SF23 – 23 – Nichts ist so, wie es scheint

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Paula
Überbezahlter Superstar
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Daniel
Verkannter Regisseur


Kapierst du eigentlich, was hier los ist?

Wir kapierten, was hier los ist, als wir uns vor einem realen Hintergrund in Hans-Christian Schmids Film hackten. Alles andere als nüchtern dokumentierten wir die Vorkommnisse des Abends von der Tür aus Titanic über Daniels tödlichen Mückenstich und Paulas Weltverschwörungstheorien bis 23:05 Uhr.

Vorgeplänkel

Hier das Video der MythBusters zum Thema, ob Jack wirklich sterben musste:

YoutubeHier die Ergebnisse des Proustfragebogen

Und hier, die Folge von Schöne Ecken, in der sie nackt podcasten …

Eckdaten

Regie: Hans-Christian Schmid
– Filmographie (Auswahl):
2006 Requiem
2000 Crazy
1998 23 – Nichts ist so wie es scheint
1995 Nach Fünf im Urwald
Besetzung: August Diehl, Fabian Busch,
Genre: Thriller, Drama, Hackerfilm, Drogenfilm
Erscheinungsjahr: 1998

In der Folge fragten wir uns, wie die Hauptdarsteller von Crazy noch gleich hießen. Es waren Robert Stadlober und Tom Schilling. Tom Schilling hatten wir auch schon einmal (off air) in Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe gesehen.

Vorgeschichte und wahre Begebenheiten

Paula: „Hack ist Hackfleisch“.

Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit: dem so genannten KGB-Hack. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den wahren Begebenheiten und dem Film. So wurde zum Beispiel die Figur des Davids aus dramaturgischen Gründen aus zwei realen Personen zusammengestellt. In CRE100 – Das Internet und die Hacker kann man die wahre Geschichte des KGB-Hacks nachhören.

Hier die Folge der Second Unit zu 23. Und hier die Diskussion auf dem CCC, auf der kritisiert wurde kritisiert, dass die Geschehnisse falsch dargestellt wurden. Und hier das Buch von Schmied über die wahren Begebenheiten*.

Es war laut Hans Hübner (in die Figur des David eingeflossen) alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wurde, bspw. war der Auftraggeber nicht der KGB sondern das Wirtschaftsministerium: es ging um Wirtschaftsspionage. Die UDSSR war an Computerprogrammen interessiert.

The Book doesn’t matter, nor does reality

Hier die wichtigsten CinemaSins-Videos über das Verhältnis zwischen Buch und Film:

Youtubeund:

Youtube

Die Illuminaten

Paula berichtete, dass die Illuminaten wesentlich weniger bedeutend waren, als sie dargestellt wurden. Sie existierten nur von 1776 bis 1785. Die Illuminaten haben übrigens nichts mit der 23 zu tun… Das Buch, das im Film eine so wichtige Rolle spielt, ist Illuminatus von Wilson und Shea*. Der erwähnte Podcast über Verschwörungstheorien von Frank Rieger und Fefe ist natürich Alternativlos 23. Der CRE über die Hacker im Film ist CRE202. Je mehr Personen an einer Verschwörung beteiligt sind, desto schwerer ist sie geheim zu halten. Daher ist die Existenz der Illuminaten sehr unwahrscheinlich. Ich bloggte auch dereinst über Verschwörungstheorien und wie man sie widerlegen kann

„Ernsthafte Fragen zur Bedeutung von „Illuminatus!“ beantwortet Wilson nur ungern oder mit einem ironischen Augenzwinkern“, erzählen die Drehbuchautoren […] über ihre Begegnung. „Was er wirklich denkt, läßt er sich nicht entlocken.“

Kinoweb.

Nachtrag zum Podcast: Die Illuminaten haben ein Haus in Frankfurt

Filmisches Erzählen

Hat der Film einen dokumentarischen Stil?

„Hans-Christian Schmid (Regie und Drehbuch) und Michael Gutmann (Drehbuch) erzählen die Geschichte dieser Selbstzerstörung spröd, nüchtern, fast dokumentarisch“

Illuminaten.org

Daniel findet das nicht und tritt den Gegenbeweis an.

Die Exposition

Der Film hat eines sehr starke Exposition. Schon im Intro bekommen wir viele epische Vorausdeutungen von Schmid anhand von Gegenständen gezeigt (besonders ab 2:19min):

YoutubeDie Exposition ist vielleicht nicht direkt ein Se7en-Zitat, aber in ihrem Stil – anhand von Detail-Aufnahmen die Handlung vorauszudeuten – erinnert sie stark an Finchers Se7en:

Youtube

Hier auch noch einmal zum Vergleich die Exposition von Breakfast Club:

Youtube

Die Darstellung von Karls Psychose

Zu Beginn hat der Film einen Voice Over, der durchaus im lockeren Ton erzählt. Dieser wird immer weiter zurückgenommen und verstummt am Ende ganz. Der Film endet mit Text, der über das Schicksal der vier Protagonisten aufklärt.

In der S-Bahn-Fahrt nach Ostberlin bekommen wir ein erstes Bild gezeigt, dass Karls Paranoia symbolisiert, indem die anderen Fahrgäst ihn vermeintlich angucken (ab ca. 2:20min):

Youtube

Ein weiteres Bild für die Paranoia ist ein Auge, das über Karls Bett hängt (6:12min):

Youtube

Gegen Ende des Films inszeniert Schmid, die Psychose dann mit ganz eindringlichen Bildern. Wie etwas dem überlebensgroßen Fernseher (ab ca. 3:00min):

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Und zum Schluss bekommen wir mit dem Raum, den Karl komplett den Illuminaten gewidmet hat, das Bild, das uns verrät, dass er in seinem Wahn gefangen ist (ab ca. 8:30 min):

Youtube

Das ist kein nüchterner oder dokumentarischer Stil, sondern manipulative Bildsprache!

Charakterstudie und Charakterentwicklung

„Hans-Christian Schmid beweist vor allem ein gutes Händchen in der Besetzung der Figuren, allen voran seine Entdeckung des Theaterschauspielers August Diehl. Für Diehl war es der Beginn einer großen Filmkarriere und er spielt seine Figur des Karl Koch unglaublich mitreißend und authentisch.“

Mann beißt Film

Paula kritisiert, dass die Charakterentwicklung schwach dargestellt ist. Es gibt eine angedeutete Liebesgeschichte und es wird gezeigt, wie Karl seine Freunde verliert, aber alles bleibt sehr dünn. Über David erfahren wir quasi gar nichts.

Spiel mit der 23

Die 23-Montage (ab 6:45min):

YoutubeAchtet auch auf die Gleis-Schilder am Bahnhof…

Peripetie und Bildsprache

Die Szene, in der Karl und David die PDP-11 kaufen, ist der Wendepunkt des Films. Das Bild vom Computer, der im Regen steht und mit einer zu kleinen Plane abgedeckt wurde, symbolisiert den Dilletantismus der Gruppe. In der Kiesgrubenszene scheinen sich die Protagonisten vordergründig wieder zu versöhnen, aber das in der Kiesgrube steckengebliebene Auto symbolisiert, dass dem nicht so ist.

Visualisierung des Hackens

Sehr realistische und minimalistische Darstellung des Hackens. Schmid wurde auch vom CCC beraten. In einer Szene wird das Internet mit Edding auf einem Globus symbolisiert. Der Trojaner wird mit einer kleinen Schachtel vor einer großen Schachtel dargestellt. Im Film wird als Nerd-Easteregg der BTX-Hack referenziert.

Was will uns der Film eigentlich sagen?

Was will uns der Film eigentlich sagen? Der Film ist für eine Charakterstudie zu dünn. Hier der angesprochene Zeit-Artikel, der Hacker als Verbrecher darstellte. Die Hackerethik kann man hier nachlesen. Paulas These: Der Film stellt die These auf, dass die Illuminaten (im Film) tatsächlich existieren. Das Indiz dafür ist das Foto beim Verfassungsschutz, auf dem der Fernsehtyp zu sehen ist (6:15min):

YoutubeDaniels These: Der Film ist eigentlich ein klassischer Drogenfilm. Er folgt in seiner Dramturgie derjenigen des Drogenfilms, wie wir sie bei Trainspotting (Trainspotting weicht davon ab) besprochen hatten. Der Drogenfilm auf den Daniel nicht kam ist Requiem for a Dream.

„Aus den Joints da wurden Trips“:

Youtube

Die Rezeption von 23

„WERTUNG: 8 von 10 brennenden Geldscheinen“

Filmtipps.at

Der Film erhielt überwiegend wohlwollende Kritiken. Besonders August Diehls Schauspiel wurde immer wieder gelobt.

„Schmid zählt im aktuellen deutschen Kino zweifellos zu einem der herausragendsten und talentiertesten Regisseure, der dem derzeit überwiegenden cinematographischen Brachland unseres Heimatlandes ein künstlerisch-kreatives Gesicht mit Niveau verleihen konnte.“

Mann beißt Film

Preise und Bestenlisten

  • 1999: Deutscher Filmpreis in Gold für August Diehl (bester Schauspieler) und Deutscher Filmpreis in Silber (bester Spielfilm)
  • 1999: Bayerischer Filmpreis für August Diehl (bester Nachwuchsschauspieler)

Zitate & Referenzen

Herr Schmid zitiert sich selbst, indem er in seinem Film von 2003 Lichter den Protagonisten Raum 23 eines Hotels betreten lässt.

Lesenswert, Sehenswert & Hörenswert

*Hinterhältiger Affili-Link: Wenn ihr das Buch kauft, bekommen wir eine winzige Provision und freuen uns.

3 Gedanken zu „SF23 – 23 – Nichts ist so, wie es scheint

  1. Pingback: SF23 – 23 – Nichts ist so, wie es scheint | Privatsprache

  2. jacker

    Na das war doch mal wieder eine gelungene Episode!

    Sehr schöne und umfangreiche Hintergrundinfos zum Film bzw. en Themen, das war sehr informativ! Die ILLUMINATUS Trilogie von Shea/Wilson hab ich auch seit geraumer Zeit zuhause rumfliegen und bin noch nicht zum lesen gekommen („nicht zum lesen kommen“ ist eh mein zweiter Beruf. Leider.). Bin gespannt auf die Storys im Roman, denn für Illuminaten und 23-Verschwörungen hatte ich immer ein offenes Ohr. Ich nehme das zwar nicht (bzw. wenig) ernst, obwohl ich in vielen Verschwörungstheorien im Kern viel wahres sehe, aber was man sich da alles zusammen spinnen kann, fasziniert mich sehr!

    Den Film hab ich damals nach Erscheinen mehrfach gesehen, seitdem aber nicht mehr.. So sehr wie ich mittlerweile August Diehl schätze, wird es wohl Zeit den mal wieder aufzufrischen!

    Weiter so!

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