SF27 – Babel

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Paula
Überbezahlter Superstar
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Daniel
Verkannter Regisseur


Can I explain?

Wir geraten nicht an Sprachbarrieren, auch wenn wir schon viel zu oft Filme über die Grenze zwischen Mexiko und den USA gesehen haben. Daniel regt sich auf, nicht bloß, dass der Film nicht in Spanien spielt, sondern vor allem, weil die Protagonisten so dumm sind. Aber dazu kommen wir später. Paula bricht mit der konventionellen Podcast-Line, indem sie als Taschenspielertrick den Mythos der babylonischen Sprachverwirrung nacherzählt. In unserem hyperlinked Podcast gehen wir abschließend noch der Frage nach, ob Stromberg dumm ist oder Daniel bloß keinen Humor hat.

Eckdaten

Regie: Alejandro González Iñárritu
– Filmographie (Auswahl):
2000: Amores Perros
2003: 21 Gramm
2006: Babel
2010: Biutiful
2014: Birdman

Erscheinungsjahr: 2006
Darsteller: Brad Pitt (Richard), Cate Blanchett (Susan), Gael García Bernal (Santiago)
Budget: 25 Millionen USD
Genre: Drama, Episodenfilm

Alejandro González Iñárritu gehört neben Guillermo Del Toro (hat Filme gemacht wie Pans Labyrinth, Hellboy und Pacific Rim, außerdem hat er am Drehbuch zu der Hobbit-Trilogie mitgeschrieben, ob das jetzt eine große Leistung ist oder nicht…) und Alfonso Cuarón (hat unter anderem Harry Potter und der Gefangene von Askaban, Children of Men und Gravity gedreht) zur goldenen Generation des neuen mexikanischen Kinos.

Die Produktion von Babel

Adriana Barraza, die die Maria spielt, leidet an einem Herzleiden. Dennoch nahm sie 17,5 Kilogramm für die Rolle zu und trug während der Dreharbeiten die 10 Jährige Elle Fanning zwei Tage lang durch die kalifornische Wüste.

Für die Szene, in der Chieko mit ihrem Vater im Auto sitzt, erhielt das Team keine Drehgenehmigung aufgrund bürokratischer Verzögerungen. Sie wollten, dass die Szene in einem Stau spielt, damit Chiekos Vater am Steuer gebärden kann. Das Team provozierte daraufhin einen Stau ohne Genehmigung und drehte so die Szene.

Weil der Kameramann Rodrigo Prieto in der Szene, in der Richard Susan durch das kleine Dorf trägt, beim Rückwärtslaufen für den Tracking-Shot immer stolperte, erfand das Team  „The Joey Chair Shot“: Der Kameramann saß auf einem Stuhl, der von vier Männern getragen wurde und konnte so die Szene filmen.

Filmisches Erzählen in Babel

Der Film bildet laut Iñárritu zusammen mit Amores Perros und 21 Gramm eine Trilogie zu den Themen Gewalt, Tod und menschliche Abgründe.

Das Leitmotiv in Babel ist die Sprachverwirrung. Der Name des Films verweist schon auf den biblischen Mythos. In Babel werden insgesamt sechs verschiedene Sprachen gesprochen. Zwei pro Episode des Episodenfilms.

Aufbruch der traditionellen Storyline

Die drei Episoden von Babel, die in der Storyline aufeinander folgen, werden zeitgleich ineinander verschachtelt erzählt. Kritiker kritisierten (denn das ist es, was Kritiker tun) aber, dass das nichtlineare Erzählen mit Babel vollends im Mainstream angekommen sei. So schrieb Andreas Bernard im SZ Magazin:

„Das Prinzip der verschachtelten Handlung: Im Jahr 2007 nur noch bloße Finger-übung, verspielte Reaktion des Kinos auf die globalisierte Welt. „

Und Rüdiger Suchsland diagnostizierte für artechock:

„als wolle hier einer zeigen: »Ey Leute, den Tarantino kann ich schon lange!«“

Hyperlinked Films

Das zweite starke Motiv in Babel ist die Globalisierung. Der Regisseur zeigt, wie ein Ereignis (Kinder schießen auf einen Bus) Einfluss hat auf das Leben von Menschen auf drei (mit Mittelamerika sogar vier) verschiedenen Kontinenten. Mit diesem Ansatz gehört Babel zu einem Subgenre, das man Hyperlinked Films nennen kann. Andere Vertreter dieses Genres neben Babel sind auch Amores Perros und 21 Gramm, aber genauso L. A. Crash, Traffic, City of God, Magnolia und die Serie The Wire. Diese Filme entstanden alle Anfang der Nuller-Jahre (Ausnahme Magnolia von 1999), in der Zeit, als das Internet zum Massenmedium. Unsere These lautet, dass hier der Hypertext, als das wesentliche Merkmal des Mediums Internet Einfluss auf das Medium Film genommen hat… Natürlich gab es auch vorher schon Hyperlinked Films, aber in der ersten Hälfte der Nullerjahre war das Subgenre eben besonders ausgeprägt.

Idiot Plot

Daniel mochte den Film nicht, weil er ein Vertreter des „Idiot Plot“ ist. Alles, was passiert, geschieht nur aufgrund der Dummheit der Protagonisten. Das Drama kommt nur zustande, weil dumm gehandelt wird. Würden die Protagonisten nur mal fünf Minuten über ihre Handlungen nachdenken, gäbe es fast keine Probleme in dem Film.

Die Rezeption von Babel

Der Film war verglichen mit seinen Produktionskosten ein großer Erfolg. Er spielte weltweit 135 Millionen Dollar ein. Allerdings erhielt er eher durchwachsene Kritiken. Ihm wurde vorgeworfen, dass er zu gewolt, zu prätentiös wäre. Dass er mit dem Holzhammer seine Message verbreiten wolle.

„It is well acted and handsomely photographed, but still extraordinarily overpraised and overblown, a middlebrow piece of near-nonsense: the kind of self-conscious arthouse cinema that is custom-tailored and machine-tooled for the dinner-party demographic. The script is contrived, shallow, unconvincing and rendered absurd and almost meaningless by a plot naivety that is impossible to ignore once its full magnitude dawns on you.“

The Guardian

Außerdem löste der Film eine Debatte aus, wer der eigentliche Künstler eines Films ist, da sich der Drehbuchautor Guillermo Arriaga und Regisseur Iñárritu wegen dieser Frage überwarfen. Die gleiche Diskussion wurde auch schon um Citizen Kane geführt.

Preise und Bestenlisten

  • Der Film erhielt den Preis für die beste Regie in Cannes. Außerdem den Preis der Ökumenischen Jury und den Großen Preis der Technik für Stephen Mirrione.
  • Bei den Chicago Film Critics Association Awards 2006 erhielt Rinko Kikuchi den Preis für die beste Nebendarstellerin.
  • Babel bekam Golden Globe für bestes Filmdrama
  • Gustavo Santaolalla erhielt einen British Acadamy Film Award
  • Außerdem gab es auch den Oscar für die beste Filmmusik

Das waren nur die wichtigsten neben vielen anderen Preisen.

Lesenswert

The End.

3 Gedanken zu „SF27 – Babel

  1. Arne (jacker)

    Schöne (angenehm schnell erschienene) Folge mit reichlich unterhaltsamem Gemecker 😉

    Wir hatten das ja auf Twitter schon kurz angesprochen – mir ging es ebenso, dass der Film mir damals im Kino ziemlich zusagte. Heute befürchte ich, dass es mir ähnlich wie Daniel gehen könnte. Wobei ich wohl weniger mit dummen Figuren, sondern eher der gewollten Schwere ein Problem haben könnte. Vielleicht spielt mir meine Erinnerung einen Streich, aber ich meine auch aus eurem Cast raus zu hören, dass hier wirklich in einer Tour das Schlimmste vom Schlimmen passiert. Sowas steht und fällt mit der Natürlichkeit des Dramas. Wenn ich das Gefühl habe, ein Regisseur bzw. Autor (schöne Diskussion zu dem Thema übrigens) will mir mit aller Kraft den konzentrierten Weltschmerz entgegen schleudern, mache ich evtl. dicht. Zwar hab ich mit Schwere per se kein Problem (z.B. THE BROKEN CIRCLE BREAKDOWN hat mich in seiner konzentrierten Traurigkeit völlig fertig gemacht, es fühlte sich aber „richtig“ an), doch darf sie kein Selbstzweck sein!

    Was gibt es denn nächste Woche von euch zu hören? 😛

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