longshot aus Goodfellas ist der Copacabana-Shot ♦ Amy Nicholson kritisiert in The Canon über Reservoir Dogs Tarantinos Schauspielerführung ♦ Die erste Szene aus Pulp Fiction ♦ Die erste Szene aus Inglourious Basterds (leider nicht komplett) ♦ Der Artikel über Erlösung und Postmoderne in Tarantinos Filmen ♦ Video über Tarantinos Regiestil ♦ Der Ursprung von „Don’t be a square“ ♦ Travoltas Durchbruch war natürlich Saturday Night Fever

The End.

10 Gedanken zu „SF73 – Pulp Fiction (Rewatch feat. Bahnhofskino, CineCouch, Enough Talk, Lichtspielcast, Mathias, Second Unit und Wiederaufführung)

  1. Dennis Neiss

    Sehr, sehr schöner Podcast!

    „Pulp Fiction“ ist für mich ein enorm wichtiger Film, weil er Teil meiner filmischen Sozialisation war. Nach der Sichtung dieses Films habe ich das Kino mit anderen Augen gesehen.

    In meiner persönlichen Tarantino-Rangfolge belegt übrigens der unterschätzte „Jackie Brown“ den ersten Platz.

    Mit besten Grüßen

    Dennis

    Antworten
  2. Familienpapa

    Interessante Diskussion! Danke auch an dieser Stelle gleich mal an alle, die da so nett noch ihren Beitrag eingesprochen haben.

    Aber ich kann das jetzt natürlich nicht alles so schweigend hinnehmen. Pulp Fiction weckt bei mir Meckerbedarf!

    Ich muss ja zugeben, dass ich noch nie verstanden habe, was Leute an diesem Film so toll finden. Passieren tut nichts von Relevanz oder Interesse, ich bin emotional an keine einzige Figur geknüpft (warum auch) und gelacht habe ich auch schon mehr, beispielsweise bei Big Lebowski, um mal einen ähnlichen Vertreter zu nennen. Zumindest finde ich den cholerischen Ex-Vietnamkämpfer Walter alleine schon lustiger als Tarantinos gesamtes Schaffen.
    Vielleicht huldige ich ihm auch nicht so sehr, weil ich nicht einsiehe, inwiefern er so großen Einfluss hatte im Kino. Ironie gab es auch schon davor und vielleicht haben viele Gangsterfilme sich an ihm orientiert, das mag schon sein, aber wieso sollte ich mich deswegen für Pulp Fiction interessieren? Ich interessiere mich ja genauso wenig für seine Klone. Gangsterfilme müssen in meiner Welt mehr zeigen als coole Typen mit Pistolen und Pseudo-Ambivalenz. Ich will in die Gefühlswelten von solchen Leute eintauchen. Vielleicht sehen, wie sie gefangen sind dort und den Ausweg nicht mehr finden. Wie sie an sich selbst zweifeln oder für welche Werte sie einstehen. Im Paten finde ich all solche Sachen, bei Tarantino nur Blut und Kalauer. Vielleicht liegt es ja daran, dass ich Ironie auch gar nicht mal so toll finde und ernste Filme immer schon vorgezogen habe. All das belanglose Geblubber von Burgern und Motherfuckern geht mir sogar ehrlich gesagt ziemlich auf den Keks.

    Irgendwie hat sich Pulp Fiction zum ultimativen Kultfilm gemausert, das zieht einen schon mit und man kann definitiv Tarantinos Engagement für das Kino schätzen. Aber aus „filmischer“ Hinsicht ist doch eigentlich nichts sonderlich wertvolles dabei, oder? Gut, er hat einmal an der Narrative geschüttelt (finde dieses Wort übrigens furchtbar) und ein paar Szenen vertauscht. Und sonst? Eigentlich doch wie in jedem Tarantino. Ob sie jetzt gelbe Jogginganzüge, Stahlhelme, Cowboyhüte oder schwarze Anzüge tragen: Bisschen narratives Geschwurbel, poppiger Soundtrack, männliche Coolness, sinnlose Gewalt mit ganz ganz viel Ironie und ordentlich Zitatefeiern. Mir geben seine Filme einfach absolut gar nichts. Ab und zu vielleicht ein Wippen mit den Knien zur Musik oder hier und da ein einsamer Lacher, aber nach dem Film ist vor dem Film. Ich komme nicht ins Grübeln und verspüre auch nicht die Lust, ihn mir nochmal anzusehen.

    Ich gebe zu, dass seine Filme mehr oder weniger einen Katalysator darstellen für Filmleidenschaft. Wenn man noch nicht all zu viel kennt, eventuell gerade ein Einsteiger ist und sich an der IMDB Top 250 abarbeitet, kann einen dieses bedingungslose Zelebrieren von Filmen als solches durchaus beflügeln, das sehe ich, aber ab einem gewissen Punkt lässt man das doch hinter sich, oder nicht? Gerade, wenn man wie in eurem Fall schon bei Hitchcock angekommen ist. Ich verstehe es nicht! Wann immer ich so etwas mächtiges und monumentales wie „Die Frau in den Dünen“ anschaue, ist Tarantino doch eigentlich nur ein mit den armen winkendes und nach Aufmerksamkeit bettelndes Kind. Vielleicht muss man den wirklich einfach damals gesehen und die ganzen Reaktionen miterlebt haben. Aber aus Nostalgie möchte ich eigentlich keine Filme schauen.

    „‚Die Geschichte mit Mia Wallace … und dann stellt sich am Ende heraus, dass alles nur gelogen ist‘ ist auch ein Indiz dafür, dass nichts eine Wahrheit ist.“
    Häh? Da hat halt einfach jemand gelogen aus Jux. Ich verstehe echt nicht, wieso gerade bei diesem Film so große Fässer aufgemacht werden, wenn es ans Interpretieren geht und in jedes noch so banale Fitzelchen was reingelesen werden muss. Wieso macht man das dann nicht auch bei beispielsweise Jurassic Park? Da könnte man ja auch die Dinokacke als Allegorie auf die postmoderne Gesellschaft sehen, oder als zynischen Kommentar von Spielberg auf [hier etwas Beliebiges einfügen, bspw. Politik]. Oder man könnte die Roboter aus Transformers als Kritik am überemotionalen Menschen betrachten, der sich zu oft von seinen Affekten leiten lässt etc… macht aber keiner. Und gehen würde das freilich, wenn der Wille da ist. Wieso also hier? Wieso in einem Film, in dem dumme Gangster über Burger und Fußmassagen quasseln? Nur, weil er in ein paar Aspekten vor 20 Jahren mal etwas Neues gemacht hat? Blade Runner und Apocalypse Now sind beispielsweise schon viel älter, haben nichts neues gemacht, und funktionieren als Filme trotzdem auf jedem Level besser.

    Die These, dass es keine absoluten Werte gibt, finde ich übrigens ziemlich nichtssagend. Für mich entsteht daraus keine Ambivalenz. Erst am Diskurs mit Werten, am Abwägen von Pro und Kontra und am Zerschellen von Figuren an Mauern der Tradition oder Dekadenz entsteht doch echte Kritik. Tarantinos Figuren sind alle einfach nur doof und abgefuckt, davon hat man als Zuschauer doch aber gar nichts! Wieso nicht wie bpsw. in „The Face of Another“ einen Mann, der bei einem Unfall sein Gesicht verbrennt/verliert und daraufhin über die Bedeutung von sehen und gesehen werden, von Gesichtern und Oberflächen, von Masken und Täuschungen nachdenkt. Nun ist mir klar, dass nicht jeder Film tiefgründige Themen verarbeiten möchte, und man kann einen Film sehr wohl genießen für das, was er ist. Das Problem, das ich dabei habe, ist, dass in Tarantino die Leute oft zwangsweise etwas sehen, das da so einfach nicht drin steckt. Er ist mit Sicherheit mit großem Eifer am Drehen und besitzt eine riesige Leidenschaft für das, was er tut. Aber ich bezweifle einfach mal stark, dass er ein intelligenter Mensch ist, der viel über das Leben und den Menschen nachdenkt.
    Ich erinnere mich gerade an ein Fernseh-Interview, in dem eine hysterische Gewalt-Ist-Immer-Schlecht-Oma ihn auf die Palme bringt und fragt „why does it have to be so much violence“ und er erwidert „Because it’s so much fun, Jen! Get it!“
    Aha.

    Ebenso gilt das alles für die These, dass es keine Wahrheit und keinen Gott gibt. Anscheinend ist das postmodern, aber wenn daraus keine interessanten Schlüsse und Denkansätze entstehen, kümmert mich so eine These nicht im Geringsten. Ich sehe sie auch ehrlich gesagt gar nicht. Nicht mal jetzt, wo ich weiß, dass das Bibelzitat von Jules erfunden ist. Ich denke mir dabei halt, dass Tarantino dachte, es sei lustig, wenn sein geistig einfach gestrickter Gangstercharakter gerne hoch stapelt und mit Bibelzitaten um sich schmeißt, aber eigentlich ausgemachten Blödsinn erzählt. Einfach, weil das ja jeder Charakter in jedem seiner Filme tut.

    Einen anderen Punkt möchte ich auch noch kurz aufgreifen: Dass die Waffen, die Butch aufgreift, alle eine Rolle spielen in Tarantinos Filmen. Erstens ist das natürlich wieder eine vollkommen sinnlose Beobachtung und zweitens ist sie auch nicht verwunderlich, da ja Tarantinos Figuren nie etwas anderes machen, als sich gegenseitig abzuschlachten (oder sich zu unterhalten). Was will man also zum Ausdruck bringen, wenn man so eine Bemerkung macht? Das ist wie, als wenn in jedem Tarkovsky Film einmal ein grün angemaltes Huhn bei Minute 45 im Hintergrund vorbei läuft. Sinnlos und ohne Mehrwert.

    Ich möchte noch bemerken, dass ich Tarantinos Frauenverständnis für vollkommen degeneriert halte. Für ihn ist eine Frau anscheinend eine Powerfrau, wenn sie coole Sprüche klopft und Männer köpfen kann. Also sich quasi wie die Männer in seinen Filmen aufführt. Aber wo genau steckt da eine starke Frau? Stark bedeutet ja nicht physisch stark, sondern dass wir einen interessanten Charakter haben, der sich durch durchdachtes und intelligentes Handeln auszeichnet, sich von dem Rest des Filmes deutlich abhebt in so ziemlich allen Aspekten. Als Beispiel für tolle Frauenfiguren sei einfach mal etwa jeder Miyazaki Film gesagt. Ein Thema, das mich sonst nicht wirklich kümmert, aber die Art, wie Tarantino seine Frauen oberflächlich inszeniert, ist sehr ostentativ.

    Zum Schluss meiner Hassrede möchte ich noch anmerken, dass ich Tarantino nicht katastrophal finde. Wäre er ein kleiner Regisseur am Rande, würde ich ihn wahrscheinlich sogar okay finden. Sein Regiestil ist sehr effizient und schweißtreibend, aber seine Filme sind inhaltlich für mich halt einfach vollkommen uninteressant und die Tatsache, dass ihm eine so unfassbar riesige Beachtung zu teil wird, lässt mich da natürlich stärker aus der Gegenrichtung argumentieren, als ich es eigentlich wollen würde. Außerdem sind Tarantinos Figuren allesamt gleich und tun auch immer das Gleiche. Und ganz schlimm dabei ist, dass sie immer schon von der ersten Sekunde an klar definiert sind und keinerlei charakterlichen Wandel durchmachen.

    Insgesamt sage ich noch, dass ich Pulp Fiction vermutlich mögen würde, wenn es dabei geblieben wäre und Tarantino sich nicht 7 Mal wiederholt hätte danach. Und vor allem, wenn ich nicht ständig hören würde, dass dieser Film des Kinos großer Wurf sein soll 😀

    PS: Ich finde den Charakter Vincent Vega sehr gelungen und witzig. Definitiv das Highlight in Tarantinos Schaffen!

    PPS: Vielleich für nächstes Mal: Paula, du darfst ruhig öfter mal Kontra geben und hitzig diskutieren, wenn du den diskutierten Film nicht so gut findest wie Daniel. 🙂

    Antworten
    1. Familienpapa

      Ich muss meine Tirade von gestern zumindest teilweise revidieren, habe mich da wohl in Rage geredet. Ich habe mir PF nochmal angeschaut und hatte doch dezenten Spaß dabei (also etwa 75, um eure Sprache zu sprechen). Die Meinung zum Rest seiner Filmer bleibt aber.

      Antworten
    2. Daniel Beitragsautor

      Hui, da machst du jetzt aber ca. 10 Fässer auf. Mal schauen, was mir dazu einfällt.

      Du kritisierst einerseits, dass in PF nichts passiert und die Charaktere dich emotional nicht ansprechen. Andererseits, dass andere Filme lustiger sind. Darin zeigt sich schon gleich, wie sich PF Genrekomventionen entzieht, obwohl er mit Ihnen vollgestopft ist!

      Ich kenne dich nicht und will dir nichts unterstellen, aber deine Kritik liest sich für mich, als müsste jeder Film entweder ein Charakterdrama sein oder eine Komödie. Das finde ich zu einfach. Es gibt noch so viele andere Dimensionen. PF macht zweierlei:

      Er arbeitet sich zum einen am Medium ab, er zieht und drückt an den Ecken und Enden und erschafft so etwas neues. Dass du das nicht so spannend findest, ist deine eigene Sache. Aber es ist ein Fakt, dass es nicht so viele Filme gibt, denen es gelingt, zu erweitern, was filmisch möglich ist. Allein dafür ist PF und das Werk von Tarantino schon relevant.

      Er steht damit in einer Reihe mit The Great Train Robbery, Das Cabinet des Dr. Caligari, Jean d’Arc, Citizen Kane, Rashomon, Das Fenster zum Hof, Odyssee 2001, Stalker und auch Jurassic Park. 😉

      Eine andere Dimension filmischen Erzählens, in die PF hineinfällt, sind Filme, die als Allegorien funktionieren. Die also schon per Definition wenig Interesse an Charaktertiefe haben, sondern bei denen die Charaktere als Symbole fungieren. Fast jeder Film von Kubrick fällt in diese Kategorie. Allerdings werden die Charaktere durch Tarantinos unglaublich großes Talent für Dialoge belebt …

      Dass du andere Filme lustiger findest, ließe sich einfach mit „Humor ist subjektiv“ abtun. Allerdings bin ich immer auf der Suche nach Kritierien für objektive Qualität. Entsprechend glaube ich, dass so etwas auch für Humor existieren muss. Allerdings habe ich noch nicht lange genug darüber nachgedacht, um das näher zu bestimmen … Hmm, das Thema könnten wir eigentlich mal in den Spätfilm holen. Gleich mal auf DIE LISTE(tm) setzen.

      Das ganze Thema Zitate, Remix, Mashup und „das gab es schon davor“ wird uns sicherlich in Kill Bill beschäftigen. Daher möchte ich diese Diskussion gerne vertagen ? Genau wie deinen Vorwurf, ich würde willkürlich irgendetwas in PF hineininterpretieren. Das nehme ich sehr ernst und kreide mir als persönlichen Fehler an, dass es so rüberkam. Ich kann das – glaube ich – entkräften, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Ich komme in den nächsten Folgen darauf zurück. Kleiner Spoiler: Klar kann man was in den Scheißehaufen aus Jurassic Park hineininterpretieren. Aber da JP kein postmoderner Film ist, sondern sein Thema Fortschritts- und Wissenschaftskritik ist, muss die Interpretation anders lauten. ? In Tranformers kann man hingegen nichts hineininterpretieren. Der Film ist einfach strutzendoof. Mehr dazu hier:

      http://letterboxd.com/privatsprache/film/transformers/

      Lustig finde ich deinen Einwurf, wie wir Tarantino nur gut finden können, „wo wir doch schon Hitchcock entdeckt“ haben. Denn die Vorwürfe, die du Tarantino machst, unterscheiden sich gar nicht so sehr von den Vorwürfen, die Kritiker Hitch in den 50ern und 60ern machten. Der Typ macht doch nur Krimis, nur Unterhaltungsfilme für den Pöbel, das ist keine Kunst, das hat keine Tiefe, da findet kein Drama statt. Erst die Entdeckung Hitchs durch die Nouvelle Vague, allen voran Truffaut, hat dieses Bild geändert. BTW, hast du das Psycho-Zitat in PF entdeckt?

      Zum Schluss: Frauenbilder und ästhetisierte Gewalt. Ich kenne das Interview, das du erwähnst…

      1. hat Tarantino absolut recht. IT IS SO MUCH FUN!!! Warum gibt es denn Action- und Horrorfilme seit es das Kino gibt? Weil es Spaß macht! Gerade weil das eine Form von Eskapismus ist, die wir genießen können, solange die Bilder flimmern und anschließend gehen wir wieder in die echte Welt, wo wir normale unbrutale Menschen sind. Wenn du das nicht magst, ist das dein gutes Recht. Dann schau dir die Filme einfach nicht an. Aber ein Film ist nicht nur deshalb schlecht, weil er Gewalt zeigt, ohne das gleich mit einem erhobenen Zeigefinger zu tun. 2. Hast du viele Argumente unterschlagen, die Tarantino bringt. Die Interviewerin lässt ihn nie zu Wort kommen, was ein extrem schlechter Interviewstil ist, deshalb kann er nur Brocken hinwerfen, aber mit denen hat er vollkommen Recht.

      Vor Beatrix Kiddoh gab es im westlichen Kino exakt eine einzige ernstzunehmende Actionheldin: Ripley. Im Kontrast dazu gab und gibt es tausende männliche Actionhelden. Das ist ein Problem. Als Vater zweier Töchter finde ich es eine Schande, dass Mädchen seit nun fast 130 Jahren im Action-Kino immer nur gezeigt wird, dass sie nur passive Objekte sind, die hübsch auszusehen haben und am Ende von einem starken Mann gerettet werden. Kill Bill war ein FUCKING Meilenstein in dieser Beziehung. Nicht nur ist Beatrix Kiddoh stark. Im Gegensatz zu Lara Croft oder den Underworld-Filmen ist sie nie ein Sexobjekt. Sie blutet, schwitzt, macht sich dreckig und muss nicht mit Hintern oder Brüsten wackeln. Das ist wichtig. Und ja, was Miyazaki macht, ist auch wichtig. Aber starke Frauen im Kino zu zeigen, ist doch kein Nullsummenspiel! Nur weil wir einfühlsame, aktive und weise Frauen von einem Regisseur gezeigt bekommen, ist es deshalb doch nicht schlecht, wenn wir starke, selbstbestimmte Frauen vom anderen sehen. Ich bin jedenfalls sehr glücklich über den Trend der 10er-Jahre, mit Furiosa, Kadniss und Rey uns endlich Actionheldinnen zu geben, die genauso cool und stark sind wie ihre männlichen Pendants. Diesen Trend hat auch Tarantino mitangestoßen und ich kann absolut nichts schlechtes daran entdecken.

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      1. Familienpapa

        Danke für deine ausführliche Antwort!

        Deine Unterstellung ist übrigens sehr treffend. Ich bin da tatsächlich etwas einseitig gestrickt und finde fast ausschließlich Filme gut, die auch zu gewissen Teilen Charakterdrama sind. Vermutlich liegt das daran, dass filmtechnische und filmhistorische Kunst mich einfach nicht so sehr beflügelt, wie das anscheinend bei anderen der Fall ist. Einen Film nur der Form wegen zu mögen, scheint mir eigentlich unmöglich.

        Zuerst muss ich feststellen, dass du viel zu viel Gewicht in meine Aussage über den Humor legst. Dass ich bei PF nicht ständig am Lachen bin, hatte ich nur beiläufig erwähnt, weil das anscheinend allen anders geht. Schlimm finde ich das nicht im Geringsten.

        Was genau meinst du mit Charakteren als Symbol in Bezug auf PF? Welche Symbole sind Jules oder Vincent? Symbole für moralischen Verfall oder Apathie? Stellen sie einen metaphorischen Kampf zwischen Glaube und Agnostizismus dar? Das halte ich dann doch für ein bisschen weit her geholt. Denn dann wäre ungefähr jede Filmfigur, die nicht ausschließlich gesellschaftskonform handelt, ein Symbol für irgendeine Ausprägung, die von dieser Norm eben abweicht.
        (Und ich möchte wirklich mal wissen, wie groß der Prozentsatz der Leute ist, die Pulp Fiction auf so eine Weise ergründen möchten (und auch können), wie du es tut. Mir scheint nämlich, als würden die meisten sich einfach nur auf dem Sofa krümeln vor lachen, wenn mal wieder über Burger und Fußmassagen gesprochen wird.)

        Das mit Hitch wusste ich gar nicht, ist aber interessant! Dass Tarantino nur Filme für den Pöbel macht, würde ich aber garantiert nie behaupten. Ich habe ihn ja auch schon für seinen Regiestil gelobt und er ist definitiv ein interessanter Filmemacher – sonst würden wir jetzt nicht über ihn diskutieren. Oder wer weiß, vielleicht bin ich ja doch einer dieser geistig eingeschränkten Wut-Kritiker 😀
        Ich finde es jedenfalls bemerkenswert, dass sich Pulp Fiction und Rear Window quasi den Spitzenplatz deiner Lieblingsfilme teilen, denn irgendwie laufen diese Filme ja doch etwas konträr (vor allem in ihren Ambitionen).

        Was das Interview mit Tarantino betrifft: Da hast du mich falsch verstanden. Ich nehme garantiert nicht die Position der Frau ein, wie ich schon oben durch die Bezeichnung „Gewalt-ist-immer-schlecht-Oma“ deutlich machen wollte.
        Mir ging es einzig und allein um die Motivation von Tarantinos Gewalt: „Because it’s so much fun.“ Eben weil Tarantino so ein beliebter Regisseur ist und seine Filme so eine große Reichweite besitzen, fangen viele Leute an, auch etwas in diese Gewalt zu interpretieren, das da einfach nicht drin steckt bzw. nicht intendiert war. Natürlich ist diese Aussage gewissermaßen schwachsinnig, weil jeder interpretieren soll, was er will, aber das hatten wir ja jetzt schon (Dinokacke und Roboter). Tarantino möchte, wie du schon sagtest, mit seinen überzeichneten Blutfontänen eigentlich doch nur eines erreichen: Eskapismus, Überstilisierung und Spaß. Mehr nicht. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Ich finde jedenfalls, dass er sich diese doppelbödige „Motivation“ durchaus als Kritikpunkt gefallen lassen muss, denn Gewalt kann auch weitaus stilvoller und effektiver eingesetzt werden (z.B. Les Sept Jours du talion oder Drive, um mal zeitgleiche Vertreter zu nennen). Einfach, wenn sie pointierter und fokussierter ist, für etwas steht und nicht überall und ständig sinnbefreit auf den Zuschauer einhämmert, was ab einer gewissen Dauer nur noch ermattend wirkt. Letztendlich hast du aber natürlich auch Recht, dass das eine Geschmacksfrage ist. Gewalt stört mich in Filmen meistens kaum, aber wenn sie so allgegenwärtig und monoton ist wie in Tarantinos Filmen, ödet sie mich halt an.

        Was die Actionheldin angeht: Dir ist klar, dass Beatrix Kiddo im Prinzip Yuki aus Lady Snowblood ist? Also eine Meiko Kaji, die schon in den 70ern blutend und schweißgebadet Männer abgeschlachtet hat (natürlich war das damals im Schatten des Pinku Eiga, der noch stark sexualisiert war, was die Kritik an der Frauendarstellung aber eigentlich nur verschärfte, wenn man mal darüber nachdenkt)? Ich nehme mal an, dir ist das alles schon längst klar, da du deine Aussage ja explizit auf das westliche Kino eingeschränkt hattest. Aber damit ist der Kern der Aussage doch entkräftigt, oder nicht? Du findest deine Heldinnen sehr wohl, sobald du das US-Kino verlässt.
        „Westliches Kino“ also solches gibt es ja auch nicht wirklich. Wenn man einen Mangel an Actionheldinnen ausspricht, bezieht man sich eigentlich lediglich auf Hollywood, da sich sonst keiner um Actionfilme schert. Und Hollywood ist ja bekanntlich in jeder Hinsicht vollkommen oberflächlich und ausschließlich am Profit interessiert, woraus Filme mit dem größten gemeinsamen Teiler entstehen, sodass man in keiner Weise das empfindliche, kollektive Gesellschaftsbewusstsein verletzt. Sich hier über den Status der Frau zu ärgern ist doch fast schon lächerlich, denn in diesem Kino läuft eigentlich alles schief, was mit Filmkunst oder Kultur zu tun hat.

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  3. Pingback: State of the Unit #05 (Lichtspiele, Superman-Vortrag, DOK Leipzig & Call for Help!) | Second Unit

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